Ein Liter auf 3.000 Kilometer

7. Internationale Konferenz und Fachmesse für Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien vom 22. bis 23. Oktober 2008 in Hamburg.
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(HMC/Michael Zapf)
Von 29. Oktober 2008

Stellen Sie sich Hamburg in 30 Jahren vor: An einer Hauptverkehrsstraße atmen die Menschen frische Luft. Der Verkehr rollt leise dahin: Mit Wasserstoff betriebene Busse und LKWs, Elektro-Motorräder, kaum mehr als kniehohe, dem Liegefahrrad ähnliche Ein-Mann-Gefährte. Der Verbrauch der Fahrzeuge wird nicht mehr in Liter pro hundert Kilometer gemessen, sondern wie viele Kilometer das Fahrzeug mit einem Liter Kraftstoff schafft. Etwa: 3.000 Kilometer.

Finden Sie das utopisch? Im Frühjahr 2008 hat ein Team der Hochschule Offenburg mit dem von ihnen entwickelten Wagen „Schluckspecht IIIc“ den 2. Platz des 24. Shell Eco-Marathons gewonnen; ein Wettkampf um das umweltfreundlichste und am wenigsten Energie verbrauchende Auto der Welt. Das durch eine Brennstoffzelle betriebene Gefährt mit einem 60 Kilo schweren Kohlefaserchassis fuhr umgerechnet 3198 Kilometer mit einem Liter Kraftstoff!

Die Antwort von Übermorgen

Kehren wir also zurück in die Gegenwart, wo die Zukunft gerade beginnt: „Wir haben an der Antwort von Übermorgen zu arbeiten, weil wir weg müssen vom Öl und von endlichen Energieträgern“, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Karin Roth am Mittwoch, den 22. Oktober 2008 auf einer Pressekonferenz im CCH anlässlich der internationale Konferenz und Fachmesse für Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien H2Expo 2008 in Hamburg.

Wasserstoff sieht nach einer guten Antwort für Übermorgen aus. Es verbrennt geräuschlos, ohne schädliche Emissionen und, wie André Martin, Geschäftsführer von FCHInStruct (Fuel Cell and Hydrogen Interim Structure), sagt: „Man kann Wasserstoff aus beinahe allen Rohstoffen herstellen.“

Zeigen, was geht

Zwei Tage steckt die Fachwelt ihre Köpfe auf der H2Expo zusammen und tauscht sich aus. 60 Referenten aus elf Ländern stellen in Konferenzen und auf Workshops ihre Forschungsergebnisse und Projekte vor, während 50 Institutionen und Firmen auf der Messe rund 1400 Besuchern präsentieren, woran sie gearbeitet haben und woran sie noch tüfteln: ihre Entwicklungen, Produkte und Dienstleistungen.

„Es geht nicht nur um Forschung“, erklärt Roth, „sondern auch um Beispiele der Anwendung. Darum ist die Messe so wichtig, weil sie zeigt, was geht. Und viele staunen, was schon möglich ist!“

Zu Wasser und in der Luft

Die Airbus Deutschland GmbH zeigt eine 20-Kilowatt-Brennstoffzelle, die in einem Probeflug für eine Stunde die Notstromversorgung des Flugzeugs A320 übernahm und dabei unter anderem die elektrische Pumpe und den Reserve-Hydraulikkreis mit elektrischer Energie versorgte.

Eines der so genannten Leuchtturmprojekte der EU ist das Zemship, der mit Wasserstoff betriebene Alsterdampfer „Alsterwasser“. „Die im Vergleich zu Schiffsmotoren kleine Brennstoffzellen, werden im maritimen Bereich eine große Zukunft haben“, meint Dr. Gerd-Michael Würsig, Leiter Prozesstechnik und Brennstoffzellen-Technologie bei der Germanische Lloyd AG, welche Sponsor der Messe ist. Die Implementierung der Brennstoffzelle in unterschiedliche Schiffstypen sei laut Roth gerade jetzt sehr wichtig, da viele Schiffe bestellt werden: „Schiffe haben ein lange Laufzeit. Mit der Bestellung von heute entscheidet man auch den Kraftstoffverbrauch dieses Schiffes für die nächsten 30 bis 40 Jahre.“

Warmes Haus mit Brennstoffzellen

Wasserstoff ist nicht nur im Transport ein Thema, sondern überall, wo Energie gebraucht wird. Beta 1.5 plus heißt das neue Brennstoffzellen-Heizgerät der Hamburger Firma Baxi Innotech GmbH. Mittels Kraft-Wärme-Koppelung erzeugt es ausreichend elektrischen Strom und Wärme für die Versorgung von Ein- und Zweifamilienhäuser – völlig emissionsfrei.

Sparsame Straßenflitzer

Im Bereich „H2 in Action“ der Messe kann man einen innovativen Fuhrpark begutachten: Drei Hochschulen zeigen ihre experimentellen Entwicklungen. Darunter den bereits genannten Schluckspecht, in dem die Pilotin Sigrid Herb auf einem Testgelände auch ein paar Runden dreht. Das Studenten-Projekt Fortis Saxonia“ der Technischen Universität Chemnitz, zeigen Sax 1 und Sax 2, die ebenfalls erfolgreich am Eco-Marathon teilnahmen. Eine weiteres Brennzellenmobil stammt aus der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften: der Pingu II. „Es gibt interessante Entwicklungen, wie wir uns möglicherweise in Zukunft fortbewegen“, sagt dazu Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress GmbH. Er hätte gern eine Probefahrt mit einem dieser Eco-Marathon-Fahrzeuge gemacht, doch diese war Leichtgewichten unter 55 Kilogramm vorbehalten.

H2 bei der Arbeit

Alltäglicher wirkende Fahrzeuge sind in Hamburg sogar in Betrieb: Viele kennen die Brennstoffzellen-Busse, die seit 2003 von der Hamburger Hochbahn im normalen Linienbetrieb fahren. Außer so einem HH2-Bus zeigte die Hamburger Hochbahn AG einen Mercedes „f-cell“, seit Juli 2008 im Test. Die Brennstoffzelle unter der Motorhaube gibt dem A-Klasse-Modell 97 PS.

Einen Fiat Doblo mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor präsentierte die Flughafen Hamburg GmbH, die den Personenwagen seit 2006 einsetzt. Ein weitere BZ-Fahrzeug des Flughafens stellte die Firma Still aus: Einen Schlepper R 07-25 Fuel Cell für den Gepäckumschlag. Von Still ist auch ein Gabelstapler RX 60-45, der jetzt für zwei Jahre im Hamburger Hafen getestet wird.

Für mittelständische Unternehmen könnte der EcoCarrier HY3 interessant sein, ein brennstoffzellenbetriebener Kleintranporter der Unternehmen Wilhelm Karmann GmbH und Proton Motor Fuel Cell GmbH.

Die rollende Tankstelle: trailH2 Gas

Wie kommt der Wasserstoff in die Tanks? Insbesondere jetzt am Anfang, da es nur vereinzelte Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind, die für ihren Einsatz jedoch konstant mit Wasserstoff versorgt werden müssen, ist eine flexible Lösung gefragt. So eine Lösung stellt die Linde Gas AG auf der H2Expo vor: Ein 14 Meter langes und bis zu 35 Tonnen schweres Tankfahrzeug mit 18 Stück Flaschenbündel für gasförmigen Wasserstoff: Der trailH2 Gas. Über zwei verschiedene Hochdruckkupplungen kann er Fahrzeuge sowohl mit 350 bar als auch mit 700 bar in kurzer Zeit betanken.

Gute Aussichten

Die ausgestellten Nutzfahrzeuge schaffen zwar noch keine 3.000 Kilometer mit einem Liter Kraftstoff, aber immerhin kommen sie etwa mit halb soviel Brennstoff wie herkömmliche Fahrzeuge aus, sowie ohne Lärm und harmlosen Wasserdampf als Abgase. Die stetige Steigerung des Wirkungsgrades in der Entwicklung der Wasserstoff-Technologie gibt laut André Martin „Anlass, mit großem Vertrauen in die Zukunft zu schauen.“ Stellen wir uns das Morgen also optimistisch vor: Wildkräuter sammeln auf Verkehrsinseln. Weder Kriege noch Krisen wegen Erdöl. Keine ölverklebten Seevögel nach einem Tankerunglück. Man hört nur das Rascheln und Rauschen von Blättern und Luft, wenn die Stadtreinigung das Laub von den Straßen bläst. Die Herbststürme treiben die Windräder ordentlich an – und die Energie wird gespeichert in Wasserstoff.

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 44/08

(HMC/Michael Zapf)
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