Chinas Finanzsystem kurz vor dem Kollaps

Titelbild
Baustelle einer neuen Bahnverbindung für die Hallo-Speed-Züge in Hefei in der Provinz Anhui, aufgenommen am 4. November. "Verlangsamt" aus Geldmangel.Foto: STR/AFP/Getty Images
Von 7. Dezember 2011

Wie konnte es dazu kommen, dass China, dessen Wirtschaft in den vergangenen Jahren in Zeiten der Finanzkrise auf mysteriöse Weise großartige Zahlen präsentierte, am Rande eines finanziellen Zusammenbruches zu stehen scheint?

Aufgrund der Finanzkrise startete die chinesische Regierung ein gewaltiges Konjunkturprogramm. In China wurde an allen Ecken und Enden gebaut. Gleichzeitig wurde der enorme Kapitalbedarf durch verstärktes Drucken von neuen Geldscheinen gedeckt. Die daraus folgende Inflation bekämpfte die Regierung panikartig mit der Erhöhung der Zinsen und der Eigenkapitalquote der Banken. Die daraus resultierende Kreditverknappung trieb private Unternehmen in die Arme von Wucherern. Die Banken, denen Kapital zur Unterstützung der staatlichen Unternehmen fehlte, legten neue Finanzprodukte mit hohen Zinsen auf, um private Anleger zu motivieren. Diese sahen es nach kurzer Zeit jedoch als profitabler an, sich selbst als Wucherer zu betätigen und so waren die Banken in China in der Folge nicht mehr in der Lage, staatliche Unternehmen mit den dringend benötigten Krediten zu versorgen. Durch die fehlenden Kredite sind bereits viele Privatunternehmen in China bankrottgegangen und ein ähnliches Schicksal droht nun auch den staatlichen Unternehmen. Welche Folgen das für das chinesische Wirtschafts- und Finanzsystem, die Regierung und die Gesellschaft haben wird, ist noch nicht in vollem Umfang abzusehen.

Das Eisenbahnministerium ist bankrott

Am 31. Juli berichtete die chinesische Zeitung „Time Weekly“, dass das Eisenbahnministerium Schulden in Höhe von fast zwei Billionen Yuan habe und einen Verschuldungsgerad von 58,24 Prozent. Ab November erschienen in China mehrere Berichte über die vielen menschenleeren Baustellen der Eisenbahnprojekte und als Grund wurde genannt, dass dem Eisenbahnministerium das Geld ausgegangen sei. Ein Mitarbeiter des Eisenbahnministeriums äußerte auf  einer chinesischen Finanz-Webseite: „Fast alle Banken setzten ihre Kredite an das Eisenbahnministerium vorübergehend aus“ und dass mehr als 80 Prozent der sich in der Bauphase befindenden Projekte „verlangsamt“ werden (ein Euphemismus für den Abbruch der Projekte). www.21cbh.com ( 21. Jahrhundert Net)

Am 1. Oktober 2011 äußerte Wang Mengshu, Vize-Projektleiter des Tunnelbauamtes, gegenüber dieser chinesischen Finanz-Webseite, dass die Arbeit auf der Baustelle eines Tunnels, der zu einem wichtigen Eisenbahnprojekt gehört, eingestellt werde, obwohl solche entscheidenden Eisenbahnprojekte zum großen Teil durch Staatsanleihen finanziert werden. Es handelt sich um die Qingzang Eisenbahnlinie zwischen Xi´ning und Golmud. Wang Mengshu sagte: „Nachdem das Bauprojekt unterbrochen wurde, drangen große Mengen Wasser in den Tunnel ein. Es hätte nicht abgebrochen werden dürfen, aber es ist kein Geld mehr da.“ Wenn solch entscheidende Projekte unterbrochen werden, meinte er, könne man sich vorstellen, wie das Schicksal der „unwichtigen Projekte“ in China aussehe.

Projekte ohne Gewinn, aber gewaltiger Kapitalbedarf

Warum unterstützen die Banken die vielen Projekte des Eisenbahnministeriums nicht mehr? Um diese Frage zu beantworten, müssen zuerst die vielen Bauprojekte in China betrachtet werden, die von der chinesischen Regierung gefördert werden. Sie stellen einen gewaltigen Kapitalbedarf dar. Dies kann an Hand des Immobilienmarktes von Peking erklärt werden. Eine chinesische Analystenfirma, das Yahao Institut, gab am 4. September bekannt, dass es in Peking ungenutzte Gewerbefläche in Wert von 229,6 Milliarden Yuan gebe. Nicht nur in Peking, sondern überall in China wurde in den vergangenen Jahren exzessiv gebaut. Dadurch entstand beispielsweise die bekannte menschenleere Geisterstadt Ordos, für die einfach keine Nachfrage besteht. Eisenbahnprojekte gehören ebenfalls zu den staatlich geförderten Bauprojekten, die keinen Gewinn erzielen aber große Summen an Investitionen erfordern.

Die Banken können es sich nicht mehr leisten, die systeminternen Unternehmen weiter zu unterstützen

In China werden „systeminterne Unternehmen“ und „systemexterne Unternehmen“ unterschieden. Vereinfacht betrachtet sind „systeminterne Unternehmen“ die staatlichen Unternehmen und „systemexterne Unternehmen“ die privaten Unternehmen. Die systeminternen Unternehmen genießen unter anderem finanzielle Vorteile und können viel Geld von den Banken bekommen.

