Ist das Fernsehen Schuld an der steigenden Gewaltbereitschaft von Jugendlichen?

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Die meisten Eltern werden das ärgerliche Gefühl kennen, das aufsteigt, wenn der Nachwuchs ein frisch aus einer im Vorabendprogramm laufenden Soap gelerntes Schimpfwort rezitiert oder wenn er nach einer Episode der Power Rangers die Katze mit Karatetritten in die Flucht schlägt.

Obwohl sich die Geister daran scheiden, ob dies bereits die ersten Zeichen dafür sind, dass das Kind sich auf dem besten Wege zu einer kriminellen Karriere befindet, lässt sich kaum bestreiten, dass das Fernsehen eine schädliche Wirkung auf die Gesellschaft ausübt. Dies war einer der Gründe, warum in den 1960ern in Großbritannien eine Kampagne gestartet wurde, um das Fernsehen „auszumisten“.

Diese Kampagne, ins Leben gerufen von der Lehrerin Mary Whitehouse, eskalierte zu einer ausgesprochenen Schlacht mit Sir Hugh Carleton Greene, dem ehemaligen obersten Geschäftsführer der BBC. Whitehouse machte den Fernsehsender hauptsächlich verantwortlich für den moralischen Verfall des Landes.

Aus der Kampagne wurde die Gesellschaft Nationaler Zuschauer und Zuhörer (National Viewers and Listeners Association), 2003 als Mediawatch UK neu verpackt.

Der aktuelle Vorsitzende John Beyer: „In der Mädchenschule, in der sie unterrichtete, war Mary verantwortlich für das gesunde Moralempfinden ihrer Schülerinnen. Doch ihr fiel auf, dass einige Fernsehprogramme ihrer Aufgabe entgegensteuerten.“ Ihre Kampagne für gesellschaftliche Anständigkeit, die sie bis zu ihrem Tode 2001 im Alter von 91 Jahren führte, spaltete damals die Gesellschaft.

BBC2 zeigte erst vor kurzem eine Verfilmung ihrer Lebensgeschichte mit Julie Walters in der Hauptrolle. Obwohl Whitehouse die treibende Kraft hinter der Kampagne war, hat Beyer sie auf gewisse Art fit fürs 21. Jahrhundert gemacht, indem die ursprünglich zwei Kanäle der 1950er (BBC und ITV) zu tausenden zersplittert sind.

In einem Interview mit der Epoch Times erklärt er, warum er mehr als je zuvor glaubt, dass die höhere Verbreitung von sexuell anzüglichem Verhalten, Drogenmissbrauch und Gewaltverbrechen mit Schusswaffen den uns bestrahlenden Programminhalten zuzuschreiben sind.

„Weil Fernsehen so einen starken Einfluss hat, können ausgestrahlte Verhaltensmuster als normal von der Gesellschaft übernommen werden”, so Beyer. „Deswegen sehen wir einen Anstieg von Verbrechen mit Schusswaffen, Gewalt und aggressivem Verhalten. Man kann darauf nicht wirklich Antworten finden, wenn man nicht das Fernsehen mehr zur Verantwortung zieht.“

Laut einer vor kurzem erstellten Umfrage der Sendeaufsicht Ofcom findet die Mehrheit der Bevölkerung, dass zuviel Gewalt und Fäkalsprache im Fernsehen vorkommt. Aber Beyer glaubt nicht, dass der Gesetzgeber infolgedessen strengere Kontrollen erlassen wird: „Sie werden nicht handeln, denn sie haben zu sehr Angst, Menschenrechte und die Meinungsfreiheit zu verletzen. Aber es schadet wirklich unser Kultur und unserer Gesellschaft.“

Er fügt hinzu: „Natürlich trägt auch eine Vielzahl anderer Gründe zu diesem Verfall bei. Armut, eine schlechte Wohnsituation, mangelnde Bildung, all dies ist wichtig. Aber wir glauben, dass das Fernsehen die Lage noch weiter verschärft. Anstatt positive Lebensstile und Lösungsansätze zu vermitteln, werden, finde ich, nur Negativbeispiele und Kriminalität propagiert. Millionen werden jährlich für Bildung ausgegeben, um diese Leute wieder da herauszubekommen und all dies wird zunichte gemacht durch das Fernsehen. Es bringt uns zurück ins Mittelalter.“

Obwohl sich die Kampagne hauptsächlich auf Fernsehinhalte und Filme konzentriert, stellt Beyer fest, dass auch Computerspiele eine ähnliche Rolle in der Propagierung von Gewalt spielen.

Dieser Zusammenhang wurde kürzlich dadurch illustriert, dass ein Mann erstochen wurde, nachdem er das sehr gewalttätige Spiel Grand Theft Auto IV gekauft hatte. Beyer: „Computerspiele sind sehr vereinnahmend und Kinder können dadurch schnell den Kontakt mit der Realität verlieren. Sie spielen sich auch in einem moralischen Vakuum ab, wo richtig und falsch nicht existieren. Spieler werden dafür belohnt, Polizisten umzubringen oder Autos zu stehlen. Dies trägt alles zu einer Kultur der Gewalt bei, die wir verzweifelt zu bekämpfen suchen“.

Beyer gibt zu, dass er sich manchmal fühlt, als schwimme er gegen einen reißenden Strom. „Ich weiß nicht, wie wir Gewaltverbrechen den Boden entziehen sollen, wenn wir gleichzeitig einfach sagen, dass dies gute Unterhaltung sei.“

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 23/08

 

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