EU-Gipfel in Brüssel: Worum geht es für Merkel und Co?

Brexit, Migration, Verteidigung: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben bei ihrem Gipfel in Brüssel einige Großthemen auf der Agenda. Bundeskanzlerin Merkel allerdings hat nicht allzu viel Spielraum.
Titelbild
EU-Flagge.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times19. Oktober 2017

Lahme Ente trifft Überflieger? Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ruhen in der Europäischen Union große Hoffnungen – der deutsch-französische Motor soll den Wagen endlich wieder ziehen. Doch beim EU-Gipfel in Brüssel dürfte das Duo noch nicht recht in Fahrt kommen.

Zwar drängt Macron ungestüm zu Reformen in Europa. Merkel kann sich aber vor der Koalitionsbildung in Berlin auf europäischer Bühne kaum festlegen. So werden die 28 Staats- und Regierungschefs nur eine kurze Zukunftsdebatte führen und sich im übrigen auch diesmal mit Themen plagen, für die sie teils schon seit Jahren Lösungen suchen.

MIGRATION

Die große Krise der Jahre 2015 und 2016 ist vorerst vorbei – die Zahl der Flüchtlinge und Migranten ist stark zurückgegangen. Auch auf der Hauptroute über das zentrale Mittelmeer kamen im Sommer nach EU-Angaben 64 Prozent weniger Menschen illegal nach Europa als ein Jahr zuvor. Gründe sind das Vorgehen der libyschen Küstenwache gegen Flüchtlingsboote und die engen Drähte Italiens zu Partnern in Libyen, die Flüchtlinge frühzeitig stoppen sollen. Die EU spricht von einem Erfolg, den es nun zu sichern gelte.

In einem Entwurf der Gipfel-Erklärung, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird die italienische Initiative ausdrücklich gelobt und unterstützt. Betont wird, dass mehr Menschen zurückgebracht werden