Im Yangtse-Delta fehlen Arbeitskräfte

Ein Grund für Arbeiter, das Yangtse Delta zu verlassen, ist die steigende Inflation. Offiziellen Zahlen zufolge lag die Inflationsrate im November 2010 bei 5,1 Prozent. Experten schätzen sie auf etwa 30 Prozent.
Titelbild
Foto: AFP/Getty Images

Die bislang boomenden Regionen in Chinas Yangtse-Delta und in anderen Bereichen der Ostküste leiden nach aktuellen Berichten aus China und Taiwan ernsthaft an einem Mangel an Arbeitskräften. Wanderarbeiter, die das Rückgrat der produzierenden Industrie in den Küstenregionen bilden, beginnen schon mit ihrer Rückreise in die ländlichen Gebiete zum chinesischen Neujahr, das in diesem Jahr am 3. Februar nach dem chinesischen Mondkalender gefeiert wird. Unternehmen erhalten Aufträge und können keine Arbeiter finden um sie auszuführen.

Der Stadtteil Zhu Qiao in Shanghai City war einst eine geschäftige Drehscheibe kleiner Textilfabriken. Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 mussten mehr als 80 Prozent ihre Betriebe schließen. Die Wenigen, die durchhielten, sehen sich nun in einer neuerlichen Zwickmühle: volle Auftragsbücher und zu wenig Arbeitskräfte.

Cao Wei, Firmenchef eines der betroffenen Unternehmen, stellte gegenüber der Hongkonger Zeitung „Wen Wei Po“ fest: „Früher gab es hier viele Arbeiter, aber keine Aufträge. Nach der Wiederbelebung der Wirtschaft muss ich mir keine Sorgen über Aufträge mehr machen, aber es gibt keine Arbeiter mehr.“

Cao hat in den letzten zwei Jahren Geld verloren. Er dachte, dass sich die Situation nach der Wirtschaftskrise verbessern würde – jedoch hatte er nicht mit einem Arbeitskräftemangel gerechnet.

„Das Problem existiert seit einiger Zeit. Wir hatten bereits seit Juli Schwierigkeiten, Arbeiter zu finden. Unsere Firma traut sich deshalb nicht Aufträge anzunehmen. Wir befürchten, dass es uns nicht möglich sein wird, die produzierten Waren rechtzeitig auszuliefern, und dass wir den Kunden Entschädigungen zahlen müssen“, sagt Cao.

Abwanderung zum Neujahr

Das Jahresende ist die geschäftigste Zeit für private Unternehmen in China. Viele Geschäfte zählen auf den Einkaufsboom zum Neujahr, der einen gewichtigen Anteil des Jahresumsatzes der meisten Firmen ausmacht. Gleichzeitig ist es die schwierigste Zeit, um Arbeitskräfte anzuwerben. Obwohl viele Unternehmen fortwährend die Löhne anheben und die Anforderungen an die Fertigkeiten der Arbeiter senken, können sie immer noch nicht genügend Arbeitskräfte finden.

Im Jahr 2010 sind die meisten Wanderarbeiter bereits im Dezember zurück in ihre Provinzen zu ihren Familien gefahren, obwohl es noch über einen Monat Zeit bis zum chinesischen Neujahr ist. Die Heimkehrer entschieden sich frühzeitig zu fahren, um das Verkehrschaos zu vermeiden, das zwangsläufig die Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahr begleitet.

Die Neujahrsreisen in China zählen zu den größten jährlichen Völkerwanderungen weltweit; Wanderarbeiter, die ihre Familien während des ganzen Jahres nicht gesehen haben, machen hierbei den größten Anteil der heimkehrenden Reisenden aus.

Im letzten Jahr verursachte das schlechte Wetter Chaos und lange Verspätungen für Millionen von Reisenden, die für Tage in Flughäfen und vor Bahnhöfen in der Kälte ausharren mussten.

Inflationäre Lebenshaltungskosten

Ein weiterer Grund für die Arbeiter, das Yangtse Delta zu verlassen, ist die steigende Inflation. Offiziellen Zahlen zufolge lag die Inflationsrate im November 2010 bei 5,1 Prozent. Die höchste Steigerung seit über zwei Jahren. Chinesische Experten glauben jedoch, dass die tatsächliche Inflation bei weitem höher ist, als die offiziellen Zahlen glauben machen. Mit einer erhöhten Währungsausgabe, simplem Gelddrucken also, gehe eine damit zusammenhängende verborgene Inflation von über 30 Prozent einher.

Ein Wanderarbeiter mit dem Namen Xiao Jiang berichtete der zentralen taiwanischen Nachrichtenagentur (CNA), dass die Preise ständig steigen und sich dadurch die Lebenshaltungskosten fortwährend erhöhen, obwohl seine Firma für Kost und Logis aufkomme. Und weil er sehr wenig Geld in einem Jahr zurücklegen kann, zieht er es vor, früher nach Hause zu fahren.

Zusätzlich gründen mehr und mehr Firmen Niederlassungen in den ländlichen Gebieten Chinas, die einen Abzug von Arbeitskräften aus den Küstenregionen zur Folge haben. Obwohl die Löhne in Shanghai höher sind, sind die Lebenshaltungskosten dementsprechend hoch, womit viele kleinere Unternehmen ihre Konkurrenzfähigkeit verloren haben und abgewandert sind.

Ein besseres Leben

Geschäftsinhaber geben einen weiteren Grund für den Arbeitskräftemangel an: die jüngere, „zweite Generation“ der Wanderarbeiter – die in den 1980er und 90er Jahren geboren ist – habe eine andere Einstellung als die Generation ihrer Eltern.

Ihre Auffassung von den Anforderungen einer beruflichen Tätigkeit hat sich grundlegend geändert. Sie haben eine bessere Erziehung genossen und sind zunehmend abgeneigt, ihr berufliches Leben mit niederen, arbeitsintensiven und schlecht bezahlten Jobs zu beginnen. Schätzungsweise 60 Prozent der 150 Millionen Wanderarbeiter gehören in diese zweite Gruppe.

 

 

Foto: AFP/Getty Images


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion