US-Historiker: Dylan ist „amerikanisches Kulturgut“

Epoch Times23. Mai 2016
In seinen Liedern vereint Bob Dylan Ideen, Gefühle und Lyrik. Er inspiriert bis heute Menschen in aller Welt, wie der Geschichtsprofessor und Dylan-Experte Sean Wilentz von der berühmten Princeton-Universität im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt. Der Musiker, der vor 75 Jahren als Robert Allen Zimmerman zur Welt kam, sei ein „großartiges amerikanisches Kulturgut“.

Frage: Welche Bedeutung hat Bob Dylan heute?

Antwort: Er ist einer der großen – wenn nicht der größte – Songschreiber des 20. und 21. Jahrhunderts, die dieses Land  hervorgebracht hat. Und seine Arbeit, damals wie heute, inspiriert, gefällt, unterhält und baut Menschen weltweit auf. Er ist ein großartiges amerikanisches Kulturgut und schreibt und performt weiterhin, sogar im fortgeschrittenen Alter von 75 Jahren. Es gibt sehr wenige Menschen wie ihn, sehr wenige Künstler, die erreicht haben, was ihm gelungen ist.

Frage: Hat Dylan Einfluss auf das derzeitige politische Klima in den USA, unter anderem auf die Präsidentschaftswahlen 2016?

Antwort: Auf alles, was aus dem linken Reformismus kommt, der sich entwickelnden Kultur, die er vor 50 Jahren stark geprägt hat. Er war beim Marsch auf Washington dabei und an vielen anderen Orten und schrieb Songs, die gelebt haben. Ich kann zwar nicht für sie sprechen, aber ich kann mir vorstellen, dass die jungen Menschen, die an der Kampagne für Bernie Sanders oder an der (Anti-Rassismus-)Bewegung „Black Lives Matter“ beteiligt sind, gar nicht anders können, als vom Werk Bob Dylans berührt zu sein. Die Songs, die er während der 60er geschrieben hat, sie leben – und da sie leben, können sie auch weiterhin inspirieren.

Frage: Was macht aus Dylan auch eine kulturelle und politische Kraft? Kann Musik Menschen und Gesellschaften verändern?

Antwort: Ich denke, Musik kann Menschen dazu inspirieren, die Gesellschaft zu verändern. Denn was Bob Dylan gemacht hat, vor allem in den 60ern: Ideen und Gefühle in Worte zu fassen, die andere Menschen nicht in Worte fassen konnten, und dies auf eine zugleich bewegende wie erklärende Art. (…) Die Sache an Dylan ist die, dass er nicht nur aufbaut, nicht nur wütend macht, er regt auch zum Nachdenken an.

Frage: Was bedeutet Ihnen Bob Dylan persönlich?

Antwort: Als ich in Greenwich Village in New York aufwuchs, (…) nicht allzu weit entfernt von dem Ort, an dem er anfing, da hat mich Dylans Arbeit schlichtweg erschüttert. Ich war erst 13 Jahre alt, doch sogar einem 13-Jährigen eröffnete er Gedanken, Bilder, Poesie, die man sonst nirgendwo zu hören bekam. Es gelang ihm, Poesie und Pop auf eine so erstaunliche Art zu verschmelzen, die noch immer erstaunt. Er war mein erstes Kultur-Idol.

Frage: Wenn Dylan Präsident der USA werden würde, was denken Sie, würde er sofort ändern?

Antwort: Dylan ist im Wesentlichen kein politischer Mensch. Eine der ersten Sachen, die er tun könnte, wäre zurücktreten. Er wollte niemals in irgendeiner Weise ein Anführer sein – er ist ein Künstler und hat nicht dieses politische Temperament. Also ich denke, dass er zuerst einen Song des Folksängers Hank Williams zur Nationalhymne machen und dann zurücktreten würde.

Frage: Eine letzte Anmerkung zu Dylans 75.?

Antwort: Alles Gute zum Geburtstag! Es macht mich glücklich, zur selben Zeit gelebt zu haben wie Bob Dylan. Eines der größten Geschenke meines Lebens.

ZUR PERSON: Sean Wilentz ist seit 1979 Geschichtsprofessor an der Princeton University. Seine Schwerpunkte sind US-Gesellschafts- und Politikgeschichte. 2010 veröffentlichte Wilentz das Buch „Bob Dylan und Amerika“, in dem er die Rolle dieses Singer-Songwriters in der US-amerikanischen Kulturgeschichte beleuchtet.

(dpa)

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