Trübe Aussichten: Ab 2030 droht fast jedem Zweiten Altersarmut

Dass die im Moment politisch diskutierte Lebensleistungsrente an der prekären Finanzlage vieler künftiger Rentner etwas ändere, sei kaum zu erwarten
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Senioren mit RollstuhlFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times12. April 2016

Deutschland steht vor einem erheblichen Zuwachs der Altersarmut: Fast jedem zweiten Bundesbürger, der ab 2030 in Rente geht, droht laut Recherchen und Berechnungen des WDR eine Altersversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterhalb der Armutsgrenze. Beinahe die Hälfte der Rentner wären dann möglicherweise abhängig von staatlichen Grundsicherungsleistungen, also faktisch Hartz-IV-Empfänger. Wichtigster Grund dafür ist dem Bericht zufolge das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente.

Von 2030 an soll es auf bis zu 43,5 Prozent des Durchschnittslohns der gesamten Lebensarbeitszeit fallen. Derzeit liegt das Rentenniveau noch bei knapp 48 Prozent. Das Abschmelzen der Rentenhöhe ist schon vor vielen Jahren unter der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder beschlossen worden. Der WDR-Prognose liegt eine Betrachtung zugrunde, die sich auf den heutigen Arbeitsmarkt und die Verteilung der Bruttoeinkommen stützt: Wenn man annimmt, dass diese Verteilung in den nächsten Jahren weitgehend stabil bleibt, dann verdient heute ein Großteil der Beschäftigten zu wenig, um später eine höhere Rente zu bekommen, berichtet der Sender.

Dass eine solche Betrachtung plausibel ist, bestätigen Ökonomen verschiedener Denkschulen, wie der Bremer Wirtschaftswissenschaftlicher Rudolf Hickel oder der Arbeitsmarktexperte Werner Eichhorst vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit: Beide weisen im WDR darauf hin, dass der Arbeitsmarkt derzeit in einer sehr stabilen Verfassung sei, dass es einen hohen Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gebe und eine niedrige Arbeitslosenquote.

Doch selbst unter diesen guten Randbedingungen seien die Aussichten für einen großen Teil der künftigen Rentner schlecht. Ursache dafür seien neben dem sinkenden Rentenniveau auch niedrige Löhne etwa im Einzelhandel oder im Gastgewerbe, die hohe Zahl teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer sowie der wachsende Anteil von Mini-Jobbern oder Solo-Selbstständigen am Arbeitsmarkt. In all diesen Gruppen ist den WDR-Berechnungen zufolge das künftige Armutsrisiko im Alter massiv. Das gelte auch für Langzeitarbeitslose und Menschen, die nicht mehr voll erwerbsfähig seien und deshalb schon vor der Altersgrenze Zahlungen aus dem Rentensystem bekommen.

In der Betrachtung bleiben Leistungen aus einer privaten Altersvorsorge unberücksichtigt, weil Privatvorsorge gesetzlich nicht verpflichtend ist und von den Einzelnen höchst unterschiedlich betrieben wird, häufig auch überhaupt nicht. Tatsächlich sorgt beispielsweise nur ein kleiner Bruchteil aller Arbeitnehmer per Riester-Rente privat für das Alter vor. Wenn die Rentenhöhe wie geplant bis 2030 sinkt, laufen dem WDR zufolge allein von den sozialversicherungspflichtig beschäftigen Arbeitnehmern über 40 Prozent Gefahr, im Alter auf Grundsicherungsniveau zu landen.

Zwar rechnen Arbeitsmarktexperten damit, dass die Zahl sozialversicherungspflichtiger Jobs in den nächsten Jahren durchaus steigt. Besonders deutlich dürfte dieser Anstieg allerdings in den eher gering entlohnten Dienstleistungsbereichen erfolgen und damit die Rentenaussichten für die Beschäftigten insgesamt nicht verbessern.

Um eine Rente über dem Grundsicherungsniveau zu bekommen, müsste ein Arbeitnehmer nach heutigem Stand 40 Jahre lang ununterbrochen mindestens 2.100 Euro brutto im Monat verdienen, so der WDR weiter. Dass die im Moment politisch diskutierte Lebensleistungsrente an der prekären Finanzlage vieler künftiger Rentner etwas ändere, sei kaum zu erwarten. Die Rede ist derzeit lediglich von einer Aufstockung von maximal 20 Euro gegenüber der Grundsicherungshöhe.

(dts Nachrichtenagentur)



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