Hamburg erlaubt Falun Gong-Protest direkt vor chinesischer Delegation

Titelbild
Stadt Hamburg bewies Rückgrat: So nah mussten chinesische Diplomaten noch nie an deutschen Demonstranten vorbei.Foto: Alex Hamrle
Epoch Times3. Juni 2015

„Hier ist Deutschland, hier gilt Meinungsfreiheit.“ Mit dieser Begründung lehnte gestern die Hamburger Polizei das Ansuchen chinesischer Sicherheitskräfte ab, Demonstranten aus dem Blickfeld ihrer Diplomaten zu verweisen. Die Wirtschaftsdelegation um den Shanghaier Parteisekretär Han Zheng besuchte die Hansestadt zum 29. Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai.

Dass die Stadt Hamburg eine Kundgebung von Falun Gong-Anhängern direkt vor der Handelskammer zuließ war eine kleine Sensation. Auf dem Weg zu ihren Limousinen mussten die Diplomaten direkt an einem Plakat vorbei, das forderte „Stellt Jiang Zemin […] vor Gericht“. Keinerlei Polizisten schirmten die Delegation von den Demonstranten ab. Jiang Zemin ist Chinas  Ex-Staatschef, der 1999 die Verfolgung von Falun Gong startete, die bis heute von seinen Gefolgsleuten betrieben wird.

Verurteilung von 70-jähriger Shanghaierin nur Tage zuvor

Die Feier der Städtepartnerschaft von Hamburg und Shanghai war im Vorfeld durch die Verurteilung einer 70-jährigen Chinesin überschattet worden: Am 25. Mai 2015 verurteilte ein Gericht in Shanghai die Falun Gong-Praktizierende Ye Julan zu drei Jahren Gefängnis, weil sie im Dezember ein regimekritisches Flugblatt in einen Briefkasten warf und der Wohnungsinhaber sie der Polizei meldete. Ihre in Hamburg lebende Tochter hatte sich gleich nach Ye´s Verhaftung an den Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis 90/ Die Grünen) gewendet, die sich seitdem für die Freilassung von Ye eingesetzt haben, aber ihre Verurteilung nicht verhindern konnten. (Mehr dazu sieh HIER.)

Im Vorfeld des Besuchs hatten Hamburger Falun Gong-Anhänger auch die Medien über den Vorfall informiert. Das Hamburger Abendblatt und der NDR wurden daraufhin neugierig, wie es sein konnte, dass unter dem Shanghaier Parteisekretär Han Zheng ein Unrechtsurteil ausgesprochen wird, von dem die Hamburger Politik informiert ist, diese Han aber trotzdem als Ehrengast empfängt.

https://youtube.com/watch?v=3L0WmVVPFd4

Der NDR berichtete über das Schicksal der Hamburger Familie, deren Großmutter in Shanghai als Dissidentin verurteilt wurde.Der NDR berichtete über das Schicksal der Hamburger Familie, deren Großmutter in Shanghai als Dissidentin verurteilt wurde.Foto: Screenshot NDR

„Das dürfte Druck auf den Hamburger Senat ausgeübt haben“, sagt Nina Hamrle, die den Hamburger Protest angemeldet hatte. „Der Hamburger Senat hat hoffentlich erkannt, dass er auf das richtige Pferd setzen sollte. Ich glaube, sie wollten heute ein Zeichen dafür setzen und uns bewusst unterstützen“, so die Falun Gong-Vertreterin. Da sich in China aktuell der politische Wind dreht und schon einige hochrangige Leute verhaftetet wurden, die für die Verfolgung der einst hochpopulären Bewegung verantwortlich sind, könnte jetzt auch Han Zheng auf der Abschussliste von Staatschef Xi Jingping stehen, sagt sie.

Han war ein langjähriger Weggefährte Jiang Zemins und hatte als Bürgermeister von Shanghai massiv die Verfolgung von Falun Gong betrieben. Tausende Verhaftungen und mindestens 41 Todesfälle in Folge von Folter fanden unter seiner Regierung statt. Aktuell ist Xi Jinping dabei, unter dem Vorwand von Korruptionsermittlungen das Netzwerk von Jiang Zemin zu zerschlagen und so auch wichtigste Falun Gong-Verfolger unschädlich zu machen. Han Zheng könnte auch bald dazu gehören. Im Jahr 2014 hatte Han demonstrativ seine Loyalität für Chinas neuen Führer geäußert. Beobachter vermuten, dass er damit die eigene Entmachtung verhindern möchte. HIER mehr dazu, wie rigoros die Korruptionsjäger bereits in Shanghai aufräumten.

Auch in Frankfurt am Main und heute in Berlin wurde Han Zhengs Delegation von Demonstranten begrüßt.

(ah / rf)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion