Janowskis „Meistersinger“ begeistern in der Berliner Philharmonie

Marek Janowskis konzertante „Meistersinger“ mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin machten das Publikum glücklich.
Titelbild
Foto: Felix Broede
Von 4. Juni 2011

Wenn eine Aufführung so richtig gut ist, kann das Publikum vor lauter Begeisterung kaum die Aktschlüsse erwarten, um endlich losjubeln zu dürfen. Unter Marek Janowski wurde die konzertante Aufführung von Wagners Meistersingern am Freitagabend in der Berliner Philharmonie zu solch einem Glücksfall.

Im dritten Teil seines Wagnerzyklus feierten der Dirigent und ein hoch motiviertes Ensemble Wagners einzige Komödie, „Die Meistersinger von Nürnberg“, als einen sommerlichen Rausch von Poesie und Lebensfreude.

Obwohl Janowski die 10.000 Takte der Partitur relativ langsam dirigierte und ihre Üppigkeiten gepflegt auskostete, mangelte es der Musik nie an Sogwirkung und Tempo. Einzig in der Schusterstube, dem kritischsten Teil, ließ die Spannung etwas nach. Doch Melancholie und Tiefgang fanden ihren Platz, ohne zu erdrücken. Am Ende war der Dirigent erschöpft aber glücklich und die Zuhörer völlig aus dem Häuschen.

Genie trifft auf Kleingeist

Das Stück spielt in Nürnberg an einem 20. und 21.Juni irgendwann zu der Zeit von Hans Sachs:

Walther von Stolzing, ein junger Ritter, muss sich dem Singgericht der Meistersinger stellen, weil er Eva zur Frau gewinnen will, die als Hauptpreis für einen Gesangswettbewerb bestimmt wurde.

Glücklicherweise ist Walther, der noch nie einen Lehrer gesehen hat, ein Naturgenie. Doch die Sprengkraft seiner Inspiration erschreckt die Hüter der Tradition – ähnlich wie das Erscheinen Wagners im Opernbetrieb des 19. Jahrhunderts für Aufruhr sorgte. Um es für alle Beteiligten zu einer glücklichen Lösung kommen zu lassen, muss das Genie Walter von den Normalbürgern akzeptiert werden, was Hans Sachs dank seiner Schusterschläue und „Popularität“ einzufädeln weiß.

Der hervorragenden Textverständlichkeit aller Solisten war es zu verdanken, dass die Wortwitze beim Publikum ankamen und man den hellwachen Saal immer wieder schmunzeln hörte.

Janowski schaffte den Spagat zwischen dem großen Klangkörper und den kammermusikalisch leisen Stellen meisterhaft und ging, bis auf die Tumult-Szenen des ersten und zweiten Aktes, niemals über die Singstimmen. Die Sänger waren durch ihre Bühnenpraxis mit ihren Rollen so verbunden, dass sie mehr spielten als zu konzertieren und bescherten eine nahezu perfekte Aufführung.

Top-Besetzung mit Charme

Der strahlend heldische Robert Dean Smith hatte als Walther einen glänzenden Auftritt und seine Werbelieder wurden zu Höhepunkten. Dazu spielte er den Verliebten mit drollig-optimistischem Lächeln und eroberte damit die Herzen im Sturm. Seine Eva war Edith Haller, sie überwältigte mit unschuldigem Aussehen und einem fulminant leuchtkräftigen Sopran mit riesigem Höhenvolumen. Der wohligwarme Bass von Georg Zeppenfelds passte sehr gut zur Rolle des treusorgenden und aufrechten Vaters Pogner. Albert Dohmen war ein introvertiert ernsthafter Sachs, der mit markiger Stimme seinen monumentalen Part stabil gestaltete.

Ein weiterer Traumkandidat für eine besondere Rolle war Dietrich Henschel als Walthers Gegenspieler Beckmesser. Im ersten Akt noch wohldosiert giftig, gehörte ihm dank seiner hinreißenden Schauspielerpräsenz der zweite. Sein leichter Bass nahm sich zwischen den anderen Herren eher zart aus. Doch mit dem Gesichtsausdruck des begossenen Pudels und feinen Entgleisungen in die Lächerlichkeit, geriet sein aussichtloser Kampf gegen Sachs faszinierend.

Dass sein spezielles Begleitinstrument, eine mit Stahlsaiten bespannte Mini-Harfe, direkt hinter ihm spielte, (mit eiserner Miene: Katharina Hanstedt) verlieh seinem Auftritt noch mehr Imposanz.

Die anschließende Prügelfuge gelang Janowski und dem Chor mit Prägnanz und Klanggewalt. Fantastisch, dass auch die kleinen Zwischenrufe der Hauptdarsteller zu hören waren. Der urige Bass Matti Salminen sorgte als Nachtwächter für einen mehr als würdigen Aktschluss.

Außerdem war noch der agile David von Peter Sonn (eingesprungen für Christph Strehl) sehr erwähnenswert, sowie Tuomas Pursio als Kothner und Michelle Breedt als solide Magdalene. Die Parts der Meistersinger sangen Jörg Schörner, Thomas Ebenstein, Thorsten Scharnke, Tobias Berndt, Hans-Peter Scheidegger, Sebastian Noack, Michael Smallwood und Hyung Wook Lee.

Nach den mehr als viereinhalb Stunden Musik tobte der Beifall für die Solisten und den Rundfunkchor Berlin (Einstudierung Eberhard Friedrich). Ein Bravosturm aus tausend Kehlen erschütterte die Philharmonie für Marek Janowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

 

Foto: Felix Broede


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