Bosbach fragt CDU: Soll das Wort „Asyl“ an der Grenze auch künftig alle vorgeschriebenen Einreiseformalitäten ersetzen?

Am Sonntag startet das von CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer geplante "Werkstattgespräch" zur Aufarbeitung der Migrationspolitik von Kanzlerin Merkel.
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Migranten überqueren Deutschlands Grenze.Foto: ARMIN WEIGEL/AFP/Getty Images
Epoch Times9. Februar 2019

Vor dem am Sonntag beginnenden CDU-„Werkstattgespräch“ zur Migration haben mehrere Unionspolitiker schärfere Instrumente zur Durchsetzung von Abschiebungen abgelehnter oder straffälliger Asylbewerber verlangt.

„Abschiebungen sind ein sehr schwieriges Geschäft, sie scheitern zu oft“, sagte der stellvertretende Parteichef und baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl der Deutschen Presse-Agentur. Die Vollzugsbehörden bräuchten deshalb bessere Instrumente im Werkzeugkasten. Ähnliches forderte der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg.

Zu dem zweitägigen „Werkstattgespräch“ zu den Themen Migration, Sicherheit und Integration treffen sich in der CDU-Zentrale etwa 100 Experten aus diesem Themenbereich. Die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte vor ihrer Wahl angekündigt, mit Praktikern und Kritikern die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und damaligen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel aus dem Jahr 2015 aufarbeiten zu wollen. Dabei leitet Landesinnenminister Strobl gemeinsam mit seinem bayerischen Amtskollegen Joachim Herrmann (CSU) die Arbeitsgruppe „Innere Sicherheit und Abschiebepraxis“.

Middelberg: „Jede dritte Abschiebung scheitert, weil die Betreffenden untergetaucht sind“

Erneut brachte Strobl die Wiedereinführung einer „Kleinen Sicherungshaft“ oder einen Kurzzeitgewahrsam ins Spiel, um ein Abtauchen Betroffener kurz vor ihrer Abschiebung zu verhindern. Middelberg sagte der dpa, wer seine Abschiebung verhindere, müsse Konsequenzen spüren. „Jede dritte Abschiebung scheitert, weil die Betreffenden untergetaucht sind. Dem müssen wir wirksam durch Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam begegnen.“

Strobl nannte das „Werkstattgespräch“ eine große Chance. Das Thema Migration/Flüchtlinge bewege die Menschen sehr stark. „Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir darüber sprechen, mit Vernunft, mit Sachverstand und mit klarem Realitätsbezug.“ Niemand sage, dass 2015 alles bestmöglich gelaufen sei. „Wir haben unsere Lektion gelernt.“ Dennoch dürfe es nicht nur um Vergangenheitsbewältigung gehen. Die CDU müsse den Menschen deutlich machen: „Wir wissen, was jetzt notwendig ist.“

Merkel nimmt nicht an „Werkstattgespräch“ teil

Beim „Werkstattgespräch“ sollen die Experten am Montag Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Asyl- und Migrationspolitik vorlegen. Merkel wird nicht teilnehmen.

In einem der dpa vorliegenden fünfseitigen Maßnahmenkatalog Strobls heißt es, es müsse die Möglichkeit geschaffen werden, Ausländer schon dann in Haft zu nehmen, „wenn sie vollziehbar ausreisepflichtig sind, die Ausreisefrist verstrichen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann“. Die „Kleine Sicherungshaft“ konnte bis 2015 für die Dauer von maximal zwei Wochen verhängt werden.

Um die zeitlichen Abläufe der Abschiebung zu entzerren, solle ein Kurzzeitgewahrsam geschaffen werden, der etwa in Gewahrsamsräumen am Flughafen oder bei der Polizei vollstreckt werden könne, heißt es in dem Papier weiter. „Die Abholung der Ausreisepflichtigen durch die Polizei kann besser vorbereitet werden und muss nicht zwingend zu Nachtzeiten erfolgen.“ Dies sei sowohl für die Betroffenen wie für die Einsatzkräfte mit weniger Belastungen verbunden.

Zudem müssten die Voraussetzungen für eine Ausweisung gesenkt werden, fordert Strobl. Bereits bei strafrechtlichen Verurteilungen zu mehr als 90 Tagessätzen müsse ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse angenommen werden. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe solle per Gesetz zu einem Verlust des Aufenthaltsrechts führen.

Notwendig sei zudem nicht nur eine effektive Kontrolle der EU-Außengrenze, sondern auch der deutschen Staatsgrenze, heißt es in Strobls Papier. Illegal Einreisende, gegen die eine Wiedereinreisesperre verfügt worden sei, die ausweislich eines Eintrags in der Asyldatenbank Eurodac schon in einem anderen Land registriert seien, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden sei oder die keine Identitätsdokumente vorlegen könnten, „müssen an unserer Staatsgrenze zurückgewiesen werden“. Diese Personen sollten in grenznahen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden.

Herrmann will „klare Kontrolle darüber, wer in die Europäische Union einreist“

Bayerns Innenminister Herrmann forderte ein europäisches Ein- und Ausreiseregister nach US-Vorbild. „Wir brauchen eine klare Kontrolle darüber, wer in die Europäische Union einreist“, sagte der CSU-Politiker der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). Dies gilt auch für jeden, der mit einem Touristenvisum einreist. „Von dem weiß heute kein Mensch, ob der nach drei Monaten auch irgendwo wieder ausreist oder wo er sich gerade aufhält“, erklärte Herrmann. Das sei „schon aus Sicherheitsgründen unerträglich“.

Bosbach fordert Antworten auf Migrationsfragen

CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach fordert seine Partei auf, sich über die künftige Einreisepolitik zu verständigen.

In einem Gastbeitrag für das Nachrichtenportal T-Online schreibt Bosbach: „Wichtig wäre eine glasklare, unmissverständliche Antwort auf die nahe liegende Frage: Soll es auch in Zukunft dabei bleiben, dass allein das Asylgesuch an der Landesgrenze ausreicht, um einreisen zu dürfen – auch ohne Pass oder andere Personaldokumente? Dass also das Wort `Asyl` die ansonsten vorgeschriebenen Einreiseformalitäten ersetzt – obwohl alle Antragsteller über sichere, verfolgungsfreie Staaten und stabile Demokratien einreisen möchten?“

Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz, warnte vor überzogenen Erwartungen an die Politik. „Migrationspolitik ist ein Marathon, kein Sprint. Schnelle Lösungen gibt es nicht“, sagt die CSU-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“. Am wichtigsten sei es, dass Asyl und Arbeitsmigration klar getrennt bleiben. (dpa/dts)



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