Chinas Regierungsmitglieder in Organhandel eingeweiht

Rechercheaufnahmen der Weltorganisation zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong enthalten Eingeständnisse der Mitwisser von Organraub an Falun Gong-Praktizierenden.
Titelbild
WOIPFG-Sprecher Wang Zhiyuan präsentiert teilweise getarnt mitgeschnittene Aufnahmen, über Organhandel in chinesischen Militärhospitälern.Foto: The Epoch Times

 

Die Parteikader, die telefonisch Auskunft gaben – unter ihnen einige der mächtigsten Männer in der Kommunistischen Partei Chinas – wussten eigentlich, dass sie nicht über eine unsichere Leitung frei sprechen sollten. Denn die kurzen Antworten, die sie einem getarnten Anrufer einer Menschenrechtsgruppe gaben, sind eindeutige Geständnisse. Geständnisse, dass sie Mitwisser, in einigen Fällen sogar Mitwirkende, an der Entnahme von Organen von politischen Gefangenen aus der Falun Gong-Bewegung waren.

Die Weltorganisation zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong (World Organization to Investigate the Persecution of Falun Gong, WOIPFG), eine Menschenrechtsgruppe, veröffentlichte am 30. April Tonaufnahmen von sechs Telefonaten. Die zwischen 2008 und Mitte April 2012 entstandenen Aufnahmen enthüllen, dass die Kenntnis von Organentnahmen unter den obersten Parteikadern offenkundig weit verbreitet ist.

Wang Zhiyuan, der Sprecher der WOIPFG, machte keine Angaben darüber, wie die Gruppe an die Telefonnummern kam oder wer der Anrufer war. Experten, die die Aufnahmen anhörten, sind überzeugt, dass sie authentisch sind.

„Diese Telefonate beweisen eindeutig, dass das Komitee für Politik und Recht und sein Sekretär Zhou Yongkang unmittelbar an der Organentnahme bei lebenden Falun Gong-Anhängern beteiligt waren, wir haben diesen Beweis zum ersten Mal erbracht. Dies ist ein Völkermord“, so Sprecher Wang.

Im April 2012 fragte der Anrufer den Propagandaminister Li Changchun, ob er „Bo Xilais Beteiligung an der Ermordung von Falun Gong-Anhängern und der Entnahme ihrer Organe als Grund verwenden werde, um Bo zu verurteilen.“ Li Changchun antwortete: „Zhou Yongkang ist dafür zuständig, er weiß Bescheid.“

Im Mai 2008 wurde Zhou Yongkang zu einer Gruppe von Falun Gong-Anhängern befragt, die aus einem Militärkomplex in der Provinz Sichuan nach einem Erdbeben geflohen waren. Zhou fragte zurück: „Wieviele Menschen sind entkommen?“

Ein weiteres Telefonat im April 2012 wurde mit Tang Junjie geführt, der Vorsitzender der regionalen Zweigstelle des Komitees für Politik und Recht in der Provinz Liaoning war. Dieses Gespräch lässt erkennen, dass hochrangige Regierungsvertreter über die erzwungene Organentnahme diskutiert hatten.

Der WOIPFG-Anrufer fragte: „Welche Anweisungen gab Bo zur Entnahme von Organen an Falun Gong-Anhängern?“ Tang Junjie antwortete: „Ich wurde mit dieser Aufgabe betraut. Eigentlich kümmert sich die Parteizentrale darum … Zu diesem Zeitpunkt haben wir hauptsächlich während der Treffen des Ständigen Ausschusses darüber gesprochen.“

Mit der „Parteizentrale“ sind die hochrangigen KP-Führer in Peking gemeint, der „Ständige Ausschuss“ bezieht sich in diesem Fall auf den Ständigen Ausschuss der Provinz Liaoning, die höchste KP-Vertretung in der Provinz.

Die Aufzeichnungen beantworten nicht die Frage, ob die Organentnahme bei Falun Gong-Anhängern Teil einer systematischen, hierarchischen Planung war oder ob sie eine örtliche, gewinnbringende Handelsmaßnahme war, die später von der Parteizentrale abgesegnet wurde.

Die Regierungsvertreter gaben zudem kein direktes Eingeständnis ab, am Organhandel beteiligt zu sein. Die Angerufenen wurden oft schnell misstrauisch und wollten über das „rote Telefon“ weitersprechen, eine sichere Verbindung, die für hochrangige Kader vorgesehen ist.

Allerdings zeugen die Antworten von Vertrautheit mit solchen Vorgängen. „Niemand streitet irgendetwas ab, alles stimmt mit unseren bisherigen Erkenntnissen überein“, sagte David Matas, Anwalt für internationales Menschenrecht und Co-Autor eines Berichts über Organentnahme an Falun Gong-Anhängern.

„Dies ist der auffälligste Aspekt der Aufnahmen“, erklärt Ethan Gutmann, ein investigativer Journalist, der zahlreiche Berichte über den Missbrauch von Organtransplantationen durch chinesische Sicherheitskräfte veröffentlicht hat. „Nicht ein Einziger der Befragten erwiderte: ‚Was soll dieser Unfug? Ich weiß nicht, wovon Sie reden.’“

Der Journalist Ethan Gutmann über die Telefonate auf Seite 2:

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Ethan Gutmann,  Aufnahme von Juli 2010.Ethan Gutmann, Aufnahme von Juli 2010.Foto: Simon Gross/The Epoch Times

Der Journalist Ethan Gutmann erhielt eine übersetzte Mitschrift der Anrufe und wurde gebeten, die darin enthaltenen Informationen über Organentnahme an Falun Gong-Anhängern zu bewerten. Er hat sich zudem die Audiodateien auf der WOIPFG-Webseite angehört.

Epoch Times: Was sind Ihre ersten Eindrücke von diesen Aufzeichnungen?

Ethan Gutmann: Die Anrufer waren enorm eingeschränkt dadurch, dass sie nicht über eine sichere „rote Leitung“ anrufen konnten. Sie haben keine Beziehung zu dem Angerufenen, konnten sich auch nicht als Mittelsmänner tarnen oder sich auf eine bekannte laufende Ermittlung stützen. Dies ist das Recherche-Äquivalent eines Telefonstreichs, jeder der Angerufenen bemerkt irgendwann, dass es höchst unangemessen ist, Organhandel über eine unsichere Leitung mit einem möglichen Betrüger zu besprechen. Dennoch – und das ist bemerkenswert – sagt nicht ein Einziger der Befragten: „Was soll dieser Unfug? Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“ Oder auch: „Das ist ein dummes Gerücht, das von Falun Gong verbreitet wird. Wer sind Sie überhaupt?“

Epoch Times: Glauben Sie, dass die Anrufe authentisch sind, und wenn ja, weshalb?

Gutmann: Das ist die entscheidende Frage. Ich vermute, dass die Anrufe authentisch sind, aus vier Gründen:

1. Es gibt keine „smoking gun“, keinen eindeutigen Beweis in Form einer schönen, zitierfähigen Aussage, in der der Angerufene die Organernte bei Falun Gong bestätigt (obwohl Li Changchun und Tang Junjie dem sehr nahe kommen). Gefälschte Beweise sind üblicherweise viel eindeutiger, da sie mehr Zeit und Kreativität in Anspruch nehmen als tatsächliche Recherche.

2. Der Anrufer vermasselt einige Anrufe, weil seine Tarnung durch Gegenfragen auffliegt. Auch hier gilt: wenn man etwas fälschen will, versucht man, professionell zu wirken. Ich finde es lobenswert, dass WOIPFG unbearbeitete Aufnahmen veröffentlicht hat.

3. Das Thema wurde zwischen 2008 und 2012 deutlich transparenter. Das ergibt Sinn, denn China befindet sich in einem Machtkampf und Jiangs Anhänger sind in die Defensive gedrängt. Die Funktionäre versuchen, ihre eigene Haut zu retten. Tang Junjie scheint sehr darauf aus zu sein, Bo Xilai die Schuld zuzuschieben, das passt.

