Chinas Reformplan: Sechs Mal „Mission impossible“

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Foto: Getty Images / Composing Da Ji Yuan
Von 9. November 2013

Am heutigen Samstag, den 9. November, hat in Peking das „Dritte Plenum des Zentralkomitees der KP Chinas“ begonnen. Der wichtigste Inhalt der bis Dienstag andauernden Veranstaltung: der „Reformplan 383“ soll abgesegnet werden. 

Der Reformplan wurde unter der Leitung von Ministerpräsident Li Keqiang entworfen und hat eine Länge von über 150.000 chinesischen Zeichen. Eine Zusammenfassung des Plans mit 30.000 Zeichen wurde an die Führungskräfte aller Provinzregierungen weitergegeben und um Rückmeldung gebeten. 

Auf Provinzebene gab es jedoch großen Widerstand gegen die Pläne. Ein Provinzgouverneur hatte sich öffentlich dagegen ausgesprochen und sogar mit seinem Rücktritt gedroht.

Da die Lokalregierungen in China andere Interessen haben als die Zentralregierung, ist es sehr schwierig für Ministerpräsident Li, die Reform richtig durchzuführen. 

Es sind sechs Bereiche, die er nicht lösen kann:

1. Investitionsteufelskreis

In den vergangenen 30 Jahren hat die Kommunalverwaltung viele Bankkredite aufgenommen und investiert, um das lokale Wachstum anzukurbeln. Das Wachstum sieht gut aus, aber die Inflation ist auch dazugekommen. Die Preise für das Alltagsleben sind schnell gestiegen.

Um die Bürger zu beruhigen mußte die Zentralregierung Sparmaßnahmen ergreifen und die Kreditvergabe beschränken. Aber dadurch bekamen die Kommunen weniger Einnahmen und mehr Verschuldung. Daher wollten die Lokalregierungen immer mehr investieren.

Wu Jinglian, einer der bekanntesten Wirtschaftswissenschaftler, betrachtet diesen Teufelskreis als Systemproblem. Durch das politische System besitzen die Machthaber zu viel Autorität, die Ressourcen zu verteilen. Dadurch könne der Markt nicht von Angebot und Nachfrage gesteuert werden. Um das Problem lösen zu können, müsse erst das System gewandelt werden. 

2. Abhängigkeit von staatlicher Kontrolle

In China greift der Staat mehr in die Volkswirtschaft ein als nötig. In den vergangenen zehn Jahren hat die Zentralregierung 43 Gesetze bezüglich Immobilienmarkt verabschiedet, trotzdem sind die Immobilienpreise um das zehnfache gestiegen.

3. Reform im Finanzbereich

Das Hindernis im Finanzbereich kommt von den alten KP-Kadern, deren Kinder und Familien, die große Banken und Investitionsfirmen in China fest im Griff haben. 

Die am 29. September gegründete Freihandelszone in Shanghai hat bisher für die dortigen Unternehmer nicht die Vorteile gebracht, wie sie Ministerpräsident Li versprochen hat. Das „Wall Street Journal“ kommentierte im Oktober: „Das Chaos in der Freihandelszone in Shanghai zeigt einen internen Krieg um eine Finanzreform der verschiedenen Flügel der KP Chinas.“

Außer Shanghai soll auch bald am Rand der Metropole Tianjin neben Peking eine Freihandelszone eingerichtet werden. 

4. Handel von Grundstücken

Bis jetzt wurde der Handel von Grundstücken auf dem Land lediglich durch die Lokalregierungen und Dorfverwaltungen durchgeführt. Die Bauern haben keine Möglichkeit, ihr Grundstück direkt auf dem Immobilienmarkt zu verkaufen.

Das soll geändert werden: Die Bauern sollen ihr Grundstück direkt auf dem Immobilienmarkt verkaufen können und dadurch ihr Besitzrecht auf das Grundstück sichern können.

Das lukrative Monopol auf Landverkauf an Immobilienunternehmen durch die Kommunalverwaltungen würde so beendet – die Lokalregierungen werden sich mit aller Kraft gegen diese Reform stemmen.

5. Reform des Einwohnerscheinsystems und Urbanisierung

In China muß man zuerst einen Einwohnerschein in einer Stadt besitzen – erst dann hat man das Recht auf Anspruch auf eine Sozial- und Krankenversicherung. Diejenigen, die auf dem Land geboren sind, bekommen keinen Einwohnerschein. Daher sind viele Wanderarbeiter, die vom Land kommen und in den Städten arbeiten, kaum sozial- und krankenversichert.

Durch die Reform sollen solche Bürger in China den gleichen Anspruch auf soziale Hilfe haben wie die Stadtbewohner. Aber wer soll für sie bezahlen? Sollte die Last auf die Kommunalverwaltung fallen, wird sich die Lokalregierung sicher dagegen wehren und diese Reform verhindern.

6. Reform des Steuersystems

In China gibt es viele Verwaltungsebenen, von der Zentralregierung bis zum Dorf. Jede Ebene will die Steuereinnahmen für sich behalten und kämpft für ihre eigenen Vorteile.

Dem Reformplan von Ministerpräsident Li zufolge soll das heutige, fünfstufige Steuersystem auf drei Stufen reduziert werden. Erbschaftssteuer und Immobiliensteuer sollen eingeführt werden.

„Es dürfte kaum möglich sein, die Interessen der Zentralregierung und der Lokalverwaltungen zusammenzubringen und einen Kompromiss zu finden“, ist Yao Yang, Wirtschaftswissenschafts-Professor an der Universität überzeugt.



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