In den vergangenen Jahren druckte China Unmengen neuer Geldscheine, um den immensen Bedarf zu decken und die verschiedenen Projekte zu finanzieren. Diese Maßnahme trieb die Inflation logischerweise in schwindelerregende Höhen von schätzungsweise 16 Prozent. Um dagegen anzukämpfen erhöhte China seit Anfang letzten Jahres fünfmal den Zinssatz und zwölfmal die Eigenkapitaldeckung der Banken und drosselte das Drucken neuer Geldscheine. Diese Maßnahmen führten dazu, dass die privaten Unternehmen sehr schwer an Kredite kommen können.

Da die Exportverträge wegen weltweit schlechter Konjunktur stark geschrumpft sind, geraten viele kleine und mittelständische Unternehmen in Schwierigkeiten. Dies ist der Grund für das Phänomen der „fliehenden Geschäftsführer“ in China, das in letzter Zeit oft für Schlagzeilen sorgte. Aber die „systeminternen Unternehmen“ wurden weiterhin von den Banken unterstützt. Ab Anfang 2011 wurde in China immer häufiger über die ungleiche Behandlung von „systeminternen“ und „systemexternen“ Unternehmen durch die Banken berichtet.

Die Banken boten ab Ende 2010 verschiedene Finanzprodukte mit besonders günstigen Zinsen an, um private Anleger zu motivieren und so ihren Kapitalbedarf zu decken. Das führte dazu, dass die vier größten chinesischen Banken im ersten Halbjahr 2011 etwa neun  Billionen Yuan an zusätzlichen Investitionen von privaten Anlegern zu verzeichnen hatten. Wie zuvor erwähnt, schränkten die Banken die Kreditvergabe an Privatunternehmen stark ein. Diese waren deswegen gezwungen, Wucherkredite zu nehmen. Dadurch wurde es für die privaten Anleger auf einmal attraktiver, selbst Wucherkredite zu vergeben anstatt die Finanzprodukte der Banken zu erwerben und so zogen sie ihr Kapital wieder von den Banken ab. Aufgrund sinkender Exportzahlen und dem Rückzug ausländischer Unternehmen aus dem chinesischen Markt und der damit verbundenen Schließung von Standorten, sanken die Devisenreserven der vier größten chinesischen Banken ab dem dritten Quartal 2011 deutlich. In dieser Situation können die Banken auch die systeminternen Unternehmen nicht länger unterstützen.

Ein großes gesellschaftliches Problem steht bevor

In Gegensatz zum Zusammenbruch der kleinen und mittelständischen Unternehmen in China, deren direkte Wirkung hauptsächlich in ein paar wirtschaftlich gut entwickelten Provinzen zu spüren ist, erweitert sich die Finanzkrise der „systeminternen Unternehmen“ schnell zu einem gesellschaftlichen Problem. Das zeigt dds Beispiel der Eisenbahnprojekte recht deutlich.

„Was für eine Auswirkung haben die vielen stillgelegten Eisenbahnbauprojekte auf die Gesellschaft?“, fragte ein Journalist einer renommierten Wirtschaftszeitung, der „China Economic Times“, in China. Darauf antwortete Wang Mengshu, der Vize-Projektleiter des Eisenbahnministeriums, dass vom Etat des Ministeriums sechs Millionen Arbeitsplätze im Eisenbahnbau und insgesamt etwa 20 Millionen Bahnmitarbeiter bezahlt werden müssen. Die Anzahl der Betroffenen stellt ein großes gesellschaftliches Problem dar. Tatsächlich erschienen ab November viele Meldungen über Baustellenarbeiter, die wegen nicht bezahlter Löhne protestierten. Wang Mengshu sagte: „Manche Arbeiter haben drei Monate oder sogar ein halbes Jahr lang keine Löhne mehr bekommen. Allein bei der China Railway Group Ltd. gab es über 2000 Fälle von Protest“.

Das finanzielle Desaster beschränkt sich aber nicht nur auf die Mitarbeiter der chinesischen Eisenbahn. Die Zulieferer, Zwischenhändler, Kunden und so weiter sind ebenfalls von der Pleite des Eisenbahnministeriums betroffen. So trat zum Beispiel bei Firmen wie der „China South Locomotive & Rolling Stock Corporation Ltd.” und der “China CNR Corporation Limited”, deren Hauptkunde das Eisenbahnministerium war, ein deutlicher Rückgang der Aufträge auf.

Das chinesische Finanzsystem steht kurz vor dem Kollaps

Nicht nur Eisenbahnprojekte, auch die Kraftwerke machten Verluste. Im März gab Qu Ruoyu, ehemaliger Geschäftsführer des Kraftwerks China Datang Corporation, zu, dass die fünf größten chinesischen Kraftwerke in den vergangenen drei Jahren mehr als 60 Milliarden Yuan Verluste gemacht haben.

Die vielen ruinierten kleinen und mittelständischen Unternehmen in China zeigen die Finanzkrise der „systemexternen Unternehmen“. Die vielen abgebrochenen Projekte des Eisenbahnministeriums geben Hinweise darauf, dass die Finanzkrise bereits die „systeminternen Unternehmen“ erreicht hat. Die Banken haben keine Kraft mehr, die systeminternen Unternehmen weiterhin zu unterstützen. Professor Lang Xianping, Wirtschaftsprofessor der Chinesischen Business School in Hongkong, hielt am 22. Oktober in Shenyang, China, einen bemerkenswerten Vortrag über Chinas Wirtschaft und prophezeite, dass es bald eine Bankenkrise in China geben werde.

In einem chinesischen Wirtschaftsforum schrieb ein Teilnehmer: „… die Aktienkurse fallen in den Keller, der Immobilienpreis bricht zusammen, die Finanzprodukte werden demnächst ebenfalls zusammenbrechen, die Wucherkredite nähern sich dem Ende, das Finanzsystem und damit die gesamte chinesische Wirtschaft kann innerhalb einer Woche zusammenbrechen.“



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