4. Wei Jianrong (Leiter des „Teambaubüros“ des Komitees für Politik und Recht) scheint zu bemerken, dass er aufgezeichnet wird. Um den Schaden zu begrenzen, beharrt er wiederholt darauf, dass der Organhandel „ganz zum Anfang“ und vor langer Zeit stattfand. Genauso verhält sich ein Schuldiger im Verhör: Was genau habe ich vorher zugegeben? Wieviel wissen sie bereits? Also redet man das Verbrechen klein, deutet an, dass es verjährt sei, und erklärt, dass niemand in der Lage ist, mehr zum Thema zu sagen.

Epoch Times: Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der Sicherheitsapparat in der Entwicklung des Organraubs? Ändern diese Informationen etwas an unseren Erkenntnissen über Organhandel in China, im speziellen über die vermutete Praxis der Organentnahme an lebenden Falun Gong-Anhängern?

Gutmann: Die Informationen bestätigen einige unserer Annahmen. Die Provinz Liaoning war ein Mittelpunkt des Organhandels. Militärbasen und vermutlich auch Militärkrankenhäuser wurden als Internierungslager verwendet. Wang Lijuns Aufsicht über tausende Transplantationen ließ uns richtigerweise vermuten, dass Bo Xilai beteiligt war.

Die vorliegenden Daten helfen uns zudem, einen Verdacht zu erhärten, den wir schon lange hegten. Wir wissen, dass China ein Überwachungsstaat ist und Militärkrankenhäuser sind davon nicht ausgenommen. Also musste das Komitee für Politik und Recht darüber informiert sein. Wie Li Changchun sagte: „Zhou Yongkang ist dafür zuständig, er weiß Bescheid.“

Das Ganze liefert letztlich einige sehr spannende Anhaltspunkte. Tang Junjie sagte: „Ich wurde mit dieser Aufgabe betraut.“ Er erwähnt eine direkte Beteiligung der „Parteizentrale“ und Treffen des „Ständigen Ausschusses“. Gut, wie weit ging diese Beteiligung?

Wei Jianrong sagte, es sei vor langer Zeit passiert. Wir werden noch viel mehr solcher Ausflüchte hören, bevor die ganze Wahrheit enthüllt wird. Wir werden hören, dass alles auf einige böse Täter zurückzuführen sei: Bo Xilai, Zhou Yongkang und Jiang Zemin. Wir werden sogar von einigen Funktionären hören, dass sie nur Befehle befolgt hätten.

Es werden weiterführende Fragen gestellt werden: Hat Luo Gan den ursprünglichen Organraub angeordnet? Hat Zhou dann einfach das Programm weitergeführt? Oder fing das Programm natürlicherweise bei den profitgierigen Militärkrankenhäusern an und die chinesische Führung hat es einfach gutgeheißen? Wir werden vielleicht niemals eine eindeutige Antwort erhalten. Wenn es ein chinesisches Gegenstück zur Wannseekonferenz (auf der die Nazis den Holocaust an den Juden organisierten) gab, wurden die Protokolle vermutlich schon vernichtet.

Die Schlüsselfrage ist jedoch: Wusste der Ständige Ausschuss des Politbüros davon? Haben Parteichef Hu Jintao, Premier Wen Jiabao und der mögliche nächste Parteichef Xi Jinping davon gewusst? Diese Frage ist noch unbeantwortet, aber ich vermute, sie wussten Bescheid. Ich vermute auch, dass die Kommunistische Partei Chinas jetzt die Wahl hat: Entweder gibt es eine personelle Säuberungsaktion, mit der die Organhandel-Thematik begraben werden soll – vorausgesetzt, der Westen akzeptiert kleinmütig diese „Endlösung“ –, oder die Partei wird sich unausweichlich und vollständig auflösen.

World Organization to Investigate the Persecution of Falun Gong, WOIPFG, Tonaufnahmen original und schriftliche englische Übersetzung: www.zhuichaguoji.org/en/node/216

 

 



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