Klassischer Realismus: Bouguereau

Titelbild
Foto: Art Renewal Centre
Von 4. Februar 2010

Bereits zu seinen Lebzeiten wurde William-Adolphe Bouguereau (1825-1905) für seine meisterhafte Kunst geschätzt. Mit Anbruch der Moderne und abstrakten Malerei gerieten die Werke des französischen Realisten in Vergessenheit und spielen in der gegenwärtigen Kunstgeschichte kaum mehr eine Rolle. Erst in jüngster Vergangenheit, in der die Dominanz der modernistischen Strömung nachlässt, tritt sein Erbe wieder kraftvoll zu Tage und hier bietet sich die Gelegenheit von dem ehemals legendären Künstler zu lernen.

Die Gemälde von Bouguereau vermitteln auf den ersten Blick einen erstaunlich substanziellen Realismus. Mancher Betrachter empfindet die Wirkung ähnlich der einer Fotografie, die sicherlich einen prägenden Einfluss auf die Künstler dieser Zeit hatte. Charakteristisch für seine Werke ist die makellose Technik bis in das kleinste Detail, ein Ergebnis lebenslangen Bestrebens nach Perfektion. Seine Arbeit spiegelt eine idealisierte Welt voller Jugend, Sentimentalität, Sinnlichkeit und Göttlichem wider.

Bouguereaus Karriere war ein ständiger Erfolg, sowohl finanzieller Art als auch von seinen künstlerischen Erfolgen und der damit verbundenen sozialen Anerkennung her gesehen. Sein Leben jedoch war gezeichnet von einer Reihe von Schicksalsschlägen, die ihren Preis einforderten und Bouguereau gesundheitlich und seelisch zusetzten.

Geboren am 30. November 1825 in La Rochelle wuchs er als Sohn eines Wein- und Olivenölhändlers auf. Die Geschäfte seines Vaters verliefen schlecht und sorgten für angespannte Familienverhältnisse, bis Bouguereau schließlich zu seinem Onkel Eugene nach Mortagne geschickt wurde. Dies erwies sich letztendlich als Segen für den jungen Bouguereau, da sein Onkel anders als sein Vater ihn zur Kunst und Malerei ermutigte. Während seines Aufenthaltes in Mortagne erhielt Bouguereau seine ersten Unterrichtsstunden in klassischer Malerei.

Später zog er nach Bordeaux, um seinem Vater beim Familiengeschäft zu helfen. Nachdem er den ersten Preis in einem Malwettbewerb gewonnen hatte, konnte er seinen Vater schließlich überzeugen, ihn an der École des Beaux Arts in Paris studieren zu lassen. Mit Hilfe seines Onkels erlangte er eine Bürgschaft, die es ihm gestattete seine Studien zu finanzieren.

William Bouguereau, La grappe de Raisin. 1868. Öl auf Leinwand. Privatsammlung.William Bouguereau, La grappe de Raisin. 1868. Öl auf Leinwand. Privatsammlung.Foto: Art Renewal Centre

Zu Beginn seiner Studien im Jahr 1846 arbeitete er im Atelier von Francois Picot und wurde zu dessen besten Schülern gezählt. Beim dritten Anlauf gewann Bouguereau für sein Gemälde „Zenobia gefunden bei einer Schafherde“ den renommierten Prix de Rome. Belohnt wurde er dafür mit einem Jahr freier Studien in der Villa Medici in Rom, dem Mekka der klassischen Malerei und Kultur. Hier widmete er sich unter anderem den Werken von Michelangelo, Leonardo, Tizian und Raffael. Vor allen anderen betrachtete Bouguereau die Werke Raffaels als Inbegriff klassischer Malkunst. So fertigte er für die Akademie in Paris eine Kopie von Raffaels „Triumph der Galatea“.

