Das Mautkarussell: Dobrindt rechnet mit Pkw-Maut erst nach Bundestagswahl

Nach einer Annäherung mit der EU-Kommission rechnet Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit einem Start der Pkw-Maut nach der Bundestagswahl. Der Termin werde in der nächsten Wahlperiode liegen, sagte er in München.
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Maut für alle: auch in DeutschlandFoto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times4. November 2016

Die ursprünglich zu Beginn dieses Jahres geplante Pkw-Maut soll nun nach der Bundestagswahl 2017 kommen. Der Starttermin für die Maut werde in der nächsten Wahlperiode liegen, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag in München. Im Streit mit der EU-Kommission um die Abgabe zeichnet sich demnach eine Lösung ab – die Details blieben aber zunächst offen.

Dobrindt sagte, er sei zuversichtlich, die Verhandlungen mit der Kommission im November abzuschließen. Eine Sprecherin der Kommission in Brüssel sagte, in den vergangenen Wochen seien „gute Fortschritte“ gemacht worden. „Verbleibende Probleme“ könnten in den kommenden Wochen ausgeräumt werden.

Berlin und Brüssel streiten seit vielen Monaten über die Pkw-Maut. Mitte 2015 leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein, im September 2016 folgte die Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof.

Die Verhandlungen um einen Kompromiss aber gingen weiter. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe sich selbst „stark eingebracht“, sagte Dobrindt. Auch Verkehrskommissarin Violeta Bulc habe den Minister mehrfach getroffen, sagte die Kommissionssprecherin.

Im Zuge dieser Verhandlungen gebe es „Veränderungen“ am bestehenden Gesetz zur Einführung der Maut, sagte Dobrindt am Freitag. Daher müsse sich erneut der Bundestag mit dem Thema befassen. „Dann geht es darum, dass wir in die technische Umsetzung gehen“, wofür auch entsprechende Ausschreibungen nötig seien. Dann erst könne die Pkw-Maut in Kraft treten.

Dobrindt: „Keine Mehrbelastung für deutsche Autofahrer.“

Dass auf deutsche Autofahrer zusätzliche Kosten zukommen, schloss Dobrindt weiter aus: „Es bleibt dabei, es gibt keine Mehrbelastung für deutsche Autofahrer.“ Stattdessen sehe der Kompromiss vor, die „ökologische Komponente“ bei der Maut für inländische Autofahrer zu stärken und bei den Kurzzeitvignetten für ausländische Autofahrer „nachzulegen“. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, wie diese Komponenten genau gestaltet werden, sei „noch nicht zu beantworten“.

Eine „ökologische Komponente“ könnte bedeuten, dass Besitzer umweltfreundlicherer Autos in Deutschland geringer belastet werden als andere Fahrzeughalter. Entsprechend wurden Zweifel am Aufkommen der Maut laut, das laut Gesetz allein für die Infrastruktur verwandt werden soll.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die Vorgabe sei, dass die Maut „im Ergebnis zu Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt im Saldo und nicht zu Mindereinnahmen“ führt. „Das war immer klar.“

Automobilclub und BDI bleiben skeptisch über Einnahmen

Der Automobilclub von Deutschland erklärte, die von Dobrindt angekündigte Einigung sei zwar ein „persönlicher Erfolg“ für ihn. Die Einnahmen würden aber nach Abzug der „erheblichen Verwaltungskosten“ einen zu geringen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur beitragen. Der Autoclub befürchtet, dass Autofahrer „mittelfristig“ doch mehr bezahlen müssen als bisher.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigte sich skeptisch: Sollte es zu einem Kompromiss kommen, „muss sicher sein, dass Autofahren nicht teurer wird“.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rechnet damit, dass die Pkw-Maut am Ende nicht mehr Geld bringt, als die Verwaltung dafür auffrisst. Linken-Verkehrsexperte Herbert Behrens monierte, es sei „unklar“, auf wessen Kosten Dobrindt Zugeständnisse gemacht habe, um eine Einigung mit der Kommission zu erzielen. Die Linksfraktion beantragte daher, das Thema am kommenden Mittwoch im Verkehrsausschuss zu besprechen.

Der Bundestag hatte die Pkw-Maut im März 2015 beschlossen. Danach sollen deutsche Autofahrer eine Gebühr für die Benutzung von Autobahnen und Bundesstraßen zahlen, ausländische Fahrer nur für die Autobahn. Die Höhe der jährlichen Gebühr ist abhängig von Hubraum und Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs. Der Staat soll unterm Strich rund eine halbe Milliarde Euro im Jahr einnehmen. (afp/rls)

 



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