So schuftet Chinas „Weihnachtsdorf“ für 60 Prozent aller Deko-Artikel der Welt

„Weihnachten? Ich weiß nur, dass das irgendein Fest ist, aber keine Ahnung was genau. Ich vermute mal, das ist eine Art Neujahr für Ausländer ...“ In der Stadt Yiwu in China werden 60 Prozent aller Weihnachtsartikel der Welt hergestellt.
Titelbild
60 Prozent aller Weihnachtsdekoration kommt aus einer Stadt in China (Symbolbild). Gearbeitet wird unter einfachsten Bedingungen und zu sehr geringem Lohn.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times10. Dezember 2016

Weihnachten kennt jeder. Aber schon mal von der Stadt Yiwu, in der chinesischen Provinz Zhejiang gehört? Dort werden 60 Prozent aller Weihnachtsartikel der Welt hergestellt. Der Standort beliefert Europa und Amerika genauso wie den chinesischen Markt – und diesen sogar zu 90 Prozent.

Insgesamt 600 Hersteller, überwiegend in Familienbetrieben, fertigen das ganze Jahr lang Christbaumkugeln, Plastiktannen, Glitzersterne, lebensgroße Weihnachtsmänner und anderen Klimbim, der bei uns das Fest der Liebe verschönert. Chinas Weihnachtsdorf ist übrigens ziemlich jung: Im Jahr 2001 waren es erst 10 Betriebe, die Deko-Artikel herstellten.

Für die meisten, die dort arbeiten, ist Weihnachten einfach nur knallhartes Business, in dem sich gutes Geld verdienen lässt – gemessen an den durchschnittlichen Verdiensten chinesischer Wanderarbeiter. Hier die Geschichte der Familie Wei, wie sie das Online Magazin Vkadoo.cn erzählte.

Weihnachten ist ganz weit weg …

Der 38-jährige Herr Wei arbeitet gemeinsam mit seinem 19-jährigen Sohn in einer Fabrik, die rote Deko-Sterne herstellt. Ihre eigentliche Heimat liegt 1000 Kilometer weit entfernt, in der Provinz Guizhou in Südwestchina. Dieses Jahr ist das erste Mal, dass er gemeinsam mit seinem Sohn und seiner Frau auswärts Wanderarbeit macht. Zuhause in Guizhou hatten die beiden in einer Sandfabrik gearbeitet. Jetzt ackern er und sein Sohn rund um die Uhr – seine Frau kocht daheim und bringt den beiden das Essen in den Pausen vorbei.

Herr Wei sagt, er kam ins Weihnachtsdorf, weil er erfahren hatte, dass man hier monatlich über 4000 Yuan (500 Euro) verdienen kann. Deshalb kam er Anfang 2014 mit seiner ganzen Familie nach Yiwu.

Zuerst wurde er monatlich bezahlt, später nach Stückzahl der hergestellten Artikel. Er arbeitet täglich fast dreizehn Stunden: Morgens um sieben fängt er an, Mittagspause ist zwischen 11 und 12, danach geht’s weiter bis 17.30 Uhr, nach einer halben Stunde für das Abendessen arbeitet er noch bis 21 Uhr. Mit dieser Stundenzahl verdient er gut 3000 Yuan (375 Euro) pro Monat.

5000 staubige Sterne täglich

Was er genau macht, weiß Herr Wei auch nicht. Es ist immer der gleiche Ablauf, erklärte er: Zuerst die Styropor-Sterne für 3 Sekunden in Kleber tauchen, dann das ganze in eine Maschine stecken, wo die Sterne drehend von allen Seiten für zehn Minuten mit roter Farbe bestäubt werden.

Dann bringt er die Sterne in einen Trockenraum, der so warm ist, dass er seit Herbst andauernd erkältet war, weil der Temperatur-Unterschied von draußen und drinnen so heftig ist. Damit sein Sohn nicht auch noch krank wird, läuft er jetzt immer für ihn rein und raus.

Der rote Farbstaub, der dabei überall verstreut wird, wird später noch recycled und für die nächste Ladung Sterne verwendet. Und obwohl sie Weihnachtsmann-Mützen tragen, bekommen sie die Farbe überall in die Haare und reissen Witze darüber. Statt professioneller Atemschutzmasken verbrauchen sie täglich 10 Stück Papier-Mundschutz. Auf diese Weise produzieren sie täglich über 5000 Sterne. Ein paar Fabriken weiter baut ein Ehepaar täglich 40 lebensgroße Weihnachtsmänner.

Jetzt, im Dezember ist im Weihnachtsdorf das Schlimmste schon vorbei. Es gibt bis zum 20. nur noch einzelne Online-Aufträge aus China. Am meisten haben sie Anfang September zu tun mit Großaufträgen aus Europa und Amerika, die bis Ende September abgeschickt sein müssen.

Alle Weihnachtsartikel aus Yiwu werden in riesige Container verpackt und per Eisenbahn auf die Reise geschickt: Durch die Provinz Xinjiang und Russland nach Europa – und wenn nötig bis nach Madrid. Seit diesem Jahr gibt es dafür eine eigene Zuglinie.

Weihnachten, das ist irgendein Fest …“

„Weihnachten? Ich weiß nur, dass das irgendein Fest ist, aber keine Ahnung was genau. Ich vermute mal, das ist eine Art Neujahr für Ausländer …“, sagt Herrn Wei´s 19-jähriger Sohn, der schon mit 17 die Schule abgebrochen hat, um selbst zu arbeiten.

Durch den Job konnte er sich ein eigenes Smartphone leisten. Mit dem ruft er in den Arbeitspausen dann seine Ex-Klassenkameraden an. Und eigentlich ist die Familie hauptsächlich wegen ihm ins Weihnachtsdorf gegangen.

Sobald sie genug Geld verdient haben, sodass der Junge sich leisten kann zu heiraten, wollen sie dem Weihnachtsdorf wieder „zài jiàn!“ sagen.  (yz / rf, Oktober 2015)



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