Fragen und Antworten zum Bahnstreik

Berlin/Frankfurt (dpa) - Sie wolle „eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der Lokführer“, wirft der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, der Deutschen Bahn vor. Damit hebt er auf die Berufsgruppe der Lokrangierführer ab, die…
Epoch Times4. Mai 2015
Sie wolle „eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der Lokführer“, wirft der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, der Deutschen Bahn vor.

Damit hebt er auf die Berufsgruppe der Lokrangierführer ab, die die GDL für benachteiligt hält. „Es bleibt ein überflüssiges Muskelspiel der GDL um Organisationsmacht“, hält Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber entgegen. Zu Beginn des achten Streiks in diesem Tarifkonflikt beharren beide Seiten auf ihren bisherigen Positionen.

Ist der Streik noch zu stoppen?

Nein, er läuft bereits im Güterverkehr. In der Nacht zum Dienstag wollten die bei der GDL organisierten Lokführer dann auch im Personenverkehr die Arbeit ruhen lassen. Denkbar wäre allerdings eine Verkürzung des Streiks. Dazu war die GDL schon einmal bereit, nachdem sie Anfang November vor dem Landesarbeitsgericht Hessen gewonnen hatte, das den damaligen Ausstand als rechtmäßig anerkannte. Voraussetzung diesmal: Die Bahn legt einen neuen Vorschlag vor, den die GDL als Verhandlungsgrundlage akzeptiert.

Warum gibt es nicht längst ein Schlichtungsverfahren?

Am Montag plädierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine Schlichtung – wie zuvor schon Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Das Problem: Es gibt keine Schlichtungsvereinbarung, und die GDL lehnt ein solches Verfahren zumindest derzeit ab.

Das Argument Weselskys: Dass die GDL für alle Berufsgruppen, unter denen sie Mitglieder hat, eigene Tarifverträge abschließen dürfe, könne nicht Gegenstand einer Schlichtung sein. Später, wenn es nicht mehr um grundsätzliche Strukturfragen, sondern um Einkommen und Arbeitszeit gehe, sei ein Schlichtungsverfahren möglich.

Wie weit liegen Tarifforderung und -angebot auseinander?

Noch ein ganzes Stück. Die GDL fordert für die Lokführer und andere Berufsgruppen des Zugpersonals 5,0 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Außerdem verlangt sie eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche. Die Bahn hatte zuletzt angeboten, die Löhne in zwei Stufen um insgesamt 4,7 Prozent zu erhöhen – 3,2 Prozent zum 1. Juli 2015 und 1,5 Prozent zum 1. Mai 2016 bei einer Vertragslaufzeit bis 31. Dezember 2016. Dazu komme eine Einmalzahlung von insgesamt 1000 Euro bis zum 30. Juni.

Weselsky erklärte am Montag, der GDL gehe es weniger um Prozente als vielmehr darum, die Arbeitsbelastung des Zugpersonals zu verringern. Dieses Anliegen ignoriere der Arbeitgeber Bahn – „dieses Verfahren lassen unsere Mitglieder nicht länger über sich ergehen“. Zuletzt hatten sich Bahn und GDL vor allem über die tarifliche Einstufung der Lokrangierführer zerstritten.

Warum zieht die Bahn nicht vor Gericht?

Die juristischen Erfolgsaussichten sind wegen des im Grundgesetz geschützten Koalitionsrechts denkbar gering, solange die GDL nur Forderungen stellt, die auch tatsächlich mit Tarifverträgen zu regeln sind. Im laufenden Konflikt hat die Bahn auf Druck aus der Politik schon einmal die Arbeitsgerichte angerufen und ist damit am 7. November 2014 krachend gescheitert. Das Arbeitsgericht Frankfurt und das Landesarbeitsgericht Hessen befanden die Streiks für rechtmäßig und hielten die Forderungen der GDL nicht für überzogen.

Keine Auswirkungen hatten die von Bahn und Industrie beklagten volkswirtschaftlichen Schäden. Auch mögliche Störungen der Einheitsfeiern in Berlin reichten den Gerichten nicht, um in die Grundrechte der GDL-Mitglieder einzugreifen.

Warum sind Lokführer nicht mehr verbeamtet?

Mit der 1994 eingeleiteten Bahnreform verabschiedete sich die Bundesrepublik von der staatlichen Organisation des Schienenverkehrs. An die Stelle von Bundesbahn und Reichsbahn trat die privatwirtschaftlich organisierte Deutsche Bahn AG, die aber bis heute komplett im Staatsbesitz ist. Die beamteten Lokführer sind seitdem beim Bundeseisenbahnvermögen beschäftigt und werden der DB AG zum Dienst überlassen, die selbst keine neuen Beamten berufen kann. Noch gibt es rund 5000 verbeamtete Lokführer – von insgesamt knapp 20 000. Anders als ihre angestellten Kollegen dürfen die Beamten nicht streiken und fahren während der GDL-Aktionen zahlreiche Züge als Grundversorgung.

(dpa)


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