Irans vielgestaltige Strategien zur Erreichung seiner globalen Ambitionen

Titelbild
Bushehr Reaktor in Südiran.
Von 12. Oktober 2010

Das Hochfahren des Bushehr-Reaktors im Iran löste unter den Amerikanern und Israelis Angst aus. Doch eine in diesem Sommer von der University of Maryland und der Carnegie Corporation durchgeführte Umfrage ergab, dass 77 Prozent der Araber in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Ägypten und Marokko glauben, Iran habe ein Recht auf sein Atomprogramm; 57 Prozent sehen die Entwicklung iranischer Atomwaffen positiv.

Eine weitere Umfrage des Pew Research Center fiel zwar nicht so günstig für den Iran aus, fand aber auch wachsende Unterstützung. Dass die Situation im Nahen Ostens unterschiedlich wahrgenommen wird, liegt daran, dass diese Islamische Republik versucht, ihren globalen Einfluss zu erweitern.

Wie der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad selbst sagte, versucht er, dem Iran wieder zu „seinem stolzen und großen Erbe“ und zu einem Platz in den Reihen der Prominenz der Weltbühne zu verhelfen. Sein Außenminister Manouchehr Mottaki behauptet, westlichen Nationen „fehle es an politischer Reife.“

Sie beziehen sich dabei auf die 2500-jährige Geschichte des Iran, in der das achämenidische Perserreich vom Fluss Indus bis zur Ägäis regierte. Das Königreich der Sasaniden beherrschte den Nahen Osten mit Byzanz und das Königreich der Safawiden trennte den Nahen Osten von den Osmanen.

In der Tat prahlt der Stabschef Esfandiar Rahim Mashaei: „Der Westen fürchtet sich am meisten davor, dass Iran zur Weltmacht werden könnte.“

Worte sind zwar billig, dennoch macht der Iran auf sich aufmerksam.

Ahmadinedschad und der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei planen zahlreiche jährliche Treffen mit afrikanischen Staatschefs, um sie zu gewinnen, Irans wachsende Rolle auf diesem Kontinent unterstützen.

Die iranischen Behörden verlängern die Entwicklungshilfe für arme Länder, um von ihnen unterstützt zu werden. Dadurch verringern sich die Devisenreserven des iranischen Regimes, das im Inland nach Jahren internationaler Sanktionen schon unter erheblichem wirtschaftlichem Druck steht.

Doch die eigenen Bürger sind nicht davon überzeugt, dass die Erweiterung des globalen Einflusses funktioniert. Auch die unterhalb der Sahara liegenden Länder wie der Senegal betrachten Iran zunehmend als „zuverlässigen Partner“.

Eine Großmacht?

Der Iran hat seine Verbindungen zu schiitischen Milizen und Politikern im Irak verstärkt, sodass der erfolgreiche Aufbau der Nation dort auf Teherans Zusammenarbeit angewiesen ist. Durch materielle Unterstützung der Hisbollah im Libanon und der Hamas in Gaza gewinnt der Iran in der arabischen Öffentlichkeit an Einfluss.

Diese Maßnahmen trugen dazu bei, dass sich Amerikaner und Israelis für einen Militärschlag gegen den Iran aussprachen – eine Konfrontation, die die Teheraner Führung unmöglich gewinnen kann. Doch Major General Yahya Rahim Safavi vom Korps der islamischen Revolutionsgarden (Islamic Revolutionary Guard Corps – IRGC) stellt fest, dass Teherans Spiel den „Iran zu einer Großmacht im Nahen Osten“ werden lässt.

Es überrascht daher nicht, dass die Staatschefs der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabiens, Jordaniens und Ägyptens im Gegensatz zu ihren Bürgern gegenüber einem mächtigen Iran, der diese Region dominiert, misstrauisch bleiben.

In Asien legte der Iran den Fokus auf Tadschikistan und Afghanistan, sodass der russische und amerikanische Einfluss dort herausgefordert wurde. Er führte Verhandlungen über die Einrichtung einer Erdgas-Pipeline über Pakistan nach Indien, um so zu einem wichtigen Energieversorger für Südasien zu werden. Allerdings dürfte sich dieser Plan wahrscheinlich einige Jahrzehnte lang nicht verwirklichen lassen.

In der Zwischenzeit verfügt der Iran, einer der weltweit größten Exporteure von Rohöl, ironischerweise selbst über zu wenig raffiniertes Benzin für seinen inländischen Verbrauch. Dies liegt jedoch daran, dass aufgrund seiner Aggressivität gegenüber dem Westen wirtschaftliche Sanktionen gegen ihn verhängt wurden.

Teheran versuchte zu verhindern, durch die USA und die EU isoliert zu werden und umwarb China aktiv, sein größter Handelspartner zu werden. Auch Südkorea hatte das Bedürfnis, eine neutralere Position gegenüber dem Iran einzunehmen, um einen lukrativen bilateralen Handel betreiben zu können. Die Vereinigten Staaten mussten viel Überredungskunst einsetzen, um Seoul zu überzeugen, sich an den Sanktionen zu beteiligen.

Ahmadinedschads Regierung rechnet damit, dass die Lockerung des wirtschaftlichen Würgegriffs des Westens dazu beiträgt, dass sich die wachsende Unzufriedenheit der iranischen Öffentlichkeit mit den Fortschritten im Inland abschwächt.

Die Sicherstellung stabiler diplomatischer, wirtschaftlicher und militärischer Beziehungen mit den lateinamerikanischen Staaten ist ein weiterer Aspekt der Islamischen Republik im Rahmen ihrer globalen Einflussnahme. Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Kuba verbünden sich mit dem Iran, mit dem Ziel, die Vision der Vereinigten Staaten von Demokratie und Sicherheit zu ersetzen.

