Konstantin Wecker: „Meine rebellischen Freunde“

Titelbild
Konstantin WeckerFoto: Cover Meine rebellischen Freunde

Die Filmfigur Valentin in „Die Hochzeit meiner Schwester“ (am 2. Mai im Ersten) war nur eine schauspielerische Aufgabe für Konstantin Wecker, keine Identitätsfigur. Sein Auftritt war uns jedoch Anlass für eine Erinnerung an sein Buch „Meine rebellischen Freunde“. Erschienen 2012.

Konstantin Wecker gehört zu den mutigen Liedermachern und etablierten Künstlern, die sich mit ihren sehr kultivierten Protestauftritten gegen den Wahnsinn von Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Gehör verschaffen.

„Neues schaffen, heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten, heißt Neues schaffen!“ Diesen Empörungs-Imperativ von Stéphane Hessel (1917 – 2013), Symbolfigur der weltweiten Proteste, hat Konstantin Wecker für seinen Lebensweg verinnerlicht. Sehr berührend spricht er in seinem Buch, über herausragende Geistesgrößen, die ihn durch ihre Schriften oder in persönlichen Begegnungen besonders geprägt haben.

Am 1. Juni 1947 wurde Konstantin Alexander Wecker in München geboren. Er ist das einzige Kind seiner Eltern Alexander und Dorothea, die ihm das Rüstzeug zur Rebellion mitgegeben haben. Als der 18-jährige Konstantin im Jahr 1965 seinen Einberufungsbefehl für den Wehrdienst bekam, ging der Vater zorngerötet zur Behörde und zerriss vor den Augen der Beamten das Papier mit den Worten: „Ich war unter Hitler nicht beim Militär, und mein Sohn geht auch nicht zum Militär. Von uns geht niemand zum Militär und niemand wird jemals eine Uniform anziehen!“

Der im Münchner Stadtteil Lehel groß gewordene Konstantin bekommt Klavier, Geigen und Gitarren -Unterricht. Sehr früh schon war er Solist im Rudolf-Lamy-Kinderchor, man kennt seine Stimme aus dem Heimatfilm „Die Trapp-Familie“.

1974 gründete er das Team Musikon, mit dem er bis 1985 seine Platten und Konzerte selbst produzierte. Im Jahre 1980 siedelte er mit den Musikern und Freunden in die Toskana über. 1977 gelang ihm mit dem Album „Genug ist nicht genug“ der Durchbruch. Wecker wurde dafür im selben Jahr mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet.

Konstantin Wecker engagiert sich als Künstler auch politisch und arbeitete mit vielen bekannten deutschen und ausländischen Künstlern zusammen, darunter waren Joan Baez und Mercedes Sosa. Er tritt auf Kundgebungen der Friedensbewegung auf. „Wir müssen an unseren Utopien einer herrschaftsfreien und gewaltfreien Gesellschaft festhalten, sie zusammen mit anderen weiterentwickeln.“

Im Jahr 2007 erhielt er zusammen mit Eugen Drewermann den „Erich-Fromm-Preis“, 2009 den „Bayerischen Filmpreis“. In der Sonntagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 8. August 2010 bekennt Konstantin Wecker, dass eine Partei für ihn niemals eine Heimat sein könne. „Ich war schon immer der Meinung, dass die Chance des Künstlers darin besteht, bunt malen zu dürfen im Gegensatz zum Schwarz-Weiß der Politik. Für mich wäre eine Parteimitgliedschaft daher auch immer eine Einschränkung gewesen.“

[–Meine „rebellischen 41 Freunde“–]

Konstantin Wecker sieht die Notwendigkeit von rebellischen Köpfen. Seine „rebellischen 41 Freunde“ hat er in fünf Kategorien unterteilt: Schriftsteller (darunter Kurt Tucholsky, Oskar Maria Graf, Erich Kästner, Heinrich Böll, Fjodor Dostojewski, Friedrich Nietzsche, Henry Miller),  Widerstandskämpfer (u.a. Mahatma Gandhi, Rosa Luxemburg, Sophie Scholl, Petra Kelly, Stéphane Hessel, Arundhati Roy), Sänger (Georg Kreisler, Franz Josef Degenhardt, Hannes Wader, Barbara Thalheim), Gelehrte (u.a. Hans-Peter Dürr, Eugen Drewermann, Arno Gruen, Margarete Mitscherlich, Gerald Hüther, Jean Ziegler), Spirituelle (u.a. Albert Schweitzer, Bernard Glassman, Bede Griffiths, David Steindl-Rast, Tiziano Terzani).

