Chinas Industriespionage in Deutschland

Bundesverfassungsschutz: Hinter den digitalen Attacken steckt staatliches Interesse Chinas
Titelbild
Messen wie die Cebit in Hannover ziehen Industriespione an. (Foto: AFP)
Von 30. Oktober 2007

Der Direktor des FBI, Robert Swan Mueller, wies im Sommer in einer Anhörung vor dem amerikanischen Kongress auf eine essentielle Bedrohung für Militär und Wirtschaft durch die Spionagetätigkeit Chinas hin. In den vergangenen zwei Jahren seien mindestens 30 Chinesen mit chinesischer oder amerikanischer Staatsangehörigkeit wegen Wirtschaftsspionage vom FBI festgenommen worden.

Ein ähnlich bedrohliches Bild hinsichtlich chinesischer Industriespionage zeichnet der Vizepräsident des Bundesverfassungsschutzes Hans Elmar Remberg für Deutschland: So musste beispielsweise ein chinesischer Wissenschaftler, der an der naturwissenschaftlichen Fakultät einer bayerischen Universität arbeitete, vor Ablauf seines Vertrages den Lehrstuhl verlassen und nach China zurückkehren. Er hatte während seines Aufenthalts in Deutschland geheimes Know-how aus der Forschung per Email an eine dem chinesischen Nachrichtendienst zuzurechnende Stelle geschickt. Die Daten waren in China sowohl im Nuklearbereich als auch in der Raumfahrt genutzt worden. Bemerkenswerterweise war der Wissenschaftler laufend vom chinesischen Konsulat in München betreut worden. Dies ist jedoch nur ein Fall, der sich in einer vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg veröffentlichen Broschüre über Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg und Bayern findet.

Im Vergleich mit dem in Kalifornien lebenden chinesischen Ingenieur Xiaodong Sheldon Meng hatte der namentlich nicht genannte Wissenschaftler in Bayern noch Glück. Der in Peking geborene 42-jährige Meng wurde wegen Verdachts der Wirtschaftsspionage und des illegalen Verkaufs von Waffen 2004 festgenommen und am 14. Dezember 2006 von der Staatsanwaltschaft in Kalifonien wegen 36 Verbrechen angeklagt. Am 1. August 2007 gestand Meng seine Spionagetätigkeit sowie die ihm zur Last gelegten Verbrechen. Er hatte von seinem Arbeitsgeber „Quantum 3D“ die militärische Software „Mantis“ gestohlen und an das Forschungszentrum der chinesischen Marine weiterverkauft. Zudem hatte er ohne Genehmigung das geheime militärische Hightechprodukt viXsen, das Quantum 3D hergestellt hat, nach China verkauft.

Laut Remberg sammle die Volkrepublik weltweit und intensiv politische, militärische, firmenstrategische und wissenschaftliche Informationen, um ihre Technologielücken möglichst schnell zu schließen. Es sei zwar nicht ungewöhnlich und allein für sich betrachtet sicherlich legitim, dass China dafür verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprogramme eingerichtet habe und spezielle Programme wie jene zur Rückgewinnung von Fachleuten betreibe, die im Ausland ausgebildet worden sind. Jedoch sollten die deutschen Behörden hellhörig werden, so Remberg, wenn sie das Ausmaß erkennen, in dem chinesische Nachrichtendienste in diese Programme eingebunden sind.

Konkret handle es sich laut Remberg um den zivilen Auslands- und Inlandsnachrichtendienst des Ministeriums für Staatssicherheit (Guojia Anquanbu), den militärischen Dienst (Zhong Chan Er Bu) und die dritte Abteilung der Volksbefreiungsarmee zur fernmeldeelektronischen Aufklärung (Zhong Chan San Bu).

Agenten als Diplomaten oder Journalisten getarnt

„Die diplomatischen Vertretungen und die Agenturen chinesischer Medien in Deutschland ermöglichen den verdeckten Einsatz von Führungsoffizieren der Nachrichtendienste“, sagte Remberg. Als Diplomaten oder Journalisten getarnt würden sie von ihren Kontaktpersonen nicht als Nachrichtendienstler erkannt und wahrgenommen. Dementsprechend könnten sie das Interesse an sensiblen Informationen unauffällig artikulieren. Sie hielten gezielt Kontakt zu wichtigen Informationsträgern in Verbänden und wissenschaftlichen Instituten, zu Unternehmen und anderen Einrichtungen. Auf Messen und Fachveranstaltungen wären sie bemüht, Kontakte zu interessanten Personen herzustellen, auszubauen und von Zeit zu Zeit durch kleine Gefälligkeiten zu festigen. So solle eine freundschaftlich verpflichtende Beziehung aufgebaut werden, bei der die jeweiligen Partner die wahren Absichten der verdeckt arbeitenden Angehörigen der Nachrichtendienste nicht erkennen.

Gefährliche Kontakte nach China

Der Inhaber eines baden-württembergischen Hightech-Unternehmens wurde aufgrund seiner wissenschaftlichen Qualifikation mehrfach als Referent zu Vorträgen nach China eingeladen. Dort wurden für ihn auch Begegnungen mit hochrangigen Funktionären arrangiert. Überdies bot man ihm eine Professur an einer renommierten chinesischen Universität an. Im Verlauf der Kontakte stellte sich heraus, dass das eigentliche Interesse der chinesischen Gastgeber, einer staatliche Behörde, auf eine seiner Entwicklungen im Bereich der Raketentechnik gerichtet war.

Auf Gefährdungsmomente wies der Vizepräsident Remberg auch in den Kontakten zu chinesischen Vereinen, Organisationen, Firmen und Instituten hin. Einfallstore für eine mögliche Ausspähung seien Joint-Venture-Unternehmen mit chinesischen Firmen, die Partnerschaften von Institutionen, Forschungseinrichtungen, Regionen und Städten, so wie Delegationen bei Messen und Firmenbesuchen.

Nichtachtung von geistigem Eigentum

Bei Jointventures mit China würden deutsche Unternehmen immer wieder die Erfahrung machen, dass ihre Partner die Produkte kopieren und unter eigenem Namen vertreiben. Chinesische Stellen würden auch versuchen durch geschicktes Taktieren und durch gegenseitiges Ausspielen potenzieller Investoren an deutsche Hochtechnologie zu gelangen. Die Absicherung des eigenen Know-hows sei eines der fundamentalen Probleme in der Zusammenarbeit mit chinesischen Geschäftspartnern, so das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg.

Elektronische Attacken

Besondere Bedeutung hätten elektronische Attacken. So stelle die deutsche Behörde seit 2005 vermehrt elektronische Angriffe über E-Mail gegen deutsche Behörden und Wirtschaftsunternehmer fest. Diese würden mit erstaunlicher Intensität durchgeführt und legten wenig Wert auf Verschleierung. Aktuell würden alle ein bis zwei Tage neue Angriffe verzeichnet.

Um die Spionageprogramme unbemerkt einzuschleusen, setzen Angreifer verstärkt auf Trojaner. Diese könnten verschiedene E-Mail oder Webkomponenten kombinieren und selbständig, ohne Wissen und Zutun des Anwenders, aus dem Internet herunter laden. Die Infektion erfolge oftmals durch Aufruf einer manipulierten Website, wobei es sich oftmals um vertrauenswürdige Webangebote handele, die von Hackern unbemerkt zweckentfremdet würden.

Staatliches Interesse Chinas

Laut Bewertung des Bundesverfassungsschutzes soll hinter den digitalen Attacken staatliches Interesse Chinas stecken. Dafür würden neben den Zielen im Behördenbereich und bei den Unternehmen auch Intensität, Struktur und Breite der Angriffe sprechen. Der Einsatz von elektronischen Angriffen zur Informationsgewinnung auf allen Ebenen sei Element dessen, was einige den „chinesischen Cyberwall“ nennen. Die Angriffe würden mit erheblichen Finanz- und Resourceneinsatz über einen längeren Zeitraum betrieben. Ein wirkungsvoller Schutz dagegen sei sehr aufwändig, punktuelles Vorgehen reiche nicht aus. Stattdessen müsse ein ganzheitliches Schutzkonzept entwickelt werden.

Mittelständische Unternehmen als Opfer der Attacken

Zu den betroffenen der digitalen Angriffe gehörten nicht nur Großkonzerne und Behörde, sondern insbesondere mittelständischen Unternehmen in Deutschland so Remberg. Einerseits finde sich in den mittelständischen Unternehmen umfangreiches Know-how, das weltweit in vielen Branchen führend ist, andererseits falle es den mittelständischen Unternehmen bislang schwer, mit den immer komplexeren webbasierten Bedrohungen Schritt zu halten. Remberg appellierte die Unternehmen sich an den Verfassungsschutz zu wenden, wenn sie sich angegriffen fühlen.

(Text erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 11, Seite 5)



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