2,53 Millionen Arbeitslose. Ja. Aber. Und.

Die Arbeitsagentur meldet, dass 2,533 Millionen Menschen im Jahr 2017 arbeitslos waren. Dabei wurden nur 22,5 Prozent der Hartz-IV-Bezieher als Arbeitslose mitgezählt. Ein Blick in den Arbeitsmarktbericht.
Von 3. Januar 2018

Die Arbeitsagentur meldete heute, dass die Arbeitslosenzahlen ein Rekordtief erreicht haben. So schreibt die Agence France-Presse (AFP): „Noch nie seit der Wiedervereinigung war die Zahl der Jobsuchenden im Jahresdurchschnitt so niedrig wie im Jahr 2017“. AFP bezieht sich auf den Arbeitsmarktbericht der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit.

So seien 2017 durchschnittlich 2,533 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos gewesen und damit 158.000 Jobsuchende weniger als im Jahr 2016.

Schauen wir genauer hin. Vorsicht: Zahlen.

Ein erster Blick in den Arbeitsmarktbericht

Dem Bericht ist zu entnehmen, dass im Dezember 2017 insgesamt 2.384.961 Menschen arbeitslos (Begriffsklärung lt. Arbeitsagentur siehe unten) waren. Die Zahl, die die AFP nannte, stellt den Jahresdurchschnitt dar: 2,533 Millionen Menschen.

Bleiben wir bei den konkreten Zahlen aus dem Arbeitsmarktbericht:

Im Dezember waren 2.384.961 Menschen arbeitslos. Davon sind 1.754.383 Deutsche und 624.261 Ausländer.

Und gleich in der Nähe, ein paar Tabellenspalten zuvor, steht eine ebenfalls interessante Zahl:

Im Dezember 2017 waren 4.595.509 Menschen arbeitssuchend gemeldet. Davon sind 3.192.527 Deutsche und 1.387.433 Ausländer.

Arbeitslos oder arbeitssuchend: Wo ist der Unterschied?

Wo ist der Unterschied zwischen arbeitssuchend und arbeitslos? Ein Arbeitssuchender muss nicht unbedingt arbeitslos sein, es könnte auch sein, dass er einfach einen besseren Job sucht. Jedoch hat er sich bei der Arbeitsagentur gemeldet, vielleicht weil er innerhalb der nächsten drei Monate arbeitslos wird.

Der Vorteil einer Meldung als Arbeitssuchender ist, dass Kranken- und Sozialversicherung gezahlt wird und man Arbeitslosengeld über einen bestimmten Zeitraum bekommt. Der Nachteil ist, dass man der ARGE zur Verfügung stehen muss. Das kann für Beratungsgesprächen oder für Weiterbildungsmaßnahmen sein. 

Und noch einige Spalten weiter sind diejenigen Menschen beziffert, die eine „Unterbeschäftigung“ (Begriffsklärung siehe unten) ausüben oder in ihrer Selbstständigkeit gefördert werden.

Insgesamt sind demnach 10,38 Millionen bei der Arbeitsagentur in verschiedenen Bereichen erfasst. Davon sind (gerundet) 70 Prozent Deutsche und 30 Prozent Ausländer.

10,38 Millionen Menschen

Quelle: Meldung der Arbeitsagentur, https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/Migrations-Monitor-Arbeitsmarkt-Eckwerte-Bundesebene-mit-Quoten.xlsm /// Grafik: Epoch Times

32,79 Millionen Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts für November lag die Zahl der Erwerbstätigen bei 44,74 Millionen. Laut Arbeitsagentur waren im Oktober 32,79 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Verrechnet man die 44,74 Millionen lt. dem Statistischen Bundesamt mit den 32,79 Millionen der Arbeitsagentur erhält man 11,96 Millionen Menschen, die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Das sind knapp 1,6 Millionen Menschen mehr, als die 10,38 Millionen Menschen, die bei der Arbeitsagentur erfasst sind. Woher diese Differenz kommt ist noch unklar.

Ein Blick auf Hartz IV: 22,5 Prozent werden als Arbeitslose gezählt

Weiterhin ist der Tabelle der Arbeitsagentur zu entnehmen, wie sich die Zahlen aufsplitten: So unterteilen sich die 4,5 Millionen Arbeitssuchende in

  • 1,522 Millionen Menschen im Bereich des SGB III / Arbeitslosengeld 1 und
  • 3,073 Millionen Menschen im Bereich des SGB II / Hartz IV (siehe unten).

