Mit Kolossalfiguren, Engeln und Adlern im Bunde für das Berliner Stadtschloss

Steinbildhauer Matthias Körner im Gespräch mit Epoch Times über das Erwecken einer untergegangenen Welt - Atelierarbeiten zur Fassadengestaltung des Berliner Schlosses.
Titelbild
Foto: Ingrid Wittig/The Epoch Times Deutschland
Von 22. Mai 2010

Über den Steinbildhauer Matthias Körner und seine künstlerische Begabung liest und hört man in den Jahren seiner Arbeit für den Förderverein des Berliner Schlosses viel Positives: So wird er als „Herr der Engel“ bezeichnet und als der Mann, der dem Berliner Schloss wieder ein Gesicht geben wird. Im Kreise seiner Kollegen wird er respektvoll „unser Chefbildhauer“ genannt.

Matthias Körner winkt ab. Er will davon nicht viel wissen. Er versucht Vieles zu regeln aus der so genannten zweiten Reihe. Bei der Gestaltung der Fassade des Berliner Schlosses ist für ihn das originalgetreue künstlerische Ergebnis aller plastischen Nachbildungen aus der Ursprungszeit des Barocks wichtiger. Er stellt hohe Anforderungen an sich selbst und glaubt an Erstklassigkeit ohne Kompromisslösungen.

Am liebsten verbringt er die Zeit mit den Skulpturen in seinem Atelier im Berliner Bezirk Wedding. An diesem Ort hat er einem Gespräch mit der Epoch Times mit einem freundlichen Lächeln zugestimmt.

Epoch Times: Was tun Sie in Ihrem Atelier besonders gern?

Matthias Körner: Ich genieße es hier zu sein.

Hier fühle ich mich wohl. Natürlich brauche ich Disziplin. Das ist mein privates Unternehmen, das muss betriebswirtschaftlich tragfähig sein. Wir sind an feste Termine für die Rekonstruktion des Schlosses gebunden. Ich muss sehen, dass ich meinen Teil schaffe, den ich mir vorgenommen habe. So vergehen täglich zwischen 10 bis 14 Stunden an diesem Ort.

Mein Tagesgeschäft beginnt jeden Morgen zwischen 9.00 und 10.00 Uhr. Ich gehe durch das Atelier, gieße Blumen, besprühe die Bonsais und Orchideen.

Danach packe ich das zu modellierende Stück aus seiner Schutzhülle aus, befeuchte es und schaue es mir in aller Ruhe an. Mit dem Abbild des fertigen Objektes im Kopf, geht’s weiter, an der Stelle, an der ich am Vortag aufgehört habe oder da, wo mir etwas Veränderungs-würdiges auffällt.

Auf diesem Gelände befindet sich noch ein weiteres Atelier, in dem Kollegen an Ornamenten für die Schlossfassade arbeiten. Der Wiederaufbau des Schlosses stellt höchste Anforderungen an uns, deshalb pflegen wir den fachlichen Austausch und ich biete gern meine Unterstützung an. Wunderbar ist, dass bei uns im Team die Chemie stimmt.

Epoch Times: Sie arbeiten bereits sieben Jahre für den Förderverein des Berliner Schlosses, was hat sich in dieser Zeit Ihres Schaffensprozesses verändert?

Körner: Die Perspektive auf das Projekt. Vor der Genehmigung des Wiederaufbaus gab es eine Zeit, in der viel Konfrontation zu spüren war. Besonders dann, wenn die Frage anstand, ob der Neubau des Berliner Schlosses tatsächlich zu verwirklichen ist. Wir wurden immer dazu angehalten, trotz Ungewissheit weiter zu machen, weil wir für die Fassadenstücke des Schlosses jahrelangen Vorlauf benötigen. Wenn wir jetzt nach der Bestätigung des Wiederaufbaues erst angefangen hätten zu konzipieren und zu modellieren, wäre es ein aussichtsloses Unterfangen all das zu erneuern, was im Krieg oder durch die Sprengung des Schlosses an plastischen Elementen untergegangen ist.

Epoch Times: Was war vor sieben Jahren anders?

Körner: Vor sieben Jahren war kein Atelier da. Nach dem Hinterhofatelier in Pankow und den Uferhallen in Berlin Gesundbrunnen ist das jetzt das dritte Atelier, in dem ich arbeite.

Die Ateliergröße hat sich den Aufträgen angepasst. Die Objekte für die Schlossfassade werden im Maßstab 1:1 zuerst in Ton modelliert.

Zu Beginn arbeiteten wir am Programm der Fensterachsen, am Wappenschild des Kurfürstengeschosses, an Widderköpfen, Girlanden und Adlern. Im zweiten Schritt entstanden größere Stücke, wie die Kolossalfigur Burusia, die Königsarmatur für Portal I und Balkonplatten des Portales IV und V des Schlosses mit Adlern, die ein Wappenschild haben, und vier bis fünf Meter lang sind.
Für den dritten Schritt war das jetzige Atelier erforderlich, um zum Beispiel Fama, die Göttin des Ruhmes mit dem Schriftband des Triumphbogens im Portal III des Schlosses entstehen zu lassen.

