Erstaunter Blick von Chinas Bürgern auf die Bundestagswahl

Ein chinesischer Reiseführer hat eine Touristengruppe aus China zu einem Wahllokal geführt und seine Gäste haben eine Überraschung nach der anderen erlebt.
Titelbild
„Demokratie ist gar nicht so kompliziert, wie in China behauptet wird.“Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 30. September 2013

Noch am Abend des 22. September, am Tag der Bundestagswahl, rief mich Herr Zhang [richtiger Name ist der Redaktion bekannt] aus Berlin begeistert an. Er hatte als Reiseführer eine kleine Touristengruppe aus China zu einem Wahllokal geführt, wo seine Gäste eine Überraschung nach der anderen erlebten. 

Eigentlich stand der Besuch eines Wahllokals nicht auf dem Programm. Aber als die fünf Chinesen erfahren haben, dass an diesem Tag die Bundestagswahl stattfand, wollten sie auf jeden Fall morgens, bevor sie zu den Sehenswürdigkeiten aufbrachen, ein Wahllokal besichtigen. 

Die erste Überraschung: Man wählt in einer Schule, nicht im Parlament

Als Herr Zhang mit den Gästen bei einem Wahllokal, wo er selbst auch wählen konnte, ankam, starrten die Gäste das Gebäude an: Warum stehen wir vor einer Schule und nicht vor dem Bundestag, den wir gestern besucht haben? 

Von Herrn Zhang bekamen sie die Erklärung, dass man in dem eigenen Wahlbezirk in einer öffentlichen Einrichtung die Wahlstimme abgeben müsse. Das ist doch für die Bürger viel einfacher, als wenn alle Berliner Wähler, ja sogar alle deutschen Wähler, zum Bundestag fahren würden. 

Die zweite Überraschung: So wenige Menschen

Morgens um neun Uhr gingen die Wähler nur vereinzelt zum Wahllokal. Keine Warteschlange. Nach der Vorstellung dieser Chinesen sollte es hier so aussehen wie im Downtown in Peking – überall sieht man nur Menschen. Die Chinesen leben in einer zahlenmäßig anderen  Dimension. Einst sagte ein Bürgermeister in China bescheiden: „Wir sind eine kleine Stadt und haben nur eine Million Einwohner.“ 

Die dritte Überraschung: Die Stimme abzugeben ist sehr einfach

Ankommen, Ausweis vorlegen, Wahlzettel bekommen, Kreuze machen, einwerfen, weggehen. Das dauert nur ein paar Minuten. Und das stellte für diese chinesischen Gäste eine große Überraschung dar. 

„Demokratie ist kompliziert“ – diese jahrelang in China gebildete Anschauung begann ins Wanken zu geraten. Natürlich hat Herr Zhang ihnen auch erklärt, Kreuze zu machen ist zwar einfach, aber zu wissen, wo man Kreuze machen will, ist nicht so einfach. Aber das ist wiederum auch nicht so kompliziert, denn vor der Wahl versuchten die Parteien mit allen möglichen Mitteln, den Wählern zu sagen, was sie erreichen wollen. 

Die vierte Überraschung: Normale Bürger zählen die Stimmen

Die Wahlhelfer sind normale Bürger, die sich freiwillig dazu melden. Die Bürger haben so viele Rechte. Das rief irgendwie einen Gedankenumbruch bei den Chinesen hervor. 

Tagsüber in der Pause bei den Besichtigungen in Berlin stellten die Chinesen schon Fotos in ihre Blogs im Internet, die sie vom Wahllokal und deutschen Wählern gemacht hatten. Auch Herr Zhang stellte ein Foto von sich ins Netz, wie er den Stimmzettel einwarf. Ganz schnell hat er von etlichen Chinesen aus China das Zustimmungszeichen bekommen. Mal sehen, wie lange seine Fotos im Internet bleiben werden. 

Ein Vorschlag für die Reiseagenturen in Deutschland

Alle vier Jahre kann man eine „Bundestagswahl-kennenlernen-Reise“ veranstalten. Das Hauptziel der Werbung richtet sich auf China. Dort ist die größte Kundengruppe.

Wang Jing ist Chefredakteurin der chinesischsprachigen Ausgabe der Epoch Times, Da Ji Yuan, in Deutschland.



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