Unsere Herzen gehören zusammen seit dem 4. Juni auf dem Tiananmenplatz

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Epoch Times3. Juni 2009

„Es war etwa 2:00 Uhr in der Nacht, als ich acht Soldaten mit einem Offizier auf uns zukommen sah. Ich lief ein paar Schritte nach vorne und schrie: Wir sind Studenten und haben keine Waffen. Der Offizier sah mich an und schoss dann ohne Vorwarnung.“ Zhang Jian wird dreimal ins rechte Bein getroffen. Seit seiner Flucht aus China im Jahr 2001 lebt er in Paris im Exil.

Epoch Times sprach mit ihm bei einer musikalischen Demonstration vor der chinesischen Botschaft in Berlin.

Epoch Times: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, anlässlich des 20. Jahrestages der Tiananmen-Massakers am 4. Juni eine Musik-CD „20. Jahrestag des 4. Juni-Massakers“ zu machen, obwohl Sie nicht wirklich ein Musiker sind?

Zhang Jian: Vor 20 Jahren wurden viele meiner Studienkollegen und Freunde auf dem Tiananmen-Platz erschossen, schwer verletzt und viele wurden danach verhaftet. 20 Jahre später kommen mir die Szenen immer wieder so lebendig vor. Was kann ich für die verstorbenen Freunde tun, auch für diejenigen, die immer noch im Gefängnis sitzen?

Manchmal erinnere ich mich plötzlich an die jungen Studentinnen, die mit uns zusammen in der menschlichen Schutzmauer standen, die wir gemeinsam gebildet hatten. Sie wurden von den Schüssen getroffen. Ihre Kleider waren von Blut rot gefärbt. Sie sahen alle so schön wie die Blumen aus, aber sie sind gefallen, sie lösen sich auf … Hätten sie noch gelebt, wären sie heute schon liebe Mütter ihrer Kinder und gute Frauen ihrer Männer.

Dieses innere Gefühl möchte ich immer wieder niederschreiben. So ist der Text des Liedes „Tiananmen-Mädchen“ zustande gekommen.

Epoch Times: In der Musik-CD gibt es noch zwei Lieder, die von Ihnen geschrieben sind, einer heisst „Tiananmen-Brüder“, und der andere „Tiananmen-Mütter“. Können Sie uns die Hintergründe dieser beiden Lieder erzählen?

Zhang: In der Nacht des 4. Juni leitete ich eine Gruppe von Studenten ganz vorn an der Front. Blitzschnell wurden einige von den Schüssen getroffen. Damals wusste ich noch gar nicht genau, was ein Schuss für einen Menschen bedeutet. Sie fielen neben mir um, automatisch gab ich ihnen sofort meine Hände, um sie hoch zu ziehen. Als sie standen, flossen aus ihnen Ströme von Blut. Wir waren damals alle noch sehr jung, etwa 18 bis 20 Jahre alt. Viele von uns sind im Kugelregen hingefallen und dann nicht mehr aufgestanden. Noch ein Student von meiner Sporthochschule, Fang Zheng, hat überlebt, aber seine beiden Beine waren von Panzern überrollt worden. Er hat seine Beine verloren, aber er ist dadurch nicht niedergeschlagen. Später ist er behinderter Hochleistungssportler geworden. Er behält bis heute sein großes Herz. So habe ich die Texte wie „In einer Juninacht bist Du gefallen – Wie konnte ich es nicht schaffen, Dich zu wecken“ und „Die gnadenlosen Kugeln konnten unser Ideal nicht durchdringen. Eine freiheitliche Brust ist fester als der Panzer“, geschrieben.

Zhang Jian schlief wie viele andere auch in der Nacht auf dem Tiananmenplatz. Drei Kugeln trafen ihn ins Bein, als am 4. Juni die Armee den Platz mit einem Blutbad überzog. (64memo.com)Zhang Jian schlief wie viele andere auch in der Nacht auf dem Tiananmenplatz. Drei Kugeln trafen ihn ins Bein, als am 4. Juni die Armee den Platz mit einem Blutbad überzog. (64memo.com)

Nach dem Massaker haben viele Mütter ihre Kinder für immer verloren. Auch viele glücklich Überlebende mussten nach dem Massaker Heim und Herd verlassen. Sie konnten ihre Familie und ihre Mütter mehrere Jahre lang oder sogar schon 20 Jahre lang nicht mehr wiedersehen. Ich kenne dieses bittere Gefühl, wenn man an die Familie und an die eigene Mutter denkt. Bei vielen betroffenen Müttern wurden durch ihre Kinder ihr Mut und ihr Gewissen geweckt. Sie kämpfen bis heute noch für die Offenbarung der Wahrheit des 4. Juni-Massakers. Ich möchte diese Bitternis und diesen mutigen Kampf der Mütter mit einem Lied ausdrücken. „Das schwarze Haar ist in den zwanzig Jahren weiß geworden; das unermessliche Leiden wurde dem Mond anvertraut. In der Erinnerung an den Mut der Kinder macht der Glaube die Mütter stark“, ist ein Satz in dem Lied „Tiananmen-Mütter“.

Nachdem ich die drei Lieder geschrieben habe, habe ich zufälligerweise den Musiker der Rockband Paigu Duan Xinjun kennengelernt. Ich habe meine Texte an ihn geschickt, er war sehr gerührt und sagte mir sofort, dass er das Herz und die Gefühle dafür hat, diese drei Lieder zu komponieren. Wir tauschen unsere Gedanken und diskutieren im Internet über jeden Satz und alle Worte und wie sie für ein Lied noch verbessert werden können. Xinjun ist ein guter Musiker.

Er schlägt vor, dass ich und mein Tiananmen-Freund Wang Menglong gemeinsam das Lied singen. Wir sind auf die Idee gekommen, noch weitere damalige Studenten, die das Massaker erlebt haben und jetzt im Exil in Übersee oder im Festland China leben, zu finden und jeden von ihnen vor der Hauptmelodie sagen zu lassen: „Ich bin XXX“. Dieser einfachste Satz „Ich bin XXX“ ist so kraftvoll und bindet uns alle wieder zusammen so wie wir damals Hand in Hand auf dem Tiananmen-Platz waren. Wir hatten damals überhaupt keine Angst.

Ich habe diese drei Lieder an viele Freunde von mir im Festland China geschickt. Sie finden sie alle schön. Die Melodien der drei Lieder sind wirklich sehr schön. Ich möchte meinen herzlichen Dank an die Brüder der Band Paigu richten. Sie haben sich vor 20 Jahren nicht aktiv an der Studentenbewegung beteiligt, ich spüre aber, dass ihre Herzen mit unseren verbunden sind.

Das Gespräch führte Maria Zheng

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