Hongkong zwei Jahre nach „Occupy“-Protest: Kommt jetzt Pekings Abrechnung mit der Polizeigewalt?

Zwei Jahre nach der gewaltsamen Räumung der Hongkonger „Occupy Central“-Proteste hat eine peking-freundliche Zeitung indirekt Konsequenzen für die Drahtzieher der großen Tränengas-Aktion angekündigt.
Titelbild
Hongkong am 25. November 2014.Foto: Chris McGrath/Getty Images
Von und 29. September 2016

Vor zwei Jahren flogen in Hongkong die Tränengas-Bomben auf die Demonstranten der „Occupy Central“-Bewegung – am 28. September 2014. Gestern erinnerten Bürger an die beinahe blutige Niederschlagung des friedlichen Protests. Interessant: Eine peking-freundliche Zeitung brachte eine Titelstory, die indirekt Konsequenzen für die Drahtzieher der Staatsgewalt ankündigte.

Das Titelblatt der „Sing Pao Daily News“, einer der ältesten und einflussreichsten Hongkonger Zeitungen, übte an zwei Tagen in Folge direkte Kritik an Zhang Dejiang, dem Pekinger Beauftragten für die Sonderverwaltungszone, sowie Leung Chun-ying, Hongkongs unbeliebten, von Peking eingesetzten Gouverneur.

Zhangs Politik habe die „Occupy“-Bewegung verursacht, so der Titel. Er und Leung hätten Hongkong in eine Notsituation gebracht. (Gemeint war damit die Beinahe-Niederschlagung der Studenten- und Bürgerproteste mit scharfen Waffen, die durch Chinas Staatschef Xi Jinping in letzter Sekunde abgewendet wurde.)

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Das kritische Titelblatt der „Sin Pao Daily“. Foto: Screenshot Sin Pao Daily E-Paper

Ursache der monatelangen Proteste war das sogenannte „Weißbuch“ gewesen, das eine empfindliche Einschränkungen der Freiheiten Hongkongs ankündigte – veranlasst von Zhang Dejiang.

Experten-Analysen:

Huang Jinqiu, unabhängiger Schriftsteller aus China, sagte zu EPOCH TIMES:

Die Zeitung Sin Pao Daily hat militärischen Hintergrund und wird von Guangzhou aus verwaltet. Sie ist eindeutig eine Zeitung pro Peking. Dass sie nun Unzufriedenheit und direkte Kritik an Zhang und Leung auf der Titelseite äußere, sei bemerkenswert, so Huang: „Die Situation ähnelt sehr dem Sturz von Ex-Stasichef Zhou Yongkang, der zunächst auch in öffentliche Kritik geriet, bevor er abgesetzt wurde. Zhang dürfte also in nächster Zeit Probleme bekommen.“

People disperse after police fired tear gas upon pro-democracy demonstrators near the Hong Kong government headquarters on September 28, 2014. Police fired tear gas as tens of thousands of pro-democracy demonstrators brought parts of central Hong Kong to a standstill on September 28, in a dramatic escalation of protests that have gripped the semi-autonomous Chinese city for days. AFP PHOTO / AARON TAM (Photo credit should read aaron tam/AFP/Getty Images)

Der 28. September 2014 war der Tag, an dem die Polizei massiv Tränengas gegen den Hongkonger Occupy-Protest einsetzte, um den Platz vor dem Regierungsgebäude zu räumen. Foto: AARON TAM /AFP/Getty Images

Politkommentator Wei Tuo von EPOCH TIMES sieht es ähnlich: „Diese Titelseite ist kein spontanes Produkt. Zhang ist die Nr. 3 in Rangliste der mächtigsten Männer Chinas – hinter Staatschef Xi und Premier Li Keqiang. Er ist zuständig für Hongkong, kämpfte dort aber immer gegen Xi. Alleine hätte er sich eine Aktion wie 2014 nie getraut – hinter ihm stehen noch einflussreichere Persönlichkeiten, wie Ex-Premier Zeng Qinghong, die Nr. 2 der Jiang Zemin-Clique. Das Hongkonger Chaos war von Jiang und Zeng gewollt, da es weltweite Aufmerksamkeit auf sich zog und für Xi ein schlechtes Images schuf. Mittlerweile stehen für Zhang die Zeichen schlecht. Falls er weiter zu Jiang steht, dürfte er ausgewechselt werden.“

Im Klartext heißt das, die Titelstory hatte eine Warnfunktion. Zhang wird möglicherweise aus dem Ständigen Ausschuss des Politbüros entfernt oder mit Korruptionsermittlungen zu tun bekommen.

„Solche dickköpfigen Politiker sind große Hindernisse für Xi Jinpings Politik“, fügte Huang hinzu. „Ich denke, es wird nicht mehr lange dauern. Schon in den nächsten Jahren könnten alle diese Steine aus dem Weg geräumt werden.“

Occupy-Aktivisten sehen Hoffnungsschimmer

Auch Vertreter der Bürgerbewegung sprachen gestern von einem Hoffnungsschimmer. Vor zwei Jahren seien sie auf die Straße gegangen mit dem Ziel, Hongkongs unbeliebten Gouverneur Leung Chung-yin abzusetzen und mehr demokratische Mitbestimmung zu fordern, was nicht klappte. Mittlerweile sehen die Köpfe der Bewegung Licht am Horizont. Der Protest sei nicht umsonst gewesen. Die chinesische Sonderverwaltungszone bekomme möglicherweise bald eine neue Führung.

In Hongkong waren Anfang September Parlamentswahlen. Zwar wurde die Hälfte der Abgeordneten von Peking nominiert. Doch auch zwei Studentenführer von 2014 wurden in das Parlament gewählt.



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