Ein Wiedersehen mit Götz Friedrichs „Walküre“

Titelbild
Der Feuerzauber am Ende von Wagners "Walküre", wie ihn Götz Friedrich für die Deutsche Oper in Szene setzte.Foto: Bettina Stoess
Von 1. Juni 2012

Für zwei Vorstellungen kehrte die „Walküre“ von Richard Wagner am 25. Mai in der berühmten Tunnel-Inszenierung von Götz Friedrich zurück an die Deutsche Oper Berlin. Im Kulturangebot der Hauptstadt kam es damit zu einer Woche mit fünf „Walküren“, denn auch Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker hatten gerade den zweiten Tag von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ konzertant im Programm.

An der Deutschen Oper dirigierte GMD Donald Runnicles wie gewohnt perfekt ein virtuos arbeitendes Orchester, die Bläser waren optimal eingebettet in den Klangfluss der Streicher, die Solostimmen wuchsen übergangslos aus den Massen hervor, es war wie immer eine sehr dicht gestaltete, perfekt gedrechselte Sache. Aber die gesamte Stimmung der Aufführung blieb relativ kühl. Die Emotionen wurden überwiegend auf der Bühne produziert, mit kleinen Störungen im Betriebsablauf ausgerechnet im leidenschaftlichen ersten Akt.

Einen nicht so guten Tag schien nämlich Torsten Kerl als Siegmund erwischt zu haben. Er wirkte anfangs sehr unsicher – was sich offensichtlich auch mit der geforderten Todesangst in seiner Rolle überschnitt. Er plagte sich ziemlich mit dem Siegmund herum, besonders in den tiefen Tönen. Wer den eigentlich silbrig timbrierten Tenor an der Deutschen Oper als Rienzi erlebt hatte, erkannte ihn hier nicht wieder, denn er konnte seine Strahlkraft kaum entwickeln. Dann verhob er sich ausgerechnet an seinem Wälseruf, der auch ein paar Sekunden kürzer ein Höhepunkt gewesen wäre. Leider! Den Rest des ersten Aktes sang er auf Nummer Sicher.

Dabei gaben er und Heidi Melton als Sieglinde optisch ein prima Zwillingspaar ab. Melton, die eine herzige und mädchenhafte Ausstrahlung und einen wunderbar jugendlich-leuchtkräftigen Sopran hatte, wurde zur stärkeren Hälfte der Beiden. Ihre Sieglinde war etwas Besonderes, weil sie sie nicht als verhärmtes Opfer darstellte, vielmehr strahlte sie wie ein Engel in unmenschlicher Umgebung. Im zweiten Akt und am Schluss lief sie zu dramatischer Größe auf, die niemals aufgesetzt wirkte.

Attila Jun stellte den Beiden einen brutalen und düsteren Hunding gegenüber, ein sehr stimmgewaltiger Gewaltmensch, stark überzeichnet.

Wotans Charisma und Brünnhildes Walkürentemperament

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Wotans Charisma und Brünnhildes Walkürentemperament

Energisch-jugendliches Charisma, wie man es bei einem Wotan selten erlebt, versprühte Greer Grimsley. Er hat das Glück, eine elegante und baritonal timbrierte Höhen- und Mittellage auf bassigem Fundament zu besitzen und verkörperte fantastisch einen kriegerischen und intelligenten Weltenwalter, der bei ihm keinesfalls zum behäbigen Vater verwässerte. Man spürte auch, dass er seine Rolle sehr gut kannte und genau wusste was er da eigentlich sang. Das machte Wotans Lebensbeichte, wenn auch ziemlich auf einer Piano-Sprechgesanglautstärke vorgetragen, zu einer spannenden Schlüsselszene. In den späteren Wutausbrüchen des Göttervaters bewies er dann bewundernswerte Durchschlagskraft und Ausdauer.

Fantastisch war auch die Fricka von Daniela Sindram, die der betrogenen Göttergattin selten gehörte emotionale Nuancen abgewann, die sie richtig sympathisch machten: Ihre Fricka war verletzt, besorgt, traurig, würdevoll, zu Recht empört – aber keineswegs pauschale Rächerin. Und dass alles mit einem textverständlichen und kultiviertem Mezzosopran, der begeisterte.

Catherine Foster war eine formidable Brünnhilde, mit der man mitfieberte und litt. Sie hatte unbeschwertes Walkürentemperament, Leidenschaft und am Ende angemessene Verzweiflung. Sie passte sehr gut zur Sieglinde von Heidi Melton, weil ähnlich jugendlich und weiblich-weich, doch kraftvoll. Einzig in der Todverkündigung war sie schauspielerisch etwas flacher, weil lediglich beleidigt, dass Siegmund nicht mit ihr gehen will.

Am Ende war das Publikum glücklich und dankbar für das Wiedersehen mit diesem Götz-Friedrich-Klassiker, an dem einzig die Kostüme der Walküren (im Jahr 1984 trendy und rockig) heute etwas schräg und aus der Zeit anmuten. Die acht Damen, die darin herumsprangen, waren jedoch die Wucht.

 

 

 



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