31-Jähriger stylt Kühen das Fell

Nach Angaben des Verbandes deutscher Jungzüchter sind bundesweit rund 80 Kuhfriseure aktiv. Um die 20 davon übten ihr Handwerk professionell im Nebenberuf aus, weltweit gebe es ein Dutzend hauptberufliche „Kuhfitter“, wie die Kuhfriseure auch genannt werden. Sie sind vor Kuh-Schauen und Kuh-Auktionen gefragt.
Titelbild
Kuhfriseur Jürgen Krämer rasiert in Pomster (Rheinland-Pfalz) die Kuh Elaine, um sie für einen Schönheitswettbewerb vorzubereiten.Foto: Harald Tittel/dpa
Epoch Times20. März 2016

Jürgen Krämer entgeht kein Haar. Hochkonzentriert lässt der 31-Jährige seine Schermaschine über den schwarz-weißen Körper von Kuh Elaine gleiten. Langsam arbeitet er sich vor. Von unten nach oben, von rechts nach links.

Seitlich am Bauch lässt er etwas Fell stehen. „Das mache ich, damit die Kuh mehr Breite zeigen kann“, sagt der Kuhfriseur, der schon zahlreiche Kühe in deutschen Ställen gestylt hat. Sein oberstes Ziel: „Die Stärken des Tieres hervorheben und seine Schwächen vertuschen.“ Mit Schere, Bürste, Föhn und Haarspray.

Krämer hat ein Händchen fürs Aufhübschen. Daher ist er vor Kuhschauen und -auktionen ein gefragter Mann. Bei Landwirtin Sandra Sonntag im rheinland-pfälzischen Pomster rückt Krämer gleich zwei Kühen zu Leibe, um sie für einen Schönheitswettbewerb in Bitburg vorzubereiten. Insgesamt legt der Landwirt dafür bei mehr als einem Dutzend Kühe Hand an.

„Es macht großen Spaß, das Optimale aus den Tieren rauszuholen“, sagt Krämer und macht sich an das Euter. Vorsichtig rasiert er dort die Haare weg, „damit die Beaderung gut zu sehen ist.“ Denn ein Euter mit vielen Adern zeige, dass es gut durchblutet und leistungsstark sei. So etwas wie ein Schönheitsideal. Kuh Elaine, gerade mal zwei Jahre jung, lässt das Styling relativ entspannt über sich ergehen.

Agaringenieurin Sonntag ist stolz auf Elaine: „Sie sieht schon schnittig aus.“ Bei Schauen zu siegen, sei aber gar nicht ihr Ziel, sagt die 35-Jährige. „Es ist ja schon toll, überhaupt dabei zu sein.“ In Bitburg treten am Wochenende rund 100 junge Kühe im Schauring gegeneinander an, eine „Miss Bitburg“ wird auch gekürt. „Es sind die Besten der Besten“, sagt Gerd Grebener, Leiter der Rinder-Union West für Rheinland-Pfalz und das Saarland, der das Schaulaufen organisiert hat. Die Tiere wurden aus 300 angemeldeten Kühen in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen ausgesucht.

Kuhfriseur Krämer ist inzwischen bei seiner größten Herausforderung angekommen: Elaines Rückenlinie an der Wirbelsäule, der sogenannten Topline. „Die soll möglichst ganz gerade sein.“ Bei Elaine aber gibt es an den Wirbeln etliche Unebenheiten. Krämer föhnt die frisch gewaschenen kleinen Härchen immer wieder in die Höhe, bürstet sie nach oben und fixiert sie mit Haarspray. Noch ein bisschen Glanzlack. Am Ende sieht die Linie auf dem Rücken ziemlich gerade aus.

„Die Kühe werden vom Kuhfriseur nicht manipuliert, sondern nur top rausgebracht“, sagt Grebener, der Organisator des Schaulaufens. Das A und O sei, dass man nicht merke, wo der Tierfriseur optisch nachgeholfen habe, fügt Kuhfriseur Krämer hinzu, der hauptberuflich in Manderscheid in der Eifel als Landwirt in einem Familienbetrieb mit 200 Milchkühen arbeitet.

Das Kuhfrisieren hat Krämer mit 19 Jahren bei seiner Lehre zum Landwirt als Hobby entdeckt – „und Blut geleckt“. Nach und nach habe er dazugelernt, sei für Tierschauen quer durch Deutschland unterwegs gewesen und frisiere im Stall seit ein paar Jahren professionell. Aber nur nebenbei. „Ich habe leider nicht mehr so viel Zeit.“ In Rheinland-Pfalz kennt er noch zwei weitere Experten seines Fachs.

Nach Angaben des Verbandes deutscher Jungzüchter sind bundesweit rund 80 Kuhfriseure aktiv. Um die 20 davon übten ihr Handwerk professionell im Nebenberuf aus, sagt Dorothee Warder in Bonn. Weltweit gebe es ein Dutzend hauptberufliche „Kuhfitter“, wie die Kuhfriseure auch genannt werden, schätzt Anne-Mette Evers, die das Bundesjungzüchtertreffen Anfang April im ostfrieisischen Leer organisiert.

Gutes Aussehen beim Schaulaufen sei aber nicht alles. Auch bei Kühen sind innere Werte gefragt. „Es kommt auch darauf an, dass das Tier ruhig am Strickhalfter hinterherläuft“, sagt Evers. Und sich nicht erschrickt, etwa durch Musik oder Klatschen. „Wer gewinnen will, muss rundum ein gutes Händchen haben.“ (dpa)



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