Irans Abenteurertum in der westlichen Hemisphäre zeigt sich auch darin, dass die Revolutionsgarden versuchen, über Irans Verbündeten Syrien Waffenverkäufe nach Venezuela und Bolivien abzuwickeln. Jetzt erweitert es diese Aktivität auch noch, indem es sein Waffen-Know-how und Waffen mit vielen anderen Entwicklungsländern austauscht.

Solche Machterweiterungen passen gut in Irans langfristigen Plan, seine globalen Aktionen neu auszurichten und seine internationalen Prioritäten gegen die Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten abzugrenzen. Es spielt dabei die beliebte Karte der Dritten Welt aus, dass sich die Enteigneten unabhängig von Religion und ethnischer Zugehörigkeit, gegen die Weltmächte vereinen sollten.

Irans Bündnisbestrebungen

Der Iran vergrößerte aktiv seinen Einfluss innerhalb der Gruppe der Fünfzehn – G-15 -, der jetzt 17 Mitgliedstaaten aus Afrika, Asien und Lateinamerika angehören. Der 14. Gipfel dieser Gruppe im Mai 2010 fand in Teheran unter Ahmadinedschads Vorsitz statt. Er nutzte die Gelegenheit, um Brücken der Zusammenarbeit zu bauen, vertrat aber auch eine starke Position des Widerstands gegen die Vereinigten Staaten, die EU und Israel.

Der Bewegung der blockfreien Staaten (NAM) mit seinen 118 Mitgliedstaaten schenkt der Iran ebenfalls viel Aufmerksamkeit. Als sich die NAM-Außenminister im Juli 2008 trafen, stellte sich Teheran als Gastgeberstadt in den Mittelpunkt.

Die Teilnehmer sprachen sich in einer öffentlichen Erklärung dafür aus, das iranische Atomprogramm zu unterstützen. Im Juni 2010 lobte die NAM den Iran sogar „wegen seiner Zusammenarbeit mit der IAEO (Internationale Atomenergiebehörde)“.

Der nächste NAM-Gipfel wird im Jahr 2012 in Kish, Island stattfinden, auf dem Ahmadinedschad zum Generalsekretär ernannt wird, was der Islamischen Republik Iran zu einer weiteren globalen Plattform verhilft.

Obwohl sein Raumfahrtprogramm noch in den Anfängen steckt, nimmt der Iran den Vorsitz des UN-Ausschusses für die friedliche Nutzung des Weltraums ein. Ungeachtet seiner Lagerung von chemischen und biologischen Waffen liegt auch der stellvertretende Vorsitz der UN-Organisation für das Verbot chemischer Waffen beim Iran.

Der Iran hat sich auch ständige Sitze in den Aufsichtsräten anderer UN-Organisationen verschafft. Dazu zählen das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, die Kommission für Wissenschaft und Technologie für die Entwicklung, das Entwicklungsprogramm, das Welternährungsprogramm, das Umweltprogramm, die Organisation Children’s Fund, die Kommission über die Rechtsstellung der Frau und das Amt des Hohen Kommissars für Flüchtlinge. Er scheint darauf zu zählen, dass sich Führungspositionen in diesen internationalen Organisationen schließlich in handfeste Macht umsetzen lassen.

Im Umgang mit dem UN-Sicherheitsrat verbucht der Iran oft spürbare Siege, indem er Russland und China von den drei anderen ständigen Mitgliedern, nämlich den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich abspaltet.

Dass Russland den Bushehr-Reaktor mit Brennstäben versorgt, zeigt deutlich, wie Iran die Rivalität der Supermächte ausnutzt, um sein Ziel der Erzeugung von Kernenergie gegen westlichen Widerstand zu erreichen. Durch Verhandlungen erreichte der Iran auch die Zusammenarbeit von nicht-ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats wie der Türkei, Brasilien und Libanon bei Beratungen über die Atomenergie und Sanktionen.

Im Rahmen seiner allgemeinen globalen Expansion ermöglicht die Atomenergie dem Iran als einer der wenigen Nationen eine größere Fernsicht. Ali Akbar Salehi, Leiter der iranischen Atomenergie-Organisation, behauptet, sein Land versuche jetzt die Kernfusion.

Nachdem die Kernspaltung aber noch nicht gelungen ist, ist der Iran weit vom Bau einer Wasserstoffbombe entfernt. Doch die Bereitschaft der iranischen Führung, sich mit anderen Entwicklungsländern über „die Atomwissenschaft und -technologie“ auszutauschen, wird den Atomwaffensperrvertrag weiter untergraben und gleichzeitig den eigenen Einfluss stärken, wenn andere widerstrebende Regimes wie Syrien und Birma das Angebot annehmen. Tatsächlich wird Syrien der Zusammenarbeit an der al-Kibar-Anlage mit dem Iran verdächtigt, die Israel dann bombardierte.

Es ist nicht überraschend, dass sich die iranische Führung trotz wachsender innerer Unruhe zuversichtlich fühlt, wenn sie die Großmächte der ganzen Welt herausfordert. Durch Worte und Taten zeigt sich Irans Streben nach globalem Einfluss vielfältig, zielgerichtet und zügig voranstrebend. Es sollte ernst genommen werden.

Jamsheed K. Choksy ist Professor für Iranistik, Islamische und internationale Studien und ehemaliger Direktor des Middle Eastern Studies Program an der Indiana University, Bloomington. Copyright © 2010, Yale Center for the Study of Globalisation , Yale Universität.

Artikel auf Englisch: Iran’s Multi-faceted Pursuit of Global Ambitions

 

 



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