Das Schweigen über tibetische Opfer des Erdbebens

In den Kondolenzschreiben zum Erdbeben der meisten Regierungen an China blieben die Tibeter unerwähnt
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Foto: STR/AFP/Getty Images
Von 26. April 2010

Ein zusätzliches Opfer des Erdbebens mit 6,9 auf der Richterskala scheint die Wahrheit zu sein. Das Erdbeben ereignete sich am 14. April in Jyekundo in der tibetischen Hochebene.

Die große Mehrheit der Tausenden von Toten waren stolze Tibeter, die es verdient hätten, betrauert zu werden. Und doch erwähnten die meisten Regierungen – und dazu gehört auch Kanada – in ihren Kondolenzschreiben an China die Tibeter nicht. Hillary Clinton, Außenministerin der Vereinigten Staaten, vermied das Wort „Tibet“ in ihrer Erklärung und sagte stattdessen: „An diesem schweren Tag gelten unsere Gedanken und Gebete den Verletzten und obdachlos gewordenen und allen Menschen Chinas.“

[Anm. d. Am 14. April sandte Bundeskanzlerin Merkel dem Ministerpräsidenten des Staatsrates der Volksrepublik China, Wen Jiabao, folgendes Kondolenzschreiben: Sehr geehrter … es erfüllt mich mit großer Trauer und Bestürzung, dass bei dieser schweren Erdbebenkatastrophe in Ihrem Land zahlreiche Menschen den Tod fanden und viele verletzt wurden. Den betroffenen Menschen, den Opfern und ihren Angehörigen, gilt mein tief empfundenes Mitgefühl. Allen Verletzten wünsche ich eine rasche Genesung.]

Die Tragödie ereignete sich in der historischen Provinz Tibets, in Kham. So hätten es die Medien berichten müssen. In der Berichterstattung von CNN und BBC jedoch wurden die Opfer kaum oder überhaupt nicht als Tibeter erwähnt.

Es gibt verlässliche Berichte darüber, dass die Anzahl der Todesopfer 10.000 und die der Obdachlosen 100.0000 betragen könnte. Die Überlebenden brauchen internationale Hilfe, die auch angeboten, von China jedoch zurückgewiesen wurde.

Das ist traurigerweise typisch dafür, wie die Welt mit dem Thema Tibet umgeht, um ja nicht das Risiko einzugehen, China zu verärgern. Die raue Wirklichkeit wird nur allzu oft ignoriert.

Andererseits stellen die Fotos auf der Webseite von Boston Globe und ein Bericht in der New York Times unabhängigen Journalismus der besten Art dar.

Eine schmerzliche Vergangenheit

In diesem Zusammenhang gibt es die harten Fakten der chinesischen Kolonisierung während der fünf vergangenen Jahrzehnte. Zehntausende von Tibetern sind während der fünf Jahrzehnte der Kolonisierung getötet und Hunderttausende mehr inhaftiert worden. Über 6.000 Klöster, Frauenklöster und Tempel fielen Verwüstung und Zerstörung zum Opfer. Tausende weiterer Tibeter sind in jüngster Zeit verschwunden oder inhaftiert worden.

In „Mao: Die unbekannte Geschichte“ beschreiben die Autoren Jung Chang und Jon Halliday detailliert, wie Peking das tibetische Volk behandelt hat. Im Jahr 1959 schrieb Mao über den Aufstand damals in Tibet, der zum Teil dadurch verursacht wurde, dass China die Nahrungsmittel beschlagnahmte, weil durch den katastrophalen „Großen Sprung nach Vorn“ in ganz China Hungersnot herrschte.“ „Diese Rebellion ist ….eine gute Sache. Denn dadurch haben wir die Möglichkeit, unsere Probleme durch Krieg zu lösen“, erklärte Mao.

