Die Glaubwürdigkeit von China erlebt einen Kollaps

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Mittagspause in einer Werkstatt in Shanghai.Foto: Peter Parks/AFP/GettyImages
Von 26. August 2012

In letzter Zeit zeigt die internationale Gemeinschaft über unterschiedliche Kanäle ein wachsendes Misstrauen gegenüber China. Dieses Misstrauen zeigt sich in Politik und Wirtschaft und reicht sogar bis zu den schmutzigen Geschäften westlicher Unternehmer mit der chinesischen Regierung. Das ist in diesem Umfang seit den 90er Jahren nicht passiert, was darauf hindeutet, dass die Glaubwürdigkeit Chinas derzeit einen Kollaps erlebt.

Das politische Misstrauen lässt sich anhand der Reaktionen der internationalen Gesellschaft nach dem Beginn der Verhandlung des Falls um Gu Kailai ermessen. Weil alle Beteiligten und die relevanten Informationen um diesen Fall international bekannt sind, schaute die ganze Welt zu, wie die chinesische Regierung diesen empfindlichen Fall behandelte. Es wurde versucht, einzuschätzen, wie weit China auf dem Weg der Rechtsstaatlichkeit vorangeschritten ist.

Die Welt wurde jedoch Zeuge eines Schauprozesses, in dem Verantwortung, Anwälte, Zuschauer und Ergebnisse bereits vorher festgelegt waren. Außer widersprüchlichen Aussagen über weitere, in den Mordfall involvierte Personen und das Gift, an dem Heyswood gestorben war, hat die Verhandlung nichts Neues gebracht, nicht einmal ein glaubwürdiges Mordmotiv. Viele Fragen blieben ungeklärt.

Die britische Zeitung „The Telegraph“ bezweifelte, ob es in dieser Verhandlung um Gerechtigkeit und Klarheit ging. Im Artikel „Die erschreckende Geschichte des letzten Geständnisses von Gu Kailai, Fragen bleiben offen“ am 12. August wurde gesagt, dass Gerüchten zufolge die Verhandlung des Falls um Gu Kailai vorher mehrere Male durchgespielt worden sei. Es habe sogar chinesische Beamte gegeben, die die britischen Diplomaten gespielt haben. Der Traum von einem „Rechtsstaat“ in China, an den viele geglaubt haben und für den die USA finanzielle Unterstützung geleistet habe, sei mit dieser Verhandlung ausgeträumt.

Sumpf politischer und kommerzieller Interessen

Nicht nur der Rechtsstaat, auch die die Beziehung zwischen ausländischen Inverstoren und der chinesische Regierung wird inzwischen mit wachsendem Misstrauen betrachtet. Viele ausländische Investoren sehen es als unumgänglich an, sich dem chinesischen System anzupassen und gute Beziehungen zur Regierung zu knüpfen. Der Giftmord an Heywood wird von Skeptikern als eindeutige Warnung für solche Geschäftsleute gesehen. Die britische Zeitung „The Independent“ und „The New York Times“ berichteten in diesem Zusammenhang über Ermittlungen des US-Justizministeriums gegen die Las Vegas Sands Corporation von Sheldon Adelson wegen Korruption in China. Dieser Fall ermöglicht einen Blick in den Sumpf politischer und kommerzieller Interessen, die in China auf das innigste miteinander verflochten sind.

Es wird jedoch klar, dass solche Geschichten nicht gut enden können. Beispielsweise ermittelte das staatliche chinesische Devisenamt wegen verschiedener Vergehen, darunter falsche Angaben über die Verwendung von Kapital, gegen die Las Vegas Sands Corporation. (Eigentlich ist das ein häufiger Fall. Wenn die Beziehung gut ist, drückt die chinesische Regierung ein Auge zu.) Dokumente zeigen, dass das Handelsministerium der Volksrepublik China und das Gericht einen Teil des Kapitals eingefroren und die Eintragung der Tochtergesellschaften dieses Unternehmen abgelehnt haben.

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Diese Atmosphäre beeinflusste auch die Olympischen Spiele und viele chinesische Athleten wurden kritisiert. „The Telegraph“ veröffentlichte am 2. August einen Bericht von Brendan O’Neill „Warum sehen wir Briten die chinesischen Athleten als Betrüger und Monsterroboter?“ In diesem Artikel wurde beschrieben, dass in Großbritannien eine Welle von Diskussionen ausgelöst worden sei, nachdem chinesischen Badmintonspielern wegen Spielmanipulation disqualifiziert worden waren. Sie seien der Meinung, dass dies ein Beweis dafür sei, dass die Chinesen unehrenhafte Betrüger seien und im Gegensatz zu den Briten nichts von fairen Wettkämpfen halten würden.

Zweifel an den chinesischen Wirtschaftsdaten

Der deutlichste Beweis für die sinkende Glaubwürdigkeit Chinas sind die Zweifel an den chinesischen Wirtschaftsdaten. Obwohl diese Zweifel früher schon existierten, waren sie aber nicht so verbreitet wie heute. Im Jahr 2010 veröffentlichte WikiLeaks einen geheimen Brief der US-Botschaft in Peking. In dem Brief wurde gesagt, dass Li Keqiang, der damaligen Parteichef der Provinz Liaoning, am 12. März 2007 mit dem US-Botschafter ein gemeinsames Abendessen in Botschaft eingenommen haben. Während des Essens soll Li gesagt haben, dass das chinesische BIP gefälscht sei. Er habe hinzugefügt, dass er die Wirtschaftslage der Provinz Liaoning anhand von drei Daten beurteile. Dies seien der Stromverbrauch, das Transportvolumen der Eisenbahn und das Kreditvolumen.

