Eine bewegende Reise durch fünf Jahrhunderte Kunst und Kulturgeschichte

„Wohl möchte ich einmal die Schätze sehen, die sich dort nach und nach versammelten...“ Johann Wolfgang von Goethe
Titelbild
Bildnis einer Jungen Frau um ca 1480-1485 vermutlich von Domenico Ghirlandaio Tempera auf PappelholzFoto: Matthias Kehrein
Von 27. Oktober 2005

Die Ausstellung „Nationalschätze aus Deutschland. Von Luther zum Bauhaus“ in der Bonner Bundeskunsthalle gewährt einen Einblick in 500 Jahre Geschichte anhand von kulturellen Kunstschätzen aus den neuen Bundesländern, welche die teils zerstörerischen Jahre der Vergangenheit überdauerten. Vieles, einst bewundertes, gehegt- und gepflegtes wurde zerstört. Umso wertvoller erscheinen nun die übrig gebliebenen Schätze. Sie erzählen aus ihrer eigenen Perspektive von Macht, Prunk und Selbstdarstellung, genauso wie von Politik und Alltag. Doch nicht zuletzt – vom Wandel der Zeit, der sich verändernden Vorstellung von Wert, Kunst und Schönheit.

Die Schätze, welche trotz all der historischen Brüche erhalten geblieben sind, hat man nun erstmals unter einem Dach versammelt. Aus 25 Museen, Sammlungen, Archiven und Bibliotheken aus den neuen Bundesländern und Berlin stammen die Kostbarkeiten, deren Zusammenstellung die Ausstellung selbst zu einer Kostbarkeit werden lässt. Rund 600 Sammlungsgegenstände präsentieren sich in der 2000 qm großen Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland.

Beginnend mit dem reformatorischen Bildersturm zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeigt die Ausstellung die Geschichte bedeutender Sammlungen, die eine ständige Erneuerung widerspiegeln. Herausragende Beispiele sind die fürstlichen Kunstkammern des 16. und 17. Jahrhunderts, die Prunksammlungen des Barock in Dresden, das friderizianische Rokoko in Potsdam, die Kunst zwischen Barock und Aufklärung in Schwerin, die Zeugnisse der Klassik am Weimarer Musenhof Goethes und Schillers und die Bestände der Anna Amalia Bibliothek, die ebenso zur Aufklärung beigetragen haben wie die Landschaftsgärten in Dessau-Wörlitz, Muskau und Branitz.

Schon Goethe zeigte bereits vor 200 Jahren seine Neugier und sein Interesse an den reichen Sammlungen aus Kunst, Natur und Wissenschaft sowie an den einzigartigen Parkanlagen, die von Herrscherhäusern, Adelsfamilien und dem Bürgertum in der Mitte Europas angelegt wurden.

Martin Luther und die Reformation

Die Ausstellung beginnt mit einer Zeitreise in die Reformation Martin Luthers – ein epochaler Einschnitt in der Geschichte, mit weit reichenden gesellschaftlichen und politischen Folgen. Im Besonderen hat die Reformation die Kunst geprägt. Einzig Gottes Wort stand im Mittelpunkt, Bilder und Statuen wurden während des protestantischen Bildersturms zerstört. Viele Kunstwerke von einzigartigem Wert fielen dem neuen Gedankengut zum Opfer. Luther selbst gebot der massiven Zerstörung schließlich Einhalt. Mit der Reformation und dem für die Welt der sakralen Kunst fatalen Bildersturm brach ein neues – das säkulare Zeitalter an: die starke Verbindung von Kunst und Religion lockerte sich, die religiöse Kunst verlor an Bedeutung, sie wurde zunehmend zu einem Gegenstand der ästhetischen Erfahrung.

Kunstkammern der Renaissance und des Barock

Die Kunstkammer gilt als der erste zur Aufbewahrung von Sammlungen definierte Raum.

Vom Menschen geschaffene Kunstwerke (artefacta) wurden zusammen mit wissenschaftlichen Geräten und Instrumenten, Landkarten, kunstvollen Werkzeugen (scientifica) sowie mit Wunderdingen und Merkwürdigem aus der Natur (mirabilia naturae) vereint und sollten ein Abbild der Welt darstellen. Die Kunstkammer ermöglichte ihrem Besitzer gelehrte Studien, vermittelte Bildung und förderte praktische und technische Fähigkeiten. Sie diente aber auch der Repräsentation: hier manifestierte sich der Ruhm eines Herrscherhauses ebenso wie in der Architektur und in den Festsälen.

Kunst, Natur, Handwerk und Technik waren – anders als heute – nicht streng voneinander getrennt. Gemälde wurden vor allem wegen ihrer handwerklichen Kunstfertigkeit geschätzt. Augenfällige Naturerscheinungen wurden als Form der göttlichen Offenbarung verstanden und ihnen wurde eine besondere Aura zugesprochen.

