Alwine ein Dorf nahe Berlin wird versteigert – Mindestgebot 125.000 Euro

Alwine ein kleines Dorf in Deutschland wird versteigert: Mindestgebot 125.000 Euro. Am Samstag kommt die Siedlung zwei Autostunden südlich von Berlin unter den Hammer.
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SymbolbildFoto: Joe Raedle/Getty Images
Epoch Times6. Dezember 2017

Eines Morgens entdeckte Paul Urbanek ein merkwürdiges Schild am Eingang zu seiner Siedlung. Alwine, sein kleines Dorf, werde versteigert, las der Rentner. „Mindestgebot 125.000 Euro.“ Am Samstag kommt die Siedlung zwei Autostunden südlich von Berlin unter den Hammer.

Der 71-Jährige ist empört: „Konnten die uns nicht mal ein Schreiben her schicken? Dass wir Bescheid wissen!“ Urbanek ist einer von etwa 20 Menschen, die noch in der von Wald umgebenen Ansiedlung in der brandenburgischen Einöde leben. Die Menschen sind alt, die Häuser verfallen. „Insgesamt umfassend modernisierungs- und sanierungsbedürftiger Zustand“, heißt es in der Beschreibung des Auktionshauses.

Im Haus von Paul Urbanek müsste das Dach erneuert werden und auch der Besuch des Elektrikers ist längst überfällig. Trotz allem wohnt Urbanek gerne in Alwine – er liebt die Ruhe. Nach seiner Scheidung 2010 war er von Schleswig-Holstein dorthin gezogen.

Im Zweiten Weltkrieg trainierte die Hitlerjugend in der Umgebung von Alwine und Kriegsgefangene waren dort inhaftiert. Bis zur Wiedervereinigung 1990 gehörte die Siedlung einer nahe gelegenen Fabrik für Kohlebriketts, viele Bewohner arbeiteten dort. Bald nach der Wende schloss die Fabrik, vor allem die jungen Menschen zogen fort. Keiner von ihnen sei jemals zurückgekehrt, sagt Ortsvorsteher Peter Kroll.

Mit Ausnahme einer Familie sind alle Bewohner der Siedlung älter. „Ich bin Rentner, meine Nachbarin ist Rentner… die beiden anderen auch“, sagt Urbanek und zeigt auf die umliegenden Gebäude. Alwine illustriert die demografische Entwicklung in den neuen Bundesländern. „Der Alterungsprozess in Ostdeutschland schreitet deutlich schneller voran als in Westdeutschland“, heißt es in einem Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit.

Im Jahr 2000 kauften zwei Brüder Alwine zum symbolischen Preis von einer Mark, stoppten den Verfall aber nicht. Einer der beiden ist nun gestorben, das ist der Grund für den Verkauf. „Die Schwächsten unserer Gesellschaft werden zum Spekulationsobjekt“, kritisiert Andreas Claus, Bürgermeister der Stadt Uebigau-Wahrenbrück, zu der die Siedlung gehört. Er erfuhr aus der „Bild“-Zeitung von der Auktion.

Die Stadt wird kein Gebot bei der Versteigerung abgeben und auch keiner der Einwohner wird vermutlich die 125.000 Euro Startgebot aufbieten können. Was die Auktion für Urbanek und seine Nachbarn bedeutet, ist deshalb ungewiss. „Wer diese Häuser kauft, der kauft uns ja auch mit“, sagt Urbanek. Und Bürgermeister Claus lädt den Käufer schon jetzt ins Rathaus ein: „Wir können versuchen, etwas zu entwickeln – mit den Leuten gemeinsam, nicht gegen sie.“ Aber große Hoffnung hat er nicht: „Die große Befürchtung ist, dass hier nichts passiert.“ (afp)



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