Tausende Schüler protestieren in China gegen korrupte Stadtregierung

5. September in der Kreisstadt Shenqiu in der Provinz Henan: Tausende Schüler der Zweiten Mittelschule der Kreisstadt Shenqiu versammelten sich vor den lokalen Regierungsgebäuden und vor der Behörde für öffentliche Sicherheit. Sie protestierten gegen die Stadtregierung, dass sie den Sportplatz der Schule an ein Immobilienunternehmen verkauft hat.
Titelbild
"Die heimtückischen Geschäftsleute bekämpfen, um den Sportplatz zu schützen" - Protest in Shenqiu. (ET)
Von 12. September 2008

Über einhundert paramilitärische Polizeikräfte griffen die Demonstranten gewalttätig an. Mehrere Dutzende von Schülern wurden verletzt, Fenster, Türen, Stühle und Zäune der Regierungsgebäude wurden beschädigt. Eine Brandstiftung wurde versucht.

„Die lokale Regierung hat alle Informationen blockiert. Kein einziges lokales Medium hat darüber berichtet. Internetforen werden überwacht, die Internetverbindung war bis heute abgeschaltet“. Yang Ming, Lehrer an der Schule, spricht im Telefoninterview mit Epoch Times über die totale Kontrolle der Informationen nach dem Protest am 5. September. Zwar scheine alles wieder beruhigt, in der Tat seien die Schüler, die Eltern und ein Teil der Lehrer völlig entsetzt. Sie schwören, mit dem Leben den Sportplatz zu schützen. Yang geht von weiteren Protesten aus.

Korruption zwischen Schulleitung und Immobilienunternehmen

Der Sportplatz der Zweiten Mittelschule der Kreisstadt Shenqiu liegt in der Nähe der aufblühenden Geschäftsstraße Shaofen. Die günstige Verkehrslage treibt den Verkaufspreis des Grundstücks ständig nach oben. Offensichtlich steckt darin ein lukratives Immobiliengeschäft.

Auf dem Sportplatz werden bald Luxuseigentumswohnungen gebaut. Yang wies auf die Korruption zwischen der lokalen Regierung, dem Führungspersonal der Schule und dem  Immobilienunternehmen hin. Der Sportplatz sei schon an das Immobilienunternehmen verkauft worden. „Am 29. August fing das Immobilienunternehmen an, sich auf dem Sportplatz zu etablieren. Tausende Schüler und ihre Lehrer schlossen sich zusammen zu einer Mauer, um den Bau zu behindern. Doch beschleunigt das Unternehmen nur das Bautempo“, sagte Yang weiter. Aufgrund des Bauprojekts musste am 1. September der Sportunterricht an der Schule eingestellt werden. Das sei der direkte Auslöser des 5. September-Protests, so Yang.

Lügen der Regierung

Laut Yang wurde der einzige Sportplatz der Zweiten Mittelschule durch Spenden der Bevölkerung der Kreisstadt gebaut. Dass die Regierung nun den Sportplatz für eigenen Profit dem Immobilienunternehmen überlässt, kann auf keinen Fall der Bevölkerung gefallen, sagte Yang weiter. Um die Empörung des Volkes zu beruhigen, wurden nach dem Protest am 5. September die Behauptungen der Leiter der Schule verbreitet: Einige Lehrer hätten die naiven Schüler ausgenutzt und aufgehetzt, Protest zu veranstalten, weil sie den Sportplatz für den Bau von Wohnungen für sich selbst gewinnen möchten.

Yang hält das für eine Lüge der Interessengruppen. „Leider haben viele Eltern der Schüler an diese Lüge geglaubt. Sie beschweren sich über die ‚egoistischen‘ Lehrer“, so Yang. „Ist eine Schule noch eine Schule ohne Sportplatz?! Die Bauarbeiten machen so viel Lärm, wie können die Schüler noch ruhig lernen?! Die Schüler wollen den Sportplatz haben. Sie haben aber keinen anderen Weg als zu protestieren.“

Die Schüler haben die Lehrer ermutigt

„Viele Lehrer waren auch mit dem Verkauf des Sportplatzes nicht einverstanden. Aber sie wagten nichts zu sagen. Die Leiter der Schule suchten mit allen Lehrern Gespräche zu führen, um sie zu überzeugen. Kleine Sitzungen und große Sitzungen fanden dauernd statt. Die Schulleitung erklärte, dass es eine gute Entwicklungschance für die Schule ist, wenn die Immobiliengeschäfte gut laufen würden. In der Tat wissen wir alle, dass die Portemonnaies der Schulkader längst schon voll sind“. So erzählte Yang weiter. Für Yang und alle Lehrer war der Protest der Schüler unerwartet. „Sie sind mutig wie neu geborene Kälber. Wir Lehrer haben uns geschämt“.

Offener Brief der Schüler

Das Internet als schnellsten Weg der Informationsverbreitung, diesen Weg benutzten auch die  Schüler der Zweiten Mittelschule der Kreisstadt Shenqiu, um ihre Meinung zu verbreiten. „Ein offener Aufrufbrief der Schüler und Lehrer an die Bevölkerung der Kreisstadt Shenqiu“ verbreitete sich vor dem Protest im Internet.

„Liebe Bevölkerung: Der Sportplatz, der mit ihren Spenden gebaut wurde, wird bald von den heimtückischen Geschäftsleuten zerstört. Wir, über sechstausend Schüler, werden unseren einzigen Platz, wo wir noch Sport treiben können, verlieren… Um den sechstausend Schülern eine ruhige Lernumgebung zu gewährleisten, um die Zukunft unserer Stadt zu sichern, rufen wir die ganze Bevölkerung auf, mit uns gemeinsam die Behörden aufzufordern: Sichern Sie den Sportplatz!“

So der Wortlaut des offenen Briefes.



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