Hans-Peter Dürr, den „Kernphysiker gegen Kernkraft“ zählt er zu seinen gelehrten Freunden. „Es ist mir eine Ehre, diesen Mann einen Freund nennen zu dürfen. Und auch seine wunderbare Frau Sue, die eine wichtige Persönlichkeit in der Münchner Friedensbewegung ist. Hans-Peter ist der erste Physiker, der mir das Gefühl gibt, dass es ihm wichtig ist, dass ich ihn verstehe. Es ist ja die Aufgabe der Wissenschaftler, ihr hochspezialisiertes Wissen uns Laien verständlich zu machen. Doch nur wenige tun es. Und kaum jemand tut dies so engagiert wie Hans-Peter Dürr, der uns die neue Weltsicht der Quantenphysik eröffnet, und damit eine Welt aufzeigt, in der nichts voneinander getrennt ist und alles mit allem verbunden ist…“

Konstantin Wecker, der Hunderte von Liedern komponiert hat, betont immer wieder die Bedeutung der Musik für den Widerstand gegen Krieg, Diktatur und Ungerechtigkeit. „Musik dient dem Frieden. Wer miteinander musiziert, kann nicht aufeinander schießen… Eine menschlichere Welt ist nur möglich, wenn wir – Frauen und Männer gemeinsam – das Patriarchat überwinden. Das Patriarchat ist mit dem Kapitalismus eine schreckliche Abgrund geführt…“

Konstantin Wecker hat diverse Drogenkrisen erfolgreich überwunden und hat seinem Leben mit Hilfe von weisen Menschen eine neue Richtung gegeben. Eine bewundernswerte ständige Weiterentwicklung. „Mehrmals in meinem Leben wurde ich verhaftet und musste mal kürzere, mal längere Zeit im Gefängnis verbringen. Und auch hier war es ein Satz meines Vaters, der mich daran hinderte, irgendjemanden oder irgendetwas zu verraten, um dafür Erleichterung zu kassieren: ‚Mit der Obrigkeit arbeitet man nicht zusammen!’“

[–Beschwert euch und wehrt euch–]

Der amerikanische ZEN-Meister Bernard Glassman, der in den Elendsvierteln großer Städte jahrelang Menschen begleitet hat, wurde für Konstantin Wecker ein spiritueller Leuchtturm und Freund, mit dem er zusammen ein Buch geschrieben hat. „Bernie ist so bescheiden, witzig, klug und voller Mitgefühl – eine große Inspiration für meinen Weg.“

Den Benediktinermönch und Mystiker Bede Griffiths kannte Wecker nicht persönlich, aber seine Schriften haben ihn tief beeindruckt. „Eine Mystik, die alle Grenzen der Religionen aufhebt, die das Göttliche nicht auf den Altären sucht, sondern im Herzen des Menschen. Hierfür ist mir Bede Griffiths ein großes Vorbild…“

Auch den „Mystiker des Herzens“, den 1926 in Wien geborenen Benediktinermönch David Steindl-Rast, Gründer des weltumspannenden Netzwerks www.gratefulness.org., zählt Konstantin Wecker zu seinen Leitbildern. „Dieser zartgliedrige alte Mönch, der sich entschlossen dem flammenden Patriotismus und der Kriegsbegeisterung der USA entgegenstellte. Er ist ein Mensch von außergewöhnlicher Sanftmut und Herzensgüte. Widerstand und Mystik gehören für ihn unauflösbar zusammen.“

Stéphane Hessel ist für Konstantin Wecker ein furchtloser Rebell, der sich bis ins hohe Alter unermüdlich für die Wahrung der Menschenrechte eingesetzt hat und zugleich ein weiser Mann war, von bezaubernder Liebenswürdigkeit, ein perfekter Gentleman, hochgebildet und bis zu seinem Tode im Alter von 95 Jahren voller Lebenskraft. Der 1913 in Berlin geborene Diplomat und Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald war ein französischer Widerstandskämpfer. Sein im Jahr 2010 erschienenes kleines Buch „Empört Euch!“ wurde fast eine Million Mal verkauft.

Konstantin Wecker hatte Stéphane Hessel ein Lied gewidmet:

Den meisten ist es peinlich noch zu fühlen

und statt an Güte glaubt man an Bonität,

man lullt uns ein mit Krampf und Kampf und Spielen,

schaun wir vom Bildschirm auf,

ist es vielleicht zu spät.

Die Diktatur ist nicht ganz ausgereift,sie übt noch.

Wer ihren Atem spürt, duckt sich schon präventiv.

Und nur der Narr ist noch nicht ganz erstarrt, er übt noch

und wagt zu träumen, deshalb nennt man ihn naiv.

Empört euch,

beschwert euch

und wehrt euch,

es ist nie zu spät!

Gewalt und Hass betrachtet der Künstler Konstantin Wecker, der die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes aufwecken möchte, als ein universelles Problem.

„Wünscht sich ein Kind eine Welt ohne Kriege, wird es von Erwachsenen oft als naiv abgetan, genauso wie der Jugendliche oder alte Friedensaktivist, der für Frieden demonstriert. Aber was ist naiv an solchen Wünschen? Was ist lächerlich daran, sich eine Welt ohne Gewalt vorzustellen? Warum wird ein von Liebe bestimmtes menschliches Zusammenleben als naiver Traum angesehen?“

Sehr authentisch und lebendig lässt Konstantin Wecker den Leser an den Stationen und Umbrüchen seines Lebens teilhaben. Großartig die Wahl seiner vorbildhaften „rebellischen Freunde“.

Das Feuer des weckfreudigen Künstlers glüht weiterhin.

„Was bleibt, ist diese kleine Glut

des Widerstands zu wahren.

Vielleicht muss sie mal Flamme sein

in ein paar Jahren.“

(aus Konstantin Wecker: „Fast ein Held“)

Konstantin WeckerKonstantin WeckerFoto: Cover Meine rebellischen Freunde

Konstantin Wecker

„Meine rebellischen Freunde“

Langen Müller Verlag,  München 2012

224 Seiten – € 19,99



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