Barocker Prunk, barocke Klänge

Die Sammlungen des Barock dienten besonders der glanzvollen Repräsentation der Kurfürsten und Könige und zeichneten sich durch Pracht und Fülle aus.

Mit einer neuen Bildergalerie schuf Friedrich II.  den ersten eigenständigen Museumsbau. Musikalisch maßgebend waren in dieser Zeit die Kompositionen des in Leipzig tätigen Johann Sebastian Bach und des aus Halle stammenden Georg Friedrich Händel. Beide genossen bereits zu ihren Lebzeiten hohe, internationale Anerkennung und haben durch ihre Werke die Welt der Musik geprägt.

Aufklärung und Neuorientierung

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts vollzog sich in weiten Teilen Europas ein grundlegender Wandel. Die philosophische und politische Neuorientierung hinterließ deutliche Spuren im Sammlungswesen. Das neue Verhältnis von Mensch und Kunst zur Natur steht im Zentrum, das Prunkvolle und Selbstdarstellerische verliert an Bedeutung.

Der Weimarer Musenhof der Herzogin Anna Amalia war literarisch und musikalisch ausgerichtet. Karl August, der Sohn von Anna Amalia, und sein Kultusminister Johann Wolfgang von Goethe öffneten, ganz im Geiste der Aufklärung, die Weimarer Kunstsammlung zur Ausbildung junger Künstler nach den strengen Regeln der Klassik. Reisen nach Italien förderten die Begegnung mit der Antike.

Romantik und Einheit der Nation

In der romantischen Dichtkunst und Malerei um 1800 erhielt die Idee von der Nation als kultureller Einheit lange vor ihrer politischen Umsetzung Gestalt. Gefördert durch den Sieg über Napoleon, entstanden zahlreiche Denkmäler und Erinnerungsorte an Dichter, Denker und Komponisten. Die nationalen Traditionen sollten nicht nur in Bauwerken, sondern auch in Literatur, Musik und Kunst erfahrbar werden. Neben Märchen und Sagen rückten Literatur und Geschichte des deutschen Mittelalters ins Zentrum des Interesses der gebildeten Schichten. In der Malerei waren es die verinnerlichten, aber auch patriotisch geprägten Landschaften eines Caspar David Friedrich, die einem subjektiven Empfinden ebenso Ausdruck verliehen wie der Einsicht, göttliches Wirken offenbare sich in der Natur.

Welt der Fachmuseen – Zeit der Forschungsreisen

Im 19. Jahrhundert nahm das Interesse an außereuropäischen Kulturen sowie an den Naturwissenschaften stetig zu. Die wachsenden Sammlungsbestände erforderten neue Formen der Unterbringung und eine wissenschaftliche Spezialisierung, die sich nach 1850 durchzusetzen begann. Es entstanden Sammlungen zur Meereskunde sowie zahlreiche Fachmuseen zur Mineralogie, Zoologie oder Anthropologie. Viele naturkundliche Objekte, die sich ursprünglich in fürstlichen und privaten Naturalienkabinetten befunden hatten, gingen in den Besitz der neuen Fachmuseen über. Mit der Gründung der neuen wissenschaftlichen Museen und Sammlungen, die auch Besuchern offen standen, entwickelte sich die naturwissenschaftliche Forschung sprunghaft. Expeditionen in die entferntesten Regionen der Erde wurden unternommen, um die Natur vom höchsten Gipfel bis in die Tiefen der Ozeane zu erforschen. Laderäume ganzer Schiffe füllten sich mit Gesteins- und Mineralproben, gepressten Pflanzen und präpariertem Getier.

Museen und Moderne

Die realistische Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts strebte danach, ein wahrheitsgetreues Abbild der Natur und der Welt zu schaffen. Bedingt durch zunehmende Industrialisierung und Verstädterung wandte sie sich verstärkt auch sozialen Themen zu.

Mit der international ausgerichteten Moderne im 20. Jahrhundert findet die Ausstellung ihren Abschluss. ^

 

Nationalschätze aus Deutschland. Von Luther zum Bauhaus

Eine Ausstellung der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen (KNK) in Kooperation mit der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.

Ausstellungsdauer 30.09.2005 – 08.01.2006

Öffnungszeiten: Montags geschlossen

Dienstag/Mittwoch 10 – 21 Uhr

Donnerstag – Sonntag 10 – 19 Uhr

Eintritt: Regulär / Ermäßigt / Familienkarte € 7,50 / € 4 / € 11

www.bundeskunsthalle.de

Telefon 0228-9171-200



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