Der Wahlkandidat in der Rosenfalle

Ein Ausflug in die Volksrepublik mit Folgen
Von 9. Februar 2005

Kurz bevor Hunderte von Taiwanesischen Geschäftsleute die Stadt Dongwan verlassen, um die Heimreise mit dem ersten Direktflug von China nach Taiwan zum Anlass des chinesischen Neujahrs anzutreten, verlässt auch He Weitu, Abgeordneter der Hongkonger Demokratischen Partei, am 28. Januar die Millionenstadt in der Nähe der Provinzhauptstadt Kanton in Südchina. Als die größte Computerherstellungsbasis gehört Dongwan mit über 5000 registrierten taiwanesischen Betrieben und rund 80 000 dort lebenden Taiwanesen wohl zu den lebhaftesten Städten Chinas, die im vergangenen Jahr als die „Reizvollste Stadt Chinas“ ausgezeichnet wurde.

Reizvoll findet jedoch He die Stadt mit den grünen Palmen zwischen den Wolkenkratzern nicht mehr. „Von den 168 Tagen, die ich in Dongwan verbracht habe, möchte ich am liebsten nicht mehr sprechen“, sagte He am 3. Februar auf der Pressekonferenz in einem Hongkonger Krankenhaus nach seiner Freilassung aus einem Arbeitslager aus Dongwan. Beschuldigt wurde er, dass er sich bei einer Geschäftsreise nach Dongwan eine Prostituierte ins Hotelzimmer bestellt hätte. „Ich habe keine Prostituierte bestellt“, beteuert He Weitu immer wieder auf die Fragen der Journalisten.

Schwarzer Freitag

Der 13. August 2004 war buchstäblich ein schwarzer Freitag für den Politiker. In seinem Hotelzimmer in Dongwan, sei er etwa um 4 Uhr in der Nacht von einem angeblich falsch verbundenen Anruf von einem unbekannten Mann geweckt worden. Minuten später klingte es an der Tür. Eine Mitarbeiterin des Hotels, die ihm bekannt war, stand an der Tür; er ließ sie ein. Kurz darauf kamen Polizisten in das Zimmer, nahmen He Weitu und seine späte Besucherin fest und beschuldigten ihn Prostituierte auf das Zimmer bestellt zu haben. Dafür wurde der einst engagierte Politiker aus dem Autonomen Gebiet Hongkong zu 6 Monaten Haft im Arbeitslager verurteilt. Es fand kein öffentliches Gerichtverfahren statt und die Festnahme erfolgte genau einen Monat vor dem Beginn der Wahl des Legislativrates in Hongkong. He Weitu war einer der Hoffnungsträger der Hongkonger Demokraten, der bei einer vorherigen Bezirkswahl gegen den Kandidaten der Peking nahstehenden Partei DAB gesiegt hatte.

„Diese 168 Tage waren die schlimmsten und dunkelsten Tage in meinem ganzen Leben“, sagt He zu den Dutzenden von Journalisten. Die Nächte jedoch waren nicht dunkel für Herrn He.. „24 Stunden am Tag wurde ich von vier Mithäftlingen überwacht. Wann immer ich die Augen aufmachte, sah ich zwei ewig leuchtende Glühbirnen über meinem Kopf und diese Gesichter vor mir“. Eine eher unübliche Überwachung für einen Häftling, der wegen gekauftem Sex verhaftet wurde. In der Regel werden verhaftete Freier in China mit 15 Tagen Haft bestraft oder gleich gegen ein Bußgeld freigelassen.“ Wie alle anderen Häftlinge musste Herr He auch an der täglichen Zwangsarbeit teilnehmen. „In den ersten 10 Tagen arbeiteten wir an Weihnachtsbäumen, die nach den USA exportiert werden“. Jeden Tag schaffte Herr He neun Weihnachtbäume zu dekorieren, die jeweils in den USA für 200 USD pro Stück verkauft werden.

An einen Einspruch gegen die Verhaftung dachte Herr He nicht. Er habe sämtliche Beschuldigungen angenommen. Insgesamt elf Geständnisse habe er unterschreiben müssen. Im vergangen September sogar noch alle zwei Tage einen Reuebericht dazu. „Ich habe keine andere Wahl“, sagte er, „sonst droht mir, der Vergewaltigung beschuldigt zu werden“. Eine Beschuldigung, die eine viel härtere Strafe bedeutet. Was sich der Politiker aus der ehemals britischen Kronkolonie nicht gedacht hat, war, dass auch er mit keinem Rechtsanwalt sprechen durfte. „Jeden Tagen liefen ein Dutzend von Polizisten um mich herum, die keine Dienstnummer tragen“.

Verlust der Demokraten

Die Medikamente gegen seine Hepatitis, die ihm seine Frau von Hongkong gebracht hat, durfte er zwar nach dreieinhalb Monaten Haft bekommen, jedoch bestätigt der Hongkonger Arzt nach seiner Freilassung, dass er an Leberzirrhose leidet. Die Leber sei nur noch zu 20% funktionsfähig.

Der angeschlagene Politiker kündigte überraschend seinen Austritt aus der Demokratischen Partei auf der Pressekonferenz, damit „die Partei nicht weiter belastet“ wird. Aufgrund des Skandals hat die Demokratische Partei, laut einer Umfrage der Hongkong Universität kurz vor der Wahl für den Legitimationsausschuss im September 2004, allein in Kowloong, dem Wahlkreis von He Weitu, 5% der Stimmen verloren. Die Demokraten konnten nur 25 Sitze im Legitimationsausschuss gewinnen, während die der Zentralregierung in Peking nahe stehende Partei DAB mit einem deutlichen Vorsprung die größte Fraktion im Legitimationsausschuss stellte.



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