10 Prozent des BIP: So fließt Chinas „heißes Geld“

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"Hot Money" destabilisiert die chinesische Wirtschaft.Foto: Mark Ralston/AFP/Getty Images
Von 25. September 2013

In Chinas Wirtschafts- und Bankensystem sind die Auswirkungen der Geldnot zu spüren. Trotz strikter staatlicher Kontrollen wurden Milliarden an „heißem Geld“ – Fluchtgeldern – nahezu ungehindert ins Land bewegt und aus dem Reich der Mitte heraus geschafft. 

Chinas Währungsreserven sind im Mai und Juni um 37,8 Milliarden US-Dollar gefallen, basierend auf Daten der People’s Bank of China (PBOC) — Chinas Zentralbank. In den ersten drei Juliwochen sind die Depots der vier größten staatlichen Banken um fast eine Billion Yuan (163 Milliarden Dollar) zurückgegangen, wie die Shanghai Securities News berichteten. 

Ich habe über Jahre hinweg die Bewegung von Fluchtgeldern verfolgt – Gelder, die in den Markt abfließen für kurzfristige Gewinne. Ein Großteil chinesischer Auslandsinvestitionen der vergangenen 15 Jahre basiert auf Fluchtgeldern. Weil auch weiterhin große Mengen an Fluchtgeldern in das Land kommen, konnte Chinas Wirtschaftswachstum erhalten werden. 

Chinas Währungsbehörde vertuscht das Vorhandensein von Fluchtgeldern vorsätzlich und informiert Medien und Firmenkreise falsch. Hier die Fakten und alle relevanten Daten zu den chinesischen Fluchtgeldern.

Umfang

Jahrzehntelang hat China große Mengen an ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in verschiedene Industrien gelockt, um Chinas Wirtschaft mit fortschrittlicher Technologie anzureichern und die Industrialisierung voranzutreiben. 

Es spielte keine Rolle, ob dieses Kapital in Form von „Green Field Investments” (wenn ausländische Firmen neue Unternehmen in China aufbauen) oder Joint Ventures ausländischer Investoren mit heimischen Firmen stammten. Sind die Produktionsanlagen einmal installiert und getestet, ist der Kapitalfluss vom Ausland über eine lange Zeit gesichert. Er fließt in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung mit ein und ist kaum wegzurechnen. 

Im Gegensatz zu diesen industriellen Investitionen gilt Fluchtgeld als spekulatives kurzfristiges Kapital. Es verspricht schnell Rückflüsse und hat keinen bestimmten Industriesektor im Blick. Der ständige Zufluss an Fluchtgeldern ins Land destabilisiert die Wirtschaft. 

Industriekapital kommt hauptsächlich von den Industrienationen – Westeuropa, USA, Japan, Südkorea und Taiwan. Von 1997 bis 2008 betrug hier das durchschnittliche Kapital dieser Länder 21 bis 25 Milliarden Dollar pro Jahr. In den vergangenen Jahren sind die Investitionen aber von 60 auf 20 Prozent der FDI zurückgegangen. Dieser starke Rückgang an Industrieinvestitionen bedeutet einen rapiden Anstieg an Fluchtgeldern. Mit Milliarden an Fluchtgeldern, die jährlich nach China fließen, dürfte sich die Gesamtsumme inzwischen auf Hunderte Milliarden von Dollars belaufen. Dieses Ergebnis schmeckt möglicherweise etwas unappetitlich, ist aber eine Tatsache. 

Geldfluss

Chinas Immobiliensektor und die Börse waren die ersten Branchen, die von Fluchtgeldern favorisiert wurden. Unter der strengen Devisenkontrolle der Zentralbehörden konnte der chinesische Bürger nur einen gewissen Betrag einer Fremdwährung aus China hinausbringen. Heimische Firmen können jedoch über den Außenhandel Gelder ins Ausland transferieren. Über Untergrundnetzwerke ist es sowohl Privatpersonen als auch Firmen möglich, die Kontrollen zu umgehen und Devisen aus dem Land zu schaffen. In Wirklichkeit fließen Milliarden an Fluchtgeldern nach China und aus China heraus. Die Untergrundverbindungen funktionieren seit Jahrzehnten und kanalisieren Spekulationsgelder durchs ganze Land. 

