Berlin: Ausschluss vom Grundschulunterricht für Lehrerin mit Kopftuch ist unzulässig – 8680 Euro Strafe wegen Benachteiligung

Das Land Berlin darf Bewerberinnen wegen eines Kopftuchs nicht pauschal von einer Anstellung als Grundschullehrerin ausschließen. In einem Berufungsverfahren verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin das beklagte Land zu einer Entschädigungszahlung von insgesamt 8680 Euro wegen Benachteiligung.
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Muslime (Symbolbild)Foto: PETER STEFFEN/AFP/Getty Images
Epoch Times9. Februar 2017

Das Land Berlin darf muslimische Bewerberinnen wegen eines Kopftuchs nicht pauschal von einer Anstellung als Grundschullehrerin ausschließen.

In einem Berufungsverfahren verurteilte am Donnerstag das Landesarbeitsgericht Berlin das beklagte Land zu einer Entschädigungszahlung von insgesamt 8680 Euro wegen Benachteiligung. Der klagenden Kopftuchträgerin war im Bewerbungsverfahren gesagt worden, sie habe wegen des Berliner Neutralitätsgesetzes keine Chance auf einen Arbeitsplatz an einer allgemeinbildenden Schule.

Das Land hatte im ersten Urteil vom April vergangenen Jahres noch gesiegt. Nun muss Berlin der Frau zwei Monatsgehälter zahlen sowie zwei Drittel der Verfahrenskosten tragen. Das Land kann gegen das Urteil in Revision gehen. „Wir sind sehr zufrieden und erleichtert“, sagte Klägeranwältin Maryam Haschemi. Die Klägerin war dem Prozess wegen Krankheit ferngeblieben.

In ihrem Urteil bewertete die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts nicht die Verfassungskonformität des Neutralitätsgesetzes, sondern versuchte dieses verfassungskonform auszulegen. Demnach hätte die Schulverwaltung bei der Klägerin von Ausnahmemöglichkeiten Gebrauch machen können. Stattdessen wurde ihr eine Beschäftigung als Grundschullehrerin pauschal verwehrt.

Eine solche Benachteiligung wäre nach Ansicht der Kammer nur dann mit der Verfassung vereinbar, wenn von der Kopftuch tragenden Lehrerin „eine konkrete Gefährdung für den Schuldfrieden“ ausgehe. Diesen Nachweis habe das Land aber nicht erbracht.

Die Klägerin hatte im Jahr 2008 ihr zweites Staatsexamen abgelegt und ist seitdem berechtigt, in der Unterstufe zu unterrichten. Nach mehreren Jahren als islamische Religionslehrerin bewarb sich die Frau im Jahr 2014 auf eine der vielen unbesetzten Stellen in Berlins allgemeinbildenden Schulen. Sie hatte aber lediglich Aussichten auf Anstellung an einer Berufsschule.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in zwei Urteilen ein pauschales Kopftuchverbot für unzulässig erklärt. In erster Instanz war die Lehrerin vor dem Berliner Arbeitsgericht dennoch gescheitert, weil das Verbot religiöser Kleidung für alle Religionen gelte und die Frau an einer Berufsschule hätte arbeiten dürfen. Daher konnte das Gericht keine Benachteiligung erkennen. Dieses Urteil wurde nun in zweiter Instanz abgeändert.

Das Land Berlin wurde durch einen Oberregierungsrat von der Senatsverwaltung für Bildung vertreten. Dieser argumentierte, dass der Klägerin wiederholt ein Arbeitsvertrag angeboten worden sei und dieses Angebot auch weiterhin bestehe. Die Frau habe wie jeder andere Berliner Lehrer kein Mitspracherecht, in welchem Schultyp sie eingesetzt werde. Demnach sehen alle Arbeitsverträge für Berliner Lehrer gleich aus.

Die Klägerin lehnte in dem Berufungsverfahren einen Vergleich ab, wonach sie anstelle eines Kopftuchs ihr Haar auch mit einer Perücke bedecken könne. So sei der Konflikt mit einer anderen muslimischen Lehrerin beigelegt worden, sagte der Vertreter des Landes. Perücken seien „weltanschaulich neutral“. Eine Perücke komme für ihre Mandantin „aus Glaubensgründen nicht in Frage“, sagte die Anwältin. (afp)



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