Vom ewigen Drehen des Mühlenrades

Internationales Tanzensemble Slawia feiert 40-jähriges Jubiläum
Titelbild
Von 13. Mai 2008

„Es sind permanent ineinander fließende Kreise, mit unterschiedlichen Fassungen, in unterschiedlichen Größen, mal ein Kreis, mal zwei Kreise und mal mehr, die das ewige Drehen des Mühlenrades symbolisieren“, beschreibt die Tanzpädagogin und Leiterin des Internationalen Tanzensembles Slawia, Dagmar von Garnier, die nur noch selten zu erlebende Choreographie „Die Sorbische Mühle“. Es ist ein Tanz des kleinen slawischen Volksstammes der Sorben aus der Niederlausitz, den der bedeutende Tanz- und Ballettmeister Professor Bernhard Wosien (1908-1986) erforschte und zur Bühnenchoreographie bearbeitete. „Sehr, sehr schön! Dieser Tanz hat einen hohen Schwierigkeitsgrad“, betont Dagmar von Garnier, die in den 60er Jahren bei Wosien Folkoretanz studierte.

Während unzähliger Balkan-Studienreisen, im Kontakt mit den Bäuerinnen und Bauern, gewann Dagmar von Garnier Einblick in den Reichtum und den Wert alter Traditionen. Sie sammelte viele Tänze und Melodien aus dem Balkan, aber auch aus Israel, Russland, Armenien und anderen Ländern, um sie einem breiten Publikum bei uns bekannt zu machen.

Hommage an Tanzmeister Bernhard Wosien

In diesem Jahr feiert Slawia 40-jähriges Jubiläum. Das Ensemble besteht zur Zeit aus 40 Tänzerinnen und Tänzern im Alter von 16 bis 37 Jahren. Beim großen Festkonzert am 24. Mai in Frankfurt am Main präsentiert das Ensemble als einen Höhepunkt den Tanz „Die Sorbische Mühle“ erstmals vor einem Publikum. „Da Bernhard Wosien in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern würde, war es mir wichtig, eine Hommage an ihn zu machen und seinen alten Tanz aufzugreifen und auch möglichst zu behalten. Es war ein unglaublicher Aufwand“, erklärt Dagmar von Garnier.

Ein weiterer Höhepunkt ist die Premiere einer besonderen Walzer-Choreographie. Der „Ländliche Walzer“ ist ein Werk, das die deutsche Tanzforscherin Aenne Goldschmidt über Jahre erarbeitete. Der Tanz zeigt 12 verschiedene, oft sehr komplizierte Walzerstile, wie sie früher einmal in Deutschland getanzt wurden. „Wenn wir das sehen, dann laufen diese sechs Minuten ganz schnell vor unseren Augen ab. Und keiner kann ahnen, welcher Schwierigkeitsgrad eigentlich darin steckt.“, sagt Slawia-Leiterin Dagmar von Garnier. Mit diesem Tanz nimmt Slawia erstmals einen repräsentativen deutschen Tanz in sein Programm auf. Vorgeführt wird er in der wirkungsvollen Tracht des Ortes Betzingen bei Reutlingen. „Ein sehr schöner kleiner Ort, der sehr seine Tradition pflegt. Sie haben die attraktivste deutsche Tracht, die auf die Ferne am Schönsten wirkt. Sie haben uns ein Original geschickt und nach dem arbeiten wir jetzt. Das ist nicht so einfach, wir müssen verschiedene Materialien haben.“, erzählt die Tanzspezialistin von dem arbeitsintensiven Geschehen hinter den Kulissen.

Schönheit und Harmonie

Dagmar von Garnier hat mit ihrem Ensemble einen großen Schatz an Wissen, Können, Erfahrung und vor allem an Schönheit und Harmonie zusammengetragen, was ihrer jahrzehntelangen künstlerischen Schaffenskraft und Forschungsarbeit zu verdanken ist. Mehr als 400 junge Menschen unterschiedlicher Nationalität haben im Laufe der Jahre in diesem Ensemble getanzt und es mit ihrem Engagement und ihrem tänzerischen Können bereichert. Aufgrund seiner tänzerischen Vielfalt und wegen seines großen Fundus an wertvollen Originaltrachten ist Slawia einzigartig in Deutschland.

Tanzexpertin Dagmar von Garnier. (Jason Wang/ETD)
Tanzexpertin Dagmar von Garnier. (Jason Wang/ETD)

Auf die Frage, welche Botschaften die traditionellen Tänze dem heutigen Menschen übermitteln, antwortet die Tanzexpertin: „Ich empfinde, dass da ein Stückchen Kulturgut weitergegeben wird, das mir sympathisch ist, das mir gefällt, das auf mich wirkt und mir Respekt abverlangt vor diesen Menschen, die so schöne Bewegungen produziert haben. Und wenn du immer dahinter schaust, es waren ja Menschen, die das gemacht haben, die hart gearbeitet haben. Auf dem Dorf, auf ihrem Feld, auch zuhause – die vielleicht noch kein elektrisches Licht hatten – aber, die alle diese Sachen entwickelt haben und in ihrer Freizeit, bei ihren Festen die Lebensfreude miteinander geteilt haben. Trotz des schweren Alltags. Das haben wir hier ja gar nicht mehr. Wir können das ja gar nicht spontan für uns erleben, die alten Tänze.“ Das Folklore-Ensemble Slawia kann aus seinem Repertoire von über 60 der schönsten Tänze verschiedener Völker schöpfen. „Du kannst die Tänze vom Balkan, von Mazedonien, von überall her sehen und das wirkt schon in uns“, erläutert Frau von Garnier und führt weiter aus: „Wenn du weißt, die Menschen haben getanzt und sie tanzen auch heute noch im Kreis miteinander. Das hat schon seine Botschaft. Und auch, dass der allergescheiteste Mensch im Dorf genauso neben der armen Frau steht und die vielleicht viel besser tanzt und mehr Anerkennung kriegt als der gescheite Jurist.“ Die sprühende Lebensfreude und Leichtigkeit, mitunter aber auch die zarten, lyrischen Liebesszenen oder die Tanzbilder des Alltagslebens, begleitet von charakteristischen Musiken, berühren die Zuschauer.

Der Sohn führt das Lebenswerk weiter

Die Slawia-Gründerin blickt voller Stolz auf dieses Ensemble und ihr Lebenswerk. Sohn Jens Klüsche leitet seit Jahren das Ensemble mit und wird das Erbe weiterführen. Als erster ausländischer Student absolvierte er in Bulgarien ein Hochschulstudium in Folkloretanz, Regie und Tanzpädagogik. Auch in anderen künstlerischen und kulturpolitischen Bereichen hat sich Dagmar von Garnier engagiert, wofür ihr die Stadt Frankfurt im November 2007 den mit 10.000 Euro dotierten Tony-Sender-Preis verliehen hat.

Am 19. Mai um 12:05 Uhr strahlt der Hessische Rundfunk in der Talksendung „Doppel-Kopf“ (hr2) ein 50-minütiges Interview mit Dagmar von Garnier aus. Bei der Jubiläumsveranstaltung im Sendesaal des Hessischen Rundfunks am 24. Mai in Frankfurt hält das Ensemble Slawia eine weitere Überraschung bereit. Das Orchester Vinorosso aus Detmold, unter der Leitung von Florian Stubenvoll, spielt im Wechsel mit den Tanzdarbietungen Balkan- und Klezmermusik.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 20/08




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