Daten

Es gibt keine beste Methode, die die Höhe der Fluchtgelder ermitteln könnte, aber die Änderung der Währungsreserven könnte ein guter Anhaltspunkt sein. Chinas Devisenreserven sind das Auslandsvermögen, das von der Zentralbank gehalten oder kontrolliert wird. Chinas Handelsüberschuss, der Zustrom an FDIs ins Land und der Zufluss an Fluchtgeldern haben hauptsächlich zu der starken Zunahme der Devisenreserven geführt. Denn generell steigen Währungsreserven nur langsam, wenn nicht riesige Mengen an spekulativem Kapital fließen. Aber Quartalsdaten dazu sind erst einen Monat nach Quartalsende zu erhalten. 

Ein alternativer Indikator wäre Chinas Devisenfonds (FOFE). Die Daten, die monatlich von der PBOC herausgegeben werden, beinhalten Kauf und Verkauf von Fremdwährungen durch die Zentralbank, Geschäftsbanken und andere Finanzinstitute. 

Ein Rückgang an Devisen bedeutet automatisch eine Verkleinerung des Devisenfonds und impliziert einen Netto-Abfluss an Spekulationskapital.

Medien und Finanzkreise tappen aber oft unwissend in eine Falle, wenn sie sich mit Daten des FOFE an die Fluchtgelder annähern wollen. Eine Falle, die die PBOC geschaffen hat. 

Die Daten des FOFE errechnen sich aus einem bereinigten Yuan-Wechselkurs, der das aktuelle Volumen des FOFE verschleiert und so die Schwankungen durch die Fluchtgelder abschwächt. Erfahren die Währungsreserven eine starke Abwertung, nimmt die PBOC den niedrigeren Wert des Yuan-Wechselkurses in ihre Kalkulation auf. Das führt zu einem leichteren Rückgang des FOFE. Die Rate wird dann in den folgenden Monaten wieder korrigiert. Geschieht eine Steigerung, zusammen mit einem erhöhten Zufluss an Fluchtgeldern, nimmt die Bank den höheren Wert, um die Steigung des FOFE abzuschwächen. So scheint es, als wäre der Einfluss der Fluchtgelder geringer, als er tatsächlich ist. Die monatlichen Schwankungen des FOFE erscheinen deshalb konfus und oft lassen sich sogar Experten hinters Licht führen. 

Geschwindigkeit

Meine Analyse des FOFE von Januar 2011 bis Juni 2013 zeigt große Abflüsse von Fluchtkapital während dieser Zeit. Das ist Geld, das aus China hinaus fließt und hereinkommt. Die PBOC sagte, der FOFE wäre im Juni um 6,7 Milliarden Dollar (41,3 Milliarden Yuan) gesunken. Bei einem fixen Yuan-Wechselkurs komme ich aber auf einen Wert von 51 Milliarden Dollar (314,2 Millionen Yuan) für Mai/Juni. 

Noch überraschender ist es, dass mehrere große Kapitalabflüsse auf die selbe Weise kalkuliert wurden. Zum Beispiel ist der FOFE im September 2011 um 87,9 Milliarden Dollar gefallen (483,4 Milliarden Yuan), im November und Dezember 2011 um 116,9 Milliarden (716,4 Milliarden Yuan) und im Mai 2012 um 115 Milliarden Dollar 709,5 Milliarden Yuan).

Der Anteil an Fluchtgeld entspricht in etwa zehn Prozent des monatlichen BIP und fließt in einem immensen Tempo nach China hinein und wieder hinaus. 

Dr. Cheng Xiaonong forscht an der Princeton University und war Berater des frühereen chinesischen Premierministers Zhao Ziyang.



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