Wie Wissenschaftler beim Pfirsisch abschauen, um Saatgut zu beizen

Chemiker der ETH Zürich haben eine neue Beiz-Methode entwickelt, die das Abwehrsystem von Pfirsischen und anderen Kernobsten gegen Fressfeinde kopiert.
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Die Forscher haben beim Pfirsisch abgeschaut.Foto: Thomas Francois/fotolia.com
Epoch Times25. Mai 2016

In China gilt der Pfirsisch als Symbol der Unsterblichkeit. Das Obst mit dem weichen Fruchtfleisch hat einen harten Kern. Darin verbirgt sich Amygdalin, eine Substanz, die im Magen in giftige Blausäure zerfällt. So werden Fressfeinde abgeschreckt. Wissenschaftler haben diese Funktionsweise auf das Beizen von Saatgut übertragen, was Pestizide einsparen helfen kann.

Chemiker aus der Forschungsgruppe von Wendelin Stark an der ETH Zürich haben nun das Abwehrsystem von Pfirsisch, Bittermandeln und Konsorten im Labor kopiert. Sie entwickelten für Saatgut eine Beizung, die genauso wirksam ist und ähnlich funktioniert wie das natürliche Vorbild, die Keimung der Samen jedoch nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus ist die Beizung biologisch abbaubar. Die entsprechende wissenschaftliche Publikation erschien dieser Tage in der Fachzeitschrift „Journal of Agricultural and Food Chemistry“.

Beim Knabbern entsteht Blausäure

Um die wirksamste Beize zu bestimmen, testeten die Forscher verschiedene Schichtfolgen. Eine Schicht enthält Amygdalin. Frisst sich nun eine Insektenlarve durch diese Schichten hindurch, setzt sie erst das Amygdalin frei, dann ein Enzym. Die beiden Substanzen vermischen sich, das Enzym baut Amygdalin zu Blausäure (Cyanid) ab. Diese verdirbt der Insektenlarve den Appetit – oder tötet sie.

Test an Schadinsekten erfolgreich

Die Forschenden haben in Zusammenarbeit mit dem Julius Kühn Institut in Berlin die Wirkung ihrer Beizung an mehreren Getreideschädlingen getestet. Gegen Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor), der Dörrobstmotte (Plodia interpunctella) und des Getreidekapuziners (Rhizopertha dominica) wirkte das Bittermandel-Abwehrsystem sehr gut. Der Getreidekapuziner ist ein Käfer, der weltweit in Weizenspeichern große Schäden anrichtet.

Auf gebeiztem Saatgut schlüpften deutlich weniger erwachsene Käfer und Motten als auf unbehandeltem. Sie vermehrten sich weniger stark, auch wuchsen die Larven langsamer, weil sie weniger fraßen.

Die Beschichtung hielt jedoch nicht alle Schadinsekten davon ab, an den Weizenkörnern zu knabbern: Gegen den Getreiderüssler (Sitophilus granarius) wirkte diese Beizung nicht. Diese Art von Käfer legt seine Eier nicht auf die Körner, sondern bohrt sie in diese hinein und verschliesst das Bohrloch. Die Larven fressen das Weizenkorn dann von innen her auf. Dadurch kommen sie nicht mit der Beizung in Kontakt.

Die Forscher konnten überdies mit Labor- und Feldversuchen zeigen, dass die Beize die Keimung der Weizenkörner nicht störte. Im Labor keimten 98 Prozent der behandelten Körner. Auf dem Acker keimten diese zwar etwas später als unbehandelte, und die Keimlinge entwickelten sich zu Beginn des Wachstums langsamer. Dieses anfängliche Defizit konnten die Weizenpflänzchen später jedoch aufholen.

Möglicher Ersatz für Pestizide

„Wir haben aufgezeigt, dass diese neuartige Beizmethode funktioniert: Sie schützt die Körner vor Insektenfrass, und die Körner sind auf dem Acker brauchbar“, sagen die Autoren der Studie. Die Beizung mit dieser Methode sei vom Verfahren her so einfach wie die mit Spritzmitteln. Auch überstiegen die Kosten der neuen Methode die von Insektiziden nicht wesentlich.

Die ETH-Forscher sind davon überzeugt, dass diese Art des Beizens auf das Saatgut anderer Nutzpflanzen übertragen werden kann. „Die Methode hat das Potenzial dazu, gewisse synthetische Pestizide zu ersetzen“, meint Carlos Mora. „Die Beize ist nicht nur komplett biologisch abbaubar, sie sichert auch die Qualität des Saatguts bei der Lagerung.“ (idw-online.de/kf)



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