Als Bouguereau sich 1854 in Paris niederließ wuchs sein Bekanntheitsgrad. 1856 heiratete er Marie-Nelly Monchablon, die im folgenden Jahr seine Tochter Henriette, das erste von fünf Kindern, zur Welt brachte. Im selben Jahr wurde Bouguereau für sein Werk „Rückkehr des jungen Tobias“ mit der Médaille d’Honneur ausgezeichnet, welches 1857 beim Pariser Salon ausgestellt wurde. Der Pariser Salon, eine regelmäßige Kunstausstellung die auf Ludwig XIV. zurückgeht, zog regelmäßig über 300.000 Besucher an und spielte eine entscheidende Rolle für die steigende Bekanntheit Bouguereaus in Paris, was ihm Aufträge und ein stetes Einkommen sicherte. 1859 wurde sein erster Sohn Georges geboren, 1861 an Weihnachten folgte seine zweite Tochter Jeanne.

Während der kommenden Jahre florierte Bouguereaus Karriere. 1866 erfasste ihn jedoch mit dem Tod seiner jüngsten Tochter Jeanne ein harter Schicksalsschlag. Die kommenden Jahre bargen weiteren privaten Kummer, brachten seiner Karriere aber keinen Abbruch. Während Bouguereau in der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges der Nationalgarde angehörte und nach Kriegsende den Aufstand der Pariser Kommune in La Rochelle abwartete, führte er seine Malerei fort und produzierte ein Meisterwerk nach dem anderen. Im Jahr 1875 verstarb sein Sohn Georges an einer Krankheit, zwei Jahre später verstarb seine Frau nach der Geburt ihrer dritten Tochter Maurice. Maurice selbst starb kurz darauf ebenfalls im Alter von nur sieben Monaten. Diese Tragödien mögen es gewesen sein, die ihn zu religiösen Werken wie „Die Pieta“ antrieben. Zu dieser Zeit wurde Bouguereau an die Spitze der École des Beaux Arts gewählt.

1879 heiratete er erneut. Seine zweite Frau Elizabeth Gardner war eine seiner Studentinnen und zwölf Jahre bei ihm in Lehre. Meisterwerke wie „Nymphen und Satyr“, „ Nächstenliebe“ und „Homer und Sohn“ hatte er bis dahin vollbracht. Seine Tochter Henriette heiratete ebenfalls zu dieser Zeit, was Bouguereau sehr erfreute. Sein einziger lebender Sohn Paul, der inzwischen als Anwalt arbeitete, erkrankte jedoch und starb 1900. Dies stellte vielleicht den härtesten Schlag für den Künstler dar und seine eigene Gesundheit verschlechterte sich zusehends. 1905 verstarb William Bouguereau in seiner Heimatstadt in La Rochelle.

Obwohl Bouguereau als einer der herausragendsten klassischen Maler anerkannt und von manchen sogar mit Raffael verglichen wird, waren es insbesondere die Impressionisten, die Bouguereau in ihrem Drang, mit der klassischen Malerei brechen zu wollen, kritisierten. Die Strömung des Impressionismus, die der modernen Kunst den Weg bereitete, veränderte die Betrachtungsweise von Kunst und Kunstgeschichte drastisch, sodass Bouguereaus Werke aus dieser Perspektive als rückschrittlich betrachtet wurden. Die traditionellen Techniken wurden als Fesseln angesehen, welche die freie Entfaltung der Kunst verhinderten. Seine Perfektion wurde ihm als Verschleierung wahrer Kunst vorgeworfen und die klassischen Ideale in seinen Werken als bedeutungslose Rückblenden verworfen. Ob seine Werke so ausdruckslos sind wie ihm seine Kritiker vorwerfen? Man kann seinen Werken nachsagen, sie seien sentimental oder gar kitschig, sie beinhalten jedoch ebenfalls Schönheit, Güte und Hingabe; Qualitäten, die einer Betrachtung vielleicht wert sind.

Originalartikel auf Englisch: Proflie of the Masters: Bouguereau

Foto: Art Renewal Centre


 



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