Eine besondere Gabe im Kampf gegen Krebs

Weltweit werden jährlich rund 71.000 Neuerkrankungen von Brustkrebs diagnostiziert. In Kolumbien ist er aufgrund veralteter Diagnosegeräte eine der häufigsten Todesursachen mit jährlich 7000 Neuerkrankungen und 2500 Todesfällen. 
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Protest gegen Brustkrebs in Bogota, Kolumbien.Foto: GUILLERMO LEGARIA/AFP/Getty Images
Epoch Times30. Januar 2018

Leidy García wachte eines Morgens auf und hatte ihre Sehkraft verloren. Ein Blutgerinnsel im Hirn ließ die Studentin 2011 fast völlig erblinden, ihr Ingenieurstudium musste sie aufgeben.

Francia Papamija traf es bereits im Alter von sieben Jahren. Sie erblindete damals infolge einer Netzhautablösung. Heute arbeiten die beiden Kolumbianerinnen, deren Tastsinn durch ihre Blindheit geschärft wurde, in der Brustkrebs-Früherkennung. Sie wurden zu medizinischen Assistentinnen ausgebildet, die mit der Methode eines deutschen Arztes früh und ohne teure Apparate erste Anzeichen von Brustkrebs ertasten.

Weltweit werden jährlich rund 71.000 Neuerkrankungen von Brustkrebs diagnostiziert. In Kolumbien ist er aufgrund veralteter Diagnosegeräte eine der häufigsten Todesursachen mit jährlich 7000 Neuerkrankungen und 2500 Todesfällen.

García und Papamija gehören zu den fünf sehbehinderten Frauen, die mit der Methode des deutschen Arztes Frank Hoffman arbeiten. Dieser erkannte, dass Blinde früh die Knötchen erfühlen, die erste Symptome der Krankheit sein können. Die in Deutschland und Österreich getestete Methode wurde mit Unterstützung der lateinamerikanischen Entwicklungsbank CAF in Südamerika eingeführt.

„Sehbehinderte sind sensibler“, betont Luis Alberto Olave, Chirurg und Koordinator des Projekts „Hands Save Lives“ (Hände retten Leben) in der San-Juan-de-Dios-Klinik in Cali. „Sie haben einen besser entwickelten Tastsinn.“

Die fünf Frauen zwischen 25 und 35 untersuchten seit ihrer Ausbildung mehr als 900 Patientinnen – und kämpfen gleichzeitig ständig gegen ihre eigene Diskriminierung: „Die Leute glauben, dass wir nicht denken oder selbständig handeln können, weil wir eine Behinderung haben“, sagt die 35-jährige Papamija.

Dabei erkannten die Mediziner im Krankenhaus schnell, dass die Untersuchungen der blinden Assistentinnen bessere Ergebnisse erzielten als normale Tests. Und Olave sieht noch einen anderen Effekt: „Ihre Untersuchung ist aufwändiger und erfordert mehr Zeit. Bei unseren Patientinnen erzeugte dies Wohlbefinden und Trost, was bei einem Arzt mit traditionellen Methoden nicht der Fall war.“

Klinischen Untersuchungen zufolge kann eine Frau bei der Selbstuntersuchung 15 bis 20 Millimeter große Knötchen finden, ein Arzt zehn Millimeter große und die Sehbehinderten bereits acht Millimeter große Geschwulste. Während in den Industrieländern regelmäßige Mammographien weit verbreitet sind, fehlen in Kolumbien oft die entsprechenden Geräte, was die Tastmethode umso wichtiger macht. „In Entwicklungsländern mit eingeschränkter Diagnostik-Technik für Brustkrebs ist die manuelle Untersuchung weiterhin von großer Bedeutung“, sagt Olave.

„Menschen, die gut sehen, lassen sich von dem leiten, was sie sehen. Ich orientiere mich sehr an dem, was ich ertaste und höre“, sagt die 26-jährige García. Sie sucht die Brüste der Patientinnen nach Zysten und Knoten ab und markiert verdächtige Stellen mit gelb-rotem Klebeband. Bei einem Knötchen verständigt sie einen Arzt, der Untersuchungen auf Krebsgewebe veranlasst. Laut Olave erweisen sich jedoch nur zehn von hundert in den Untersuchungen entdeckten Knoten als bösartig.

Während herkömmliche ärztliche Untersuchungen meist innerhalb von zehn Minuten beendet sind, dauern die manuellen Untersuchungen von García und ihren Kolleginnen bis zu 45 Minuten. Viel Zeit, um einander besser kennenzulernen. Manche Patientinnen seien neugierig, andere misstrauisch, manche schwiegen, andere erzählten ihr ganzes Leben, erzählen die Assistentinnen.

Vor ihrem Einsatz im „Hands Save Lives“-Projekt waren García und Papamija arbeitslos wie 62 Prozent der 500.000 Sehbehinderten Kolumbiens – die Quote ist nach Angaben des Nationalen Blindeninstituts sieben Mal so hoch wie der landesweite Durchschnitt in dem 48-Millionen Einwohner-Land. Für García war der Job „ein Geschenk des Himmels“. Dieses Jahr bekommen noch mehr sehbehinderte Frauen eine Chance: Olave will weitere Tastuntersucherinnen einstellen. (afp)



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