Peinliche Pannen bei Polizeiermittlungen in Fällen Peggy und NSU – Große psychische Belastung für Hinterbliebene

Die Thüringer Polizisten sollen laut dem Portal "Spiegel Online" nach dem Fund Böhnhardts mit einem Meterstab gearbeitet haben, den sie auch nach dem Fund von Peggys Skelett wieder einsetzten. Dabei könnte DNA-Material von Böhnhardt auf ein Stück Stoff übertragen worden sein, das in der Nähe von Peggys Leiche lag.
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Die ehemaligen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos (L), Uwe Boehnhardt und Beate ZschäpeFoto: Getty Images
Epoch Times27. Oktober 2016

Die Mutter von Uwe Böhnhardt war sofort sicher. „Das ist absurd“, sagte sie dem „Focus“, nachdem die Staatsanwaltschaft den angeblichen Fund einer DNA-Spur ihres Sohns beim Leichnam der seit 2001 vermissten Peggy aus Lichtenberg mitgeteilt hatte. Der Mutterinstinkt könnte richtig gewesen sein – in der an Pannen reichen NSU-Mordserie und den ebenso verlaufenen Ermittlungen zum Mordfall Peggy gibt es womöglich neue Polizeifehler.

Die Staatsanwaltschaft in Bayreuth und das Polizeipräsidium Oberfranken wollten noch nicht so weit gehen, die Spur von der Verbindung des Rechtsextremisten Böhnhardt zum Mord an der neunjährigen Peggy als komplett widerlegt anzusehen. Aber auch bei den Ermittlern gibt es offensichtlich große Zweifel daran.

Der Bayreuther Staatsanwalt Herbert Potzel teilte mit, dass das Bundeskriminalamt und die Sonderkommission Peggy „im Rahmen der Qualitätssicherung“ den Befundbericht vom Fundort der im Juli entdeckten sterblichen Überreste Peggys mit dem Obduktionsbericht des vor fünf Jahren mutmaßlich durch Suizid ums Leben gekommenen Böhnhardts abgeglichen hätten. Dabei hätten sich „mögliche Anhaltspunkte“ ergeben, dass die an beiden Tatorten eingesetzte Thüringer Polizei teilweise identisches Spurensicherungsgerät genutzt habe.

Die Thüringer Polizisten sollen laut dem Portal „Spiegel Online“ nach dem Fund Böhnhardts mit einem Meterstab gearbeitet haben, den sie auch nach dem Fund von Peggys Skelett wieder einsetzten. Dabei könnte DNA-Material von Böhnhardt auf ein Stück Stoff übertragen worden sein, das in der Nähe von Peggys Leiche lag.

Dieser Verdacht erinnert an eine andere Panne rund um die NSU-Mordserie. Beim vom NSU verübten Mord an einer Polizistin in Heilbronn war DNA einer Frau gefunden worden, die sich auch bei einer Vielzahl anderer Straftaten in Deutschland fand. Nach erfolgloser Jagd nach dem „Phantom von Heilbronn“ stellten die Ermittler am Ende fest, dass die angebliche Spur eine von einer Verpackerin verursachte Verunreinigung der zur DNA-Probe eingesetzten Wattestäbchen war.

Für die fränkische Polizei ist die Mitteilung vom Donnerstag ein schwerer Rückschlag. Mit der Nachricht vom Fund der Böhnhardt-DNA bei Peggy hatten die Ermittler Polizeibehörden in ganz Deutschland elektrisiert.

In mehreren Bundesländern wird seither nach möglichen Zusammenhängen zwischen Böhnhardt und bis heute unaufgeklärten Kindsmorden gesucht. Der Generalbundesanwalt und auch das Bundeskriminalamt wurden informiert, in Oberfranken stockte die Polizei ihre Sonderkommission auf 40 Ermittler auf.

Nun stellt sich die Frage, ob die Polizei womöglich vorschnell mit ihrer Information an die Öffentlichkeit ging. Denn die Erklärung vor zwei Wochen versetzte nicht nur die Polizei in Aufregung, sondern etwa auch Peggys Mutter. Die fühlte sich wieder in die Zeit des Verschwindens ihrer Tochter vor 15 Jahren zurückversetzt, eine enorme psychische Belastung.

Bei der Justiz dürften Zweifel an der Qualität der Ermittler wachsen. Denn auch der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München konnte sich nicht der Aufregung entziehen. An diesen Mittwoch stellte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vier Fragen. Er wollte wissen, ob Zschäpe eigenes Wissen über Peggy habe – und ob sie etwas über Kinderpornografie auf dem NSU zugerechneten Computern wisse.

Die Antworten dürften nun hinfällig sein. Und im Fall Peggy stehen die Ermittler wohl bei Null – einmal mehr. Eine bisher nicht mit den kriminaltechnischen Untersuchungen der beiden Fälle befasste Stelle soll nun die Spuren nochmals prüfen. Dies sei aber zeitaufwändig, teilte die Polizei mit. (afp/so)



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