Axt-Überfall in Bremen: Opfer enttäuscht über deutschen Rechtsstaat

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass ein in Bremen lebender Muslime bei einem Versöhnungsgespräch Opfer massiver Gewalt wurde. Das Verbrechen an dem heute 34-Jährigen ist bis jetzt noch nicht strafrechtlich aufgearbeitet. Der junge Muslime ist enttäuscht vom deutschen Rechtsstaat und geht davon aus, dass ein anderes Opfer noch leben könnte, hätte es eine rechtzeitige Verurteilung gegeben.
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In Bremen häufen sich Fälle der Gewalt unter ethnischen Gruppen. Die Ermittlungsverfahren kommen aber nur schleppend voran.Foto: Uli Deck/Symbolbild/dpa
Von 7. Februar 2017

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass ein in Bremen lebender Muslime bei einem Versöhnungsgespräch Opfer massiver Gewalt wurde. Das Verbrechen an dem heute 34-Jährigen ist bis jetzt  noch nicht strafrechtlich aufgearbeitet, wie der „Weser-Kurier“ berichtet.

Der junge Muslime ist vom deutschen Rechtsstaat enttäuscht. Damals wollte er nach einer Prügelei zwischen Bremer Jesiden und Muslimen Frieden stiften, traf sich dazu mit einem Mann vor einem Café in der Bremer Neustadt. Plötzlich bogen ein schwarzer BMW und ein silberfarbener VW Golf um die Ecke. „Ungefähr zehn Personen stiegen aus und stürmten auf mich ein“, erinnert sich der junge Mann. Wenig später lag er blutend auf dem Bürgersteig. An seinem Kopf klaffte eine tiefe Wunde, verursacht durch einen Hieb mit einem Beil.

Zusammenhang mit Totschlag eines Flüchtlingsjungen zu Silvester

Was der Sache nun wieder Aktualität verleiht, ist der Zusammenhang mit dem Tod des syrischen Flüchtlingsjungen Odai K.. Wie der Weser-Kurier weiter berichtet, war der 15-Jährige in der Silvesternacht im Blumenthaler Ortsteil Lüssum einer Gruppe jesidischer Kurden in die Quere gekommen. Aus noch ungeklärten Gründen verprügelten sie Odai so brutal, dass er einige Tage später im Krankenhaus verstarb.

Zwei der mutmaßlichen Täter, die seit 10. Januar in Untersuchungshaft sitzen, sollen auch am Überfall des Muslimen vor zweieinhalb Jahren beteiligt gewesen sein. Bewiesen ist das allerdings nicht, obwohl das Opfer seine zwei Angreifer identifiziert haben soll. Freunde hätten ihm einige Tage nach der Tat Bilder mutmaßlicher Täter gezeigt. Auf ihnen habe er die zwei jesidischen Kurden erkannt und dies später auch gegenüber den Ermittlern so angegeben. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Ende Januar kundgetan, dass wegen mangelnder Beweise das Ermittlungsverfahren gegen die Männer aus Bremen-Nord nicht in einer Anklage münden wird. Verstehen kann das Opfer das nicht.

„Mann, was seid Ihr für Schweine“

Schon gar nicht, weil der junge Mann der Meinung ist, dass das letzte Opfer noch leben könnte, wenn die mutmaßlichen Täter vom August 2014 hinter Gittern säßen. „Es tut mir sehr leid um den Jungen“, sagt der Muslime gegenüber dem Weser-Kurier. Er habe viel Kontakt zu jesidischen Kurden in Bremen-Nord. „Das sind ganz überwiegend nette, friedliche Leute. Die finden es schlimm, was diese Schlägertypen mir und Odai angetan haben. Aber es traut sich auch keiner, denen zu sagen: „Mann, was seid Ihr für Schweine.“

Inzwischen beschäftige der Fall auch die Politik. Der Bürgerschaftsabgeordnete Jan Timke (Bürger in Wut) hat einen ganzen Katalog von Fragen an den Senat gerichtet, die in der nächsten Sitzung der Innendeputation Anfang März beantwortet werden sollen. Timke möchte unter anderem wissen, wieso es den Ermittlungsbehörden trotz entsprechender Hinweise nicht gelungen sei, das Fahrzeug der Axt-Attentäter ausfindig zu machen.

Wie „Weser-Kurier“ unlängst berichtet hatte, gab es Aussagen des Vorsitzenden des Islamischen Kulturzentrums (IKZ), die im auffälligen Kontrast zur Darstellung der Staatsanwaltschaft stünden. „Wir haben der Polizei das Kennzeichen des beteiligten Autos gegeben und die Namen der Täter“, sagte Omar Habibzada damals. Das Opfer des Axt-Überfalls sei bei der Polizei gewesen, „um anhand von Fotos die Täter zu identifizieren“.

Einen Zusammenhang zwischen der Tat von 2014 und der Silvesternacht scheint es tatsächlich zu geben. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage hervor. Nun will der Abgeordnete auch wissen, ob Zeugen des Vorfalls vom August 2014 nach Erkenntnissen der Polizei unter Druck gesetzt wurden, um belastende Aussagen zu verhindern. Das Opfer selbst habe im Umfeld den Rat erhalten, die Dinge ruhen zu lassen.

Abschiebung statt Verurteilung

In Bremen scheint sich ein Krieg zu manifestieren. „Jesiden und IS bekriegen sich im Mittleren Osten, sie sind Todfeinde“, berichtete „Weser-Kurier“ zur Silvestertat. Laut einem Insider gäre in Bremen seit Längerem ein Konflikt „zwischen kurdischen Jesiden, von denen einige in Strukturen der verbotenen PKK-Organisation eingebunden sind, und salafistischen Islamisten.“

Doch statt Verurteilung wird wohl alles auf eine Abschiebung hinauslaufen. Innensenator Ulrich Mäurer ging am Dienstag in der Bürgerschaft am Rande einer sicherheitspolitischen Debatte auf den Lüssumer Fall ein. Er kündigte an, dass die in Untersuchungshaft sitzenden mutmaßlichen Lüssumer Täter nach ihrer Haftentlassung abgeschoben werden sollen. Sie sind türkische Staatsbürger. Wegen der Abschiebung habe die Innenbehörde bereits Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgenommen.

Siehe auch:

Bremen-Blumenthal: Wurde 15-jähriger Syrerjunge Opfer ethnischer Konflikte?



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