Jedoch gibt es – rechnet man alle Bereiche des SGB II zusammen – insgesamt 7 Millionen Menschen mit Hartz IV (siehe Tabelle unten)

In den 7 Millionen Hartz-IV-Empfänger sind auch die sogenannten „Aufstocker“ enthalten. Das heißt, diejenigen, die zum Teil Vollzeit arbeiten, aber deren Lohn unter der Bemessungsgrenze liegt. Dort zahlt der Staat (der Steuerzahler) das nach, was die Unternehmer eigentlich zahlen müssten.

Fazit: Nach dieser Gesamtzahl wurden nur 22,5 Prozent der Hartz-IV-Bezieher als Arbeitslose gezählt.

Unklar bleibt eines: Im Bericht der Agentur gibt es eine Extra-Tabelle zur Grundsicherung.

Diese führt 6.023.389 Menschen mit Rechtsanspruch auf Grundsicherung an (3.969.411 Deutsche und 2.017.683 Ausländer).

Das wären 26 Prozent der Hartz-IV-Berechtigten, die als arbeitslos gezählt werden. Die „fehlende Million“ könnte sich durch die Aufstocker erklären, doch es ist nicht ganz klar, wie gerechnet wurde.

Hier die Daten zum Selbstvergleichen und Weiterrechnen. Quelle: Arbeitsmarktbericht

Quelle: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikationen/Migrations-Monitor-Arbeitsmarkt-Eckwerte-Bundesebene-mit-Quoten.xlsm Grafik: Epoch Times

Sind die Zahlen international vergleichbar? Nein

Die Daten sind international nicht vergleichbar. International gelten die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation / ILO (siehe auch hier: Statistisches Bundesamt).

Die Ratifikation der ILO-Normen ist freiwillig. Die Regeln der ILO unterscheiden sich sehr stark von den deutschen Zählungen. Nach der ILO gilt jemand bereits nicht mehr als arbeitslos, wenn er mindestens eine Stunde pro Woche arbeitet.

Die aktuellen Arbeitslosenzahlen sind auch im Verlauf der Jahre nicht unbedingt vergleichbar, da die Berechnungsregeln immer wieder geändert wurden – wie weiter unten im Screenshot der Definition des Begriffes „Unterbeschäftigte“ zu sehen ist.

Definitionen: Arbeitslos, Arbeitssuchend, SGB II / SGB III und Unterbeschäftige

Die genaue Definition lauten laut Arbeitsagentur / Glossar (Quelle: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Glossare/Generische-Publikationen/AST-Glossar-Gesamtglossar.pdf):

Arbeitslose sind Personen, die
  • vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder nur eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben (Beschäftigungslosigkeit),
  • eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchen (Eigenbemühungen),
  • den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters zur Verfügung stehen, also arbeiten dürfen, arbeitsfähig und -bereit sind (Verfügbarkeit),
  • in der Bundesrepublik Deutschland wohnen,
  • nicht jünger als 15 Jahre sind und die Altersgrenze für den Renteneintritt noch nicht erreicht haben,
  • sich persönlich bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet haben.
Für Hilfebedürftige nach dem SGB II findet nach § 53a Abs. 1 SGB II die Arbeitslosendefinition des §16 SGB III sinngemäß Anwendung.

Arbeitssuchende sind lt. Glossar Personen, die

  • eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchen
  • sich wegen der Vermittlung in ein entsprechendes Beschäftigungsverhältnis bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter gemeldet haben,
  • die angestrebte Tätigkeit ausüben können und dürfen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben (§15 SGB III).
Bei den Arbeitsuchenden wird zwischen arbeitslosen und nichtarbeitslosen Arbeitsuchenden unterschieden.

SGB II bedeutet Grundsicherung nach Hartz IV.

Das SGB III bezieht sich auf eine Arbeitsförderung. Diese wird aus dem Arbeitslosengeld bezahlt, bei Arbeitslosigkeit greift normalerweise SGB III, dabei zahlt die Arbeitsagentur über einen bestimmten Zeitraum Arbeitslosengeld I. Die Arbeitsförderung soll dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen.

Als „Unterbeschäftige“ gelten (Siehe auch hier):

Was sind „Unterbeschäftigte“ lt. Arbeitsagentur? Foto: Screenshot/https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Grundlagen/Arbeitslosigkeit-Unterbeschaeftigung/Unterbeschaeftigung-Nav.html



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