Wenn du es eilig hast, trainiere langsam

Body Focus – Wie man mit 20 Minuten wöchentlicher Trainingszeit seinen Körper in Topform bringt
Titelbild
Foto: Eggert Barwich
Von 24. Januar 2016

Klingt das nicht zu schön, um wahr zu sein? Zwanzig Minuten Trainingszeit pro Woche sollen reichen – vollkommen genügen – um sich schlank, gesund und leistungsfähig zu trainieren.

Das behauptet Mario Adelt. Er ist Trainer und Geschäftführer von Body Focus in Hamburg, ein Fitnesscenter für „hocheffizientes Personal-Training“. Diesen Fitnesstrainer stelle man sich nicht vor wie einen dieser „Schränke“ mit Stiernacken, die pfundweise Proteinkapseln vertilgen und bei denen man befürchtet, dass sie einem beim Händeschütteln die Fingerknochen zerbröseln.

Die Trainer bei Body Focus sehen aus, wie man selbst aussehen möchte: Wohlproportioniert, mit einer elastischen, perfekten aufrechten Haltung. Nur zufällig sieht man bei manchen Bewegungen am Ärmel des T-Shirts den kräftigen Bizeps hervorkugeln. Die unaufdringlich elegante Kraft einer Raubkatze. Wie oft Adelt selbst trainiert? Nur alle acht bis zehn Tage. Denn er trainiere in seinen 20 Minuten so intensiv, dass der Körper sich auch länger erholen müsse.

Unglaublich.

So trainiere auch die Business-Elite in New York. In Deutschland ist dieses Trainingsangebot neu.

Versuch macht klug

Versuch macht klug, heißt es so schön. Nach drei Terminen sollte man schon einen Effekt merken, verspricht Adelt. Wir verabreden drei aufeinanderfolgende Montage.

„Nimm dir ein Handtuch mit!“, ist der Rat einer Freundin, die ein- bis zweimal pro Woche beim Krafttraining schwitzt. Ihr Aufwärmprogramm auf dem Laufband ist schon 20 bis 45 Minuten lang. Hätte ich so viel Puste, würde ich Joggen gehen. Doch Ausdauer habe ich bisher nur am Schreibtisch bewiesen.

Ein Laufband sehe ich bei Body Focus zu meiner großen Erleichterung nicht. Stattdessen stehe ich beim ersten Termin zunächst auf einer Art Personenwaage, die meinen Grundstoffwechsel und meine Körperzusammensetzung misst: Muskelgewebe, Körperfett, Knochenmasse und Wasser. Die Werte seien alle im grünen Bereich und entsprechen dem einer 16 Jahre jüngeren Person. Charmantes Gerät.

Besser wäre jedoch mehr Muskulatur, meint der Trainer. „Die Muskulatur ist das straffste Gewebe, das wir haben. Sie ist somit für die Silhouette entscheidend, die Haltung und Form des Körpers“, erklärt er. Wer schlank sein will, für den mache es keinen Sinn, sich nur herunterzuhungern. Denn ein großer Teil des abgenommenen Gewichts war dann nicht nur Fett, sondern Muskulatur und Wasser. Manche nähmen bei extremen Diäten sogar Knochenmasse ab – wenn die Diät nicht mit Sport verbunden wird.

Angepasst wie ein Maßanzug

Also ran an die Geräte. Die MedX-Trainingsmaschinen sehen auf den ersten Blick nicht viel anders aus als jene in herkömmlichen Fitnesscentern. Doch es seien die kleinen Unterschiede, die für die hohe Intensität des Trainings entscheidend sind, sagt Adelt und gewährt mir einen Blick ins Innenleben. Die Kraftübertragung ist so konzipiert, dass der Ablauf an den verschiedenen Positionen der Bewegung unterschiedlich schwer abläuft, weil auch die Muskeln und Gelenke nicht an allen Positionen gleich stark sind. Dadurch könne man den Körper verschleißfrei trainieren. „Man sieht oft Leute in den Fitnessstudios sehr reißende, schnelle Bewegungen machen. Mit dem Schwung wollen sie sich über den schwachen Punkt hinweghelfen“, bemerkt der Physiotherapeut. Und dieser Schwung gehe bei jenen aufs Konto der Gelenke.

Nicht nur an die sogenannten Kraftkurven sind die Geräte angepasst. Diese Maschinen kann man optimal auf den Menschen einstellen. „Anpassen, wie einen Maßanzug“, nennt Adelt das.

Eingespannt

Den maximalen Trainingseffekt bei minimalem Aufwand hat man nur, wenn man die Übungen genau ausführt und nur die Muskeln für eine Bewegung einsetzt, die trainiert werden sollen. Damit der Körper sich zum Beispiel nicht automatisch mit Bein- und Gesäßmuskulatur hilft, wenn er nur den Rücken trainieren soll, werden Beine und Becken am Gerät so eingespannt, dass man nicht mehr „schummeln“ kann. Zudem achtet der Trainer ganz genau darauf, dass die Bewegung korrekt und im richtigen Tempo ausgeführt wird.

Fitness zwischen zwei Terminen

Das kann schon mal etwas anstrengend werden, doch das Frottiertuch brauche ich nicht. Der Trainingsraum am Gänsemarkt ist auf 17 Grad Celsius temperiert. „Das hat den Effekt, dass man wesentlich ermüdungsärmer trainiert“, erklärt der Physiotherapeut. Und so kommt man nicht so leicht ins Schwitzen. „Man kann tatsächlich, wenn man es eilig hat, – in der Mittagspause oder zwischen zwei Terminen – eben das Jackett ablegen, den Kragen aufmachen und sofort loslegen“, sagt Adelt.

Feinarbeit

Bei aller Zeitersparnis: die Übungen werden ganz langsam und konzentriert ausgeführt. „Langsamer, hier die Spannung halten und jetzt schön langsam wieder zurück.“ Freundlich und diskret leise ist Stimme des Trainers. Und den aufmerksamen Augen des Physiotherapeuten entgeht nichts, was nicht so ist, wie es sein soll: Sind die Füße gleichmäßig aufgesetzt? Oder auch: „Vergessen Sie das Atmen nicht.“ Die Gewichte hat der Trainer so eingestellt, dass bei jedem Gerät nach 60 bis 90 Sekunden die Kraft an ihre Grenze kommt. Wenn Arme oder Beine zittern, sind noch ein, zwei Wiederholungen drin. „Langsamer“, werde ich wieder höflich ermahnt.

Mit weichen Knien erfrischt

Und schon bin ich fertig. – Aber nicht „völlig fertig“, wie ich es vorher etwas befürchtet hatte. Eigentlich könnte ich das Training noch fortführen. Doch habe ich eh noch anderes zu tun, als mich körperlich zu erschöpfen und für die körperliche Fitness soll es ja genug sein.

Die Treppe hinunter stelle ich über mich selbst lachend fest, dass die Muskeln doch etwas ermüdet sind: Die Knie sind weich, wie wenn man nach einer längeren Fahrradtour vom Fahrrad steigt. Auch fühlen sich die Arme für den Rest des Tages wie Gummi an. Ansonsten fühle ich mich gut durchblutet und erfrischt.

Der Morgen danach

In den letzten Monaten des Bewegungsmangels hatte ich schon geglaubt, je älter man wird, umso schwerer würde es, mit – nehmen wir ruhig mal das alte Wort – Leibesertüchtigungen wieder anzufangen. Denn jede meiner immer seltener werdenden sportlichen Aktivitäten wurde mir mit übelstem Muskelkater quittiert – wodurch ich im Alltag nicht frischer, sondern ganz im Gegenteil durch den Schmerz müder war. Wie werde ich mich dann nach einem Intensiv-Training fühlen? Bestens. Kein wie-gerädert-Gefühl. Nur ein leichter Muskelkater erinnert mich daran, dass ich mein wöchentliches Fitnessprogramm bereits hinter mir habe.

Diskret

Zum zweiten Termin komme ich ein paar Minuten zu spät. Um Zeit zu sparen, verzichte ich aufs Umziehen und trainiere in der Bluse. Dank der Klimaanlage ist das kein Problem – und dank der kontrollierten Bewegungen brauche ich auch nicht zu fürchten, dass die Bluse reißen könnte.

Es gibt auch niemanden, der meine unpassend anmutende Sportkleidung missbilligend mustern könnte, denn in den zwei durch gespannte Segel voneinander abgetrennten Trainingsräumen trainiert jeder ganz für sich. Wie angenehm. Wer möchte schon von einem Geschäftpartner oder anderen Bekannten oder Unbekannten entdeckt werden, wenn bei der letzten Wiederholung die Arme zittern? In den 20 Minuten des Trainings gehören alle Geräte – mitsamt dem Trainer – dem Trainierenden allein. Ebenfalls eine abschließbare Umkleidekabine mit eigener Dusche.

Das hat selbstverständlich seinen Preis: zwischen 55 Euro für einen Einzeltermin und 39,90 Euro für den günstigsten Paket-Preis kostet die halbe Stunde (inkl. Umziehen).

Mehr im Körper

Auf die seitlich drehende Bauchmuskelübung hatte ich mich schon gefreut: Das Kribbeln im Bauch durch die bessere Durchblutung fühlt sich an wie das Glücksgefühl im Bauch. Überhaupt fühle ich mich durch die lang vermisste Bewegung wieder mehr in meinem Körper. Lebendiger und präsenter.

„Auch wenn es schwer wird, nicht mit Schwung, sondern langsam und lieber eine Bewegung weniger.“ Selbst beim dritten Termin lässt die Wachsamkeit meines Trainers nicht nach.

Die Treppen nach unten nehme ich dieses Mal mit relativ stabilen Knien. Und das Gummigefühl in den Armen setzt erst nach einen halben Stunde ein.

Etwas unschlüssig, ob ich mich gleich an den Computer setzen oder erst etwas essen soll, stemme ich meine Hände in die Seiten. – Und bemerke: Die Taille fühlt sich schon ordentlich fest an. Tatsächlich: Nach dem dritten Mal merkt man Veränderungen.

Ganz ohne Schmerz spüre ich meine Schultern. Sie sind mir einfach mehr bewusst. Und dadurch fällt mir auf, wenn ich am Schreibtisch eine vermutlich gewohnte schlechte Haltung mit rundem Rücken und nach vorne hängenden Schultern einnehmen will. Es fühlt sich einfach nicht so gut wie eine gerade Haltung an und somit korrigiere ich.

Nach Feierabend im Spaghettiträgertop, die nächste Entdeckung beim Binden des Zopfes: Die Schulter-Arm-Partie hat Form bekommen. Adelt hat nicht zu viel versprochen: dieses – eigentlich sanfte – Training ist hocheffizient.

Foto: Eggert Barwich


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