Als sich später in Tibet die Nachricht verbreitete, dass Mao plane, den damals sehr jungen Dalai Lama zu entführen, protestierten Tausende von Tibetern vor dem Potala Palast in Lhasa und riefen: „Chinesen ‚raus!“ Mao schickte eine Nachricht, dass der Dalai Lama fliehen dürfe, weil er befürchtete, dass sein Tod „die Meinung der Welt gegen ihn aufbringen würde“ vor allem in buddhistischen Ländern und in Indien. Nachdem der Dalai Lama entkommen war, sagte Mao zu seinen Leuten: „Setzt alles daran, den Feind in Lhasa zu behalten … Wenn unsere Hauptstreitmacht dann ankommt, können wir sie einkesseln und vernichten.“

Der Dalai Lama

Der Dalai Lama ist das geistliche Oberhaupt Tibets, Träger des Friedensnobelpreises, Ehrenbürger von Kanada und laut Umfragen von 2008 in sechs europäischen Ländern der am höchsten respektierte Führer in der Welt. Und doch erlaubt es ihm Peking noch nicht einmal, das Erdbebengebiet zu besuchen.

Der chinesische Parteistaat hat ihn ungerechterweise angeklagt, Gewalt in Tibet zu schüren. Doch in Wahrheit plädiert der Dalai Lama für ein autonomes Tibet unter chinesischer Herrschaft. Er lehnt Gewalt strikt ab und ist auch gegen eine Abtrennung.

Friedliche Demonstrationen stören die Stabilität nicht. Störungen werden durch die Gegenwart tausender bewaffneter Militärs und Polizisten provoziert.

In der Tat ist der Dalai Lama Pekings beste Chance für eine friedliche Lösung des Problems mit Tibet. Einige tibetische Gruppen im Exil fordern vollständige Unabhängigkeit und lehnen alle Kompromisse ab. Der Dalai Lama hat Befürchtungen zum Ausdruck gebracht, dass nach seinem Tode die Gewalt zunehmen könnte.

Jean-Louis Roy, ehemaliger Präsident der kanadischen NGO Rights an Democracy, stellte am Vorabend des Besuchs des Dalai Lama in Ottawa fest:

„Schweigen als Reaktion auf irgendwelche Verstöße gegen die Menschenrechte ist unakzeptierbar. Besonders deutlich müssen unsere Gegenreaktionen sein, wenn es sich um den Völkermord in Tibet handelt. Diese Menschenrechtsverletzungen beeinträchtigen unsere florierenden geschäftlichen Beziehungen zu China, ganz zu schweigen von unserem Ruf als Verteidiger der Menschenrechte und demokratischer Freiheit.“

David Kilgour.David Kilgour.Foto: Nina Hamrle/The Epoch Times

David Kilgour war Mitglied des kanadischen Parlaments von 1979 bis 2006, und diente auch als stellvertretender Sprecher und Vorsitzender des Komitees des Whole House, er war Staatssekretär für Lateinamerika und Afrika, und Staatssekretär für den Asien-Pazifik-Raum.

David Kilgour ist weiterhin aktiv in Fragen der Menschenrechte und der internationalen Gemeinschaft. Er ist Co-Chair der kanadischen Freunde eines demokratischen Iran, ehemaliger Vorsitzender der Lateinamerika und der Karibik Policy Working Group des Ottawa-Zweigs der Canadian International Council, ein Fellow des Queen’s University Centre für das Studium der Demokratie und Direktor des in Washington ansässigen Rats für eine Gemeinschaft der Demokratien (CCD).

Er und Menschenrechtsanwalt David Matas veröffentlichten „Bloody Harvest – Das Töten von Falun Gong für ihre Organe.“ Sie wurden 2009 mit dem Menschenrechtspreis der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in der Schweiz ausgezeichnet für ihre Arbeit bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den staatlich gesponserten Organraub in China. Sie sind auch für den Friedensnobelpreis 2010 nominiert worden. Für weitere Informationen, siehe www.david-kilgour.com

Originalartikel auf Englisch: A Tibetan Tragedy

Foto: STR/AFP/Getty Images

 



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