Viele Wirtschaftsanalysten haben nicht auf diese Informationen geachtet, obwohl sie veröffentlicht wurden. Aber inzwischen durchdringt das Misstrauen gegenüber China bereits die Wirtschaft. Ein Bericht der New York Times vom 22. Juni besagte, dass die Regionalregierungen die Mitarbeiter von Kraftwerken aufgefordert haben, die Stromverbrauchsdaten zu manipulieren, um das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) über die wahre Rezession zu täuschen. Am 25. Juli, 2012 erregte ein Artikel mit dem Titel „Die vier Gründe, warum hochrangige chinesische Beamte nicht vertrauenswürdig sind“ Aufmerksamkeit. Darin wurde erwähnt, „Sobald es um wirtschaftliche Probleme geht, sind wir der Meinung, dass die hochrangigen chinesischen Beamten nicht vertrauenswürdig sind“.

„The Wallstreet Journal“ schrieb in einem Brief an Zhongnanhai, den chinesische Regierungssitz in Peking: „Von Menschen, die fest an fallende Kurse der chinesischen Aktienmärkte glauben bis hin zu optimistischen Analysten von Investmentbanken, glaubt jeder, dass das tatsächliche Wachstum der chinesischen Wirtschaft niedriger ist, als die offiziellen Daten behaupten“. Deshalb forderten sie, die tatsächlichen Wachstumsdaten der chinesischen Wirtschaft zu erfahren.

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Es gibt außer den bisher genannten jedoch noch weitere Zweifel an China. Am 15. August war in Los Angeles die Premiere des Dokumentarfilms „Death by China“, der vom Wirtschaftsprofessor Peter Navarro von der University of California in Irvine produziert wurde. In diesem 80 Minuten dauernden Filme wurde mit Hilfe von Interviews und Untersuchungsergebnissen aufgedeckt, dass die chinesische Regierung die Menschenrechte missachtet und die Produktion von giftigen Nahrungsmitteln und gefälschten Produkten duldet. Außerdem wurde gezeigt, dass die verschlechterte Handelsbilanz zwischen den USA und China dem chinesischen Volk und der ganzen Welt eine schwere Krise bringen kann.

Das Ansehen Chinas in der Welt hat in den letzten 10 Jahren deutliche Veränderungen erlebt. Im Jahr 2001 war von einer China Welle die Rede. 2005 profilierte sich die chinesische Regierung mit der Bezeichnung „ein friedliches und stärker werdendes China“. Des Weiteren stelle Joshua Cooper Ramo die These auf, dass „The Beijing Consensus“ den „Washington Consensus“ ersetzen werde. Wie konnte es von dieser Phase wachsenden internationalen Ansehens zum derzeitigen Kollaps der Glaubwürdigkeit von China kommen und wer trägt dafür die Verantwortung?

Meiner Meinung nach ist die chinesische Regierung (und auch die ausländischen Politiker und Geschäftsleute, die die chinesische Regierung unterstützen) daran schuld.

Seit Ende der 90er bis Ende 2009 neigten die westlichen Länder dazu, China zu vertrauen. Viele Länder wie Frankreich wollten sogar, dass China immer stärker wird und dadurch die Macht der USA einschränkt. Auch zu dieser Zeit gab es bereits Skepsis gegenüber China. Im August 2001 veröffentlichte „Far Eastern Economic Review“ einen Artikel „People’s Republic of Cheats” (Volksrepublik der Betrüger). In diesem Artikel wurden eindeutige Zweifel an der Glaubwürdigkeit von China geäußert. Carsten A. Holz, Professor der The Hong Kong University of Science & Technology schrieb den Artikel „Have China Scholars All Been Bought”, der im Jahr 2007 in „Far Eastern Economic Review“ veröffentlicht wurde. In diesem Artikel wurde kritisiert, dass die chinesischen Gelehrten die chinesische Regierung umschmeicheln. „Wir nutzen folgende Methode um der KPCh zu gefallen: Manche Studienthemen werden vorgeschlagen während andere ignoriert werden. Ein Teil der Wahrheit wird berichtet und der Rest nicht. Die Sprache, die wir verwenden, was wir lehren und wie wir es lehren.“ Seine deutlichen Worte gefielen vielen seiner Kollegen nicht.

Ein bekannter Satz von Abraham Lincoln lautet: „Man kann alle Leute einige Zeit zum Narren halten und einige Leute allezeit; aber alle Leute allezeit zum Narren halten kann man nicht.“ Die Glaubwürdigkeit der Pekinger Regierung wird jetzt weltweit angezweifelt. Das ist ein Beweis dafür, dass Lügen die eigene Ethik zerstören und am Ende in den politischen Untergang führen.

Original-Artikel auf Chinesisch: 何清涟:中国的国家信用正在崩塌

He Qinglian, die Autorin dieses Artikels, ist eine bekannte Wirtschaftswissenschaftlerin aus China. Ihre Schriften wie „China in der Modernisierungsfalle“ zählen zu den treffendsten Voraussagen über die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft. 2001 sah sie sich gezwungen, in die USA zu fliehen.



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