Epoch Times: Was macht für Sie den besonderen Reiz Ihrer künstlerischen Wirkens aus?

Körner: Der Hauptreiz für mich ist die konzeptionelle Arbeit. Man muss sehr präzise auf die untergegangene Welt, ihre Formen und ihren Stil eingehen. Ich möchte schon, dass in den mehreren tausend Objekten, die am Ende fertig sein müssen, der Geist der alten Zeit zu sehen und zu spüren ist.

Epoch Times: Viele Adler hatten am Schloss einst ihren Platz. Müssen sie alle einzeln in Ton modelliert werden?

Körner: Ja, jeder Adler sieht anders aus. 47 saßen hoch oben in der Balustrade des Schlosses. Die Spannweite ihrer Flügel richtet sich nach dem Abstand der Fenster zueinander. Jeder Adler muss, wie alle anderen Objekte, zunächst in Ton modelliert werden, dann folgt der Gipsabdruck und danach die Sandsteinplastik, die in die Fassade eingefügt wird.

Epoch Times: Haben Sie bei der Umsetzung Ihrer künstlerischen Arbeit Fachberater an Ihrer Seite?

Körner: Ich wollte immer, dass ich jemanden an der Seite habe, der bei den Arbeiten mein Korrektiv bildet und kollektiver Berater ist. Den habe ich in Dr. Kessler vom Berliner Bodemuseum gefunden. Er ist Fachexperte des römischen Barocks und hat sich viel mit dem preußischen Barock des 17. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Wir ergänzen uns sehr gut. Da er eine andere Entwicklung hat als ich, fallen ihm an den modellierten Objekten auch andere Details auf. Es ist schön, dass er mir Ratschläge geben kann. Die Verantwortung für die Arbeit muss ich am Schluss allerdings alleine tragen.

Epoch Times: Was ist Ihr jetziger Arbeitsschwerpunkt?

Körner: Ich beschäftige mich seit drei Jahren nur noch mit figürlichen Arbeiten in Ton. Beim Modellieren denke ich auch an die Kollegen, die später in der Berliner Schlossbauhütte die Einzelteile in Stein kopieren werden, deshalb nehme ich bereits bei meinen Arbeitsgängen Werkzeuge, die dann beim Kopieren in Stein zum Einsatz kommen. Damit setze ich ein Zeichen für den Einsatz der jeweiligen Bearbeitungswerkzeuge für die Oberflächen der jeweiligen Einzelteile, zum Beispiel für die Federn des Adlers, seine Flügel oder den Faltenwurf eines Gewandes.

Epoch Times: Wozu werden Bozzetti angefertigt? [Anm.: Der Bozzetto (it. bozzetto, Verkleinerungsform von bozza „roher Stein; Entwurf“]

Körner: Sie dienen als Modelle oder auch Studien. Themen die von mir zu bearbeiten sind, werden an ihnen durchgespielt. Ich kann an ihnen ausprobieren, wie das Original aussehen wird. Die Anatomie der Figuren, ihre Kleidung, ihre Gesichter, alles wird durchgespielt, um danach die Objekte in Originalgröße zu modellieren.

Inzwischen sind viele Bozzetti aus Keramik entstanden. Ich habe mir jetzt einen Brennofen gekauft, um sie zu erhalten. Jedes Modell wird, nachdem es als Vorlage diente, vorsichtig abgebaut, getrocknet und gebrannt.

Epoch Times: Für Ihre Arbeit sind umfangreiches Fachwissen und Erfahrung erforderlich. Wie haben Sie das geschafft?

Körner: Preußen im 17. Jahrhundert ist eine untergegangene Welt. Über Jahrzehnte habe ich mir Wissen autodidaktisch angeeignet, viel erarbeitet über lange Zeit, alle Barockformen in Europa studiert und praktisch geübt, geübt und nochmals geübt. Das heißt, ich musste aus meinem Beruf als Steinbildhauer raustreten, mich gezielt mit Anatomie und mit klassischen Barockformen europaweit befassen. Ihre Differenzierungen und Eigenheiten kennen lernen. Ich hatte die Zuversicht, dass irgendwann die Chance kommt, wo ich die Aufgabe erhalte, all mein Wissen miteinander zu verbinden. Der Moment ist jetzt gekommen.

In diese physische Kunst des Modellierens kommt auch der Geist beim konkreten Machen. Ich nehme zum Beispiel ein 10 Kilo-Paket Ton, fasse da hinein und versuche etwas zu modellieren, was stimmig ist. Das ist das Schwerste. Alles verdichtet sich im praktischen Tun. Die größte Tugend, die man braucht, ist Geduld.

Epoch Times: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Ingrid Wittig.

Foto: Ingrid Wittig/The Epoch Times Deutschland


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