Die New Yorker kennenzulernen ist nicht leicht

Titelbild
Das New Yorker Empire State Building (links), wurde einst von den 110 Stockwerke hohen Zwillingstürmen des World Trade Centers überschattet. Heute ist es ein Blickfang in der Skyline. Alle New Yorker haben eine Geschichte vom 11. 09. zu erzählen.Foto: Doug Kanter / AFP / Getty Images
Von 16. Januar 2011

Der Big Apple zieht Millionen von Besuchern aus der ganzen Welt an.

Für alle, die nicht in der Stadt leben, ist Manhattan New York City. Dieser energiegeladene städtische Magnet, der nie heruntergefahren wird, ist tatsächlich der flächenmäßig kleinste der fünf Stadtbezirke. Dort lebt auch nur ein Bruchteil (ca. 1.631.900 Menschen) der gesamten Bevölkerung dieses Bundesstaates von etwa 19.541.500 Einwohnern.

Jedes Jahr geben Touristen Millionen Dollar in Manhattans Restaurants, Theatern und Nachtclubs aus. Doch sie wissen nicht, was sie von den Menschen, die dort leben und arbeiten, halten sollen.

Vor allem im Süden und Südwesten sowie anderen Teilen der Vereinigten Staaten sind die Einheimischen besonders freundlich zu Fremden. Im Vergleich dazu sind die New Yorker gleichgültig gegenüber den gaffenden und glotzenden Bilder schießenden Besuchern aus allen Ländern der Erde. Weder lächeln sie Fremde an noch grüßen sie Passanten mit einem herzlichen „how ya doin‘?“ Sie schätzen sich sogar gegenseitig nur wenig.

Der schlechte Ruf der New Yorker

Und die Besucher sammeln keine Punkte, wenn sie versuchen, freundlich zu den New Yorkern zu sein. Sie gehen ihnen vielmehr auf die Nerven, weil beschäftigte New Yorker keinen Sinn darin erkennen, irgendjemanden anzulächeln, den sie nicht kennen. Es ist eine sinnlose, vergeudete Geste, wenn es um wichtigere Dinge geht.

Es wurde schon viel über die New Yorker geschrieben – das meiste davon war wenig schmeichelhaft. Der amerikanische Journalist und Autor Mignon McLaughlin schrieb: „Ein Auto ist in New York nutzlos, auch wenn es überall sonst notwendig ist; das Gleiche gilt für gute Manieren.“

Der Bürgerrechtsanwalt William Kunstler sagte: „Das ist New York und es gibt kein Gesetz gegen schlechte Laune.“

Es ist einfach, sich über die New Yorker lustig zu machen. Aber sie verdienen es auch, verstanden zu werden. Und wer kann das besser als jemand, der dort geboren und aufgewachsen ist und der sich in New York noch zu Hause fühlt.

Dieser Reporter wuchs in einer bürgerlichen Wohngegend von Brooklyn auf, arbeitete 30 Jahre in Manhattan und verbringt jetzt seine meiste Zeit in einem kleinen ländlichen Dorf New Yorks im Hudson Valley, das 130 Meilen von Manhattans hektischem Treiben entfernt liegt.

Die Einheimischen kennenlernen

New Yorker sind nicht leicht zu verstehen. Da sie nicht der Meinung sind sich verteidigen zu müssen, werden sie wohl immer eine Zielscheibe von Hohn und Spott bleiben.

Ironie ist, dass es nicht die unzähligen Unterhaltungsmöglichkeiten dieser Stadt sind, die sie einzigartig machen, sondern ihre Menschen. Sie haben ihr die pulsierende Energie und den Rhythmus gebracht, den man sonst nirgendwo findet.

Man kann die New Yorker, von denen die meisten in Brooklyn, in Queens und in der Bronx leben, nur dann verstehen, wenn man Zeit mit ihnen verbringt. Sprechen Sie mit ihnen, aber versuchen Sie nicht, ein Teil ihrer Welt zu werden, außer wenn Sie bereit sind, einige Monate oder, noch besser, Jahre dort zu verbringen.

Eine Stadt mit unterschiedlichen Wohngegenden

New York wurde als ein Schmelztiegel von Menschen aus der ganzen Welt bezeichnet. Dies zeige sich darin, dass sie alle in den fünf Stadtbezirken zusammen leben.

Aber das ist nicht der Fall. Ja, New York ist die Heimat praktisch jeder Rasse und Religion auf dem Planeten. Aber sie leben nicht in großen, weitläufigen Gemeinden zusammen, sondern nebeneinander in ethnisch getrennten Vierteln. Dort haben sie Mikrokosmen der Gesellschaften und Kulturen geschaffen, aus denen sie stammen. Sie haben sehr viele eigene Lebensmittel- und Fachgeschäfte, Restaurants, Nachtclubs und Gotteshäuser.

Während die New Yorker eng zusammenarbeiten, kehren sie ab fünf oder sechs Uhr nachmittags in ihre jeweiligen Stadtteile zurück.

Wie wir auch immer bezeichnet werden, wen interessiert das?

Was soll man von dieser seltsamen Mischung von Städtern halten, deren Wurzeln in jeden Winkel der Erde zurückverfolgt werden können? Sind sie distanziert, misstrauisch oder paranoid? Oder tragen sie alle zusammen aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen einen Chip auf ihrer Schulter?

Schwer zu sagen. Zweifellos können viele New Yorker schroff, kurz angebunden und sogar unhöflich sein. Aber es gibt gute Gründe dafür. New York City ist ein Ort, an dem man harte Arbeit leisten muss und kein leichtes Leben hat. Das Tempo ist sehr hektisch und die Lebenshaltungskosten sind immens hoch. Es ist auch nicht leicht, hier Kinder großzuziehen. Also seien Sie mit den New Yorkern nicht so streng.

Wie können die Menschen ihre Meinung über die New Yorker ändern? Den meisten Einheimischen ist es völlig egal, was die Welt von ihnen denkt. Sie wissen, wer sie sind, und sind nicht der Meinung, dass sie sich erklären müssten. In der Tat sind die meisten stolz darauf, New Yorker zu sein. Die meisten stammen aus zugewanderten Kulturen und sind Nachfahren derjenigen, die der Armut zu entkommen versuchten, unter tyrannischen Regierungen litten oder verfolgt wurden.

Statt das Gelobte Land und mit Gold belegte Straßen zu finden, entdeckten sie eine harte Stadt, die sie nicht gerade mit offenen Armen empfing. Diese „zusammengedrängte Menschenmasse sehnte sich danach, frei atmen zu können“. Sie entdeckte schnell, dass harte Arbeit, eine gute Ausbildung und ein starkes Gemeinschaftsgefühl die wesentlichen Faktoren waren, um sich selbst und der eigenen Familie ein gutes Leben zu bieten.

Taten sagen mehr als Worte

Das Sprichwort „Taten sagen mehr als Worte“ ist ein Hinweis darauf, was es mit den New Yorkern auf sich hat. Leider zeigt sich erst in einer Krise eine Seite der New Yorker, die Besucher und Touristen selten erleben. Die verheerendste war die Zerstörung der Zwillingstürme des World Trade Centers in Manhattan am 11. September 2001. Es ist ein Tag, den die Amerikaner, vor allem aber die New Yorker, nie vergessen werden.

Wie Millionen von Menschen auf der ganzen Welt starrte auch dieser Reporter sprachlos auf einen Fernseher und sah sich die entsetzliche, hereinplatzende Nachrichtensendung an, die niemand jemals vergessen wird. In Echtzeit und in lebendigen Farben entfaltete sich ein unwirkliches, schreckliches Drama.

Das erste Flugzeug stürzte um 8:46 Uhr in die Nordwand des Gebäudekerns von Turm 1. Siebenundfünfzig Minuten später krachte ein zweites von Terroristen gesteuertes Flugzeug zwischen den Stockwerken 77 und 85 in die Stahlfassade von Turm 2.

Um 09:08 Uhr schloss die US Federal Aviation Administration (US-Behörde für die zivile Luftfahrt) den New Yorker Luftraum. Zur gleichen Zeit wurde die Stadt offiziell abgeriegelt und alle öffentlichen Verkehrsmittel wurden gestoppt.

Inzwischen wurden die Millionen von New Yorkern, die zur nächsten U-Bahn- oder Bus-Station eilten, um schnell zur Unglücksstelle zu kommen und zu helfen, abgewiesen.

Tausende versuchten auf dem Gelände des World Trade Centers verzweifelt, Überlebende aus den eingestürzten Wolkenkratzern zu retten. Es kamen immer mehr geschulte Ersthelfer –
Feuerwehr, Polizei, Stadt-Krisenmanager und Truppen der Nationalgarde. Auch Hunderte von gewöhnlichen Bürgern halfen mit und riskierten ihr Leben.

Es gibt keinen Mangel an Filmmaterial, Amateur- und Profiaufnahmen von den Menschenmengen, die um ihr Leben rannten, als beide Türme implodierten und in einer Lawine aus Eisen, Stahl und Beton zusammenstürzten. Noch deutlicher ist das Material, auf dem zu sehen ist, wie Tausende in die Richtung des Katastrophenorts laufen, um zu helfen. Diese waren keine geschulten Krisenprofis, sondern nur gewöhnliche New Yorker. Unter ihnen waren Bauarbeiter, Banker, Ärzte und Lehrer – Menschen aus allen Lebensbereichen.

Heute leiden Hunderte von Ersthelfern vom 11. September, die unermüdlich wochenlang arbeiteten, an unheilbaren gesundheitlichen Problemen, weil sie die schlechte Luft einatmeten und gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen kämpfen mussten.

Alle New Yorker haben eine Geschichte vom 11. September zu erzählen

Es gibt keinen New Yorker, der nicht eine Geschichte von Heldentum über den schlimmsten Tag in New York erzählen könnte. Männer und Frauen sammelten verängstigte Kinder und trugen oder zogen ältere Menschen, Kranke oder verletzte Überlebende von den einstürzenden Türmen weg. Und Feuerwehrleute und Polizisten trugen Schwerverletzte und verängstigte Menschen 50 oder 60 Stockwerke die Treppen herunter, während die Gebäude um sie herum zusammenbrachen.

Viele wurden gerettet, aber mehr als 3.000 starben.

Am 11. September wurden Helden geboren. Sie waren die schroffen, harten, ungezogenen New Yorker, die die Neigung hatten, die englische Sprache mit Wörtern wie „dese,“ „dems,“ „dose,“ und „fuggedaboudits“ zu verunstalten.

Es ist sehr leicht, New Yorker schlecht zu machen. Es ist viel schwieriger, hinter ihre Fassade zu schauen und herauszufinden, wie sie wirklich sind

Welch eine Überraschung.

 

Bob Weinstein ist Chefredakteur der Troy Media Corporation. Copyright: Troy Media Corporation.

Artikel auf Englisch: Getting to Know New Yorkers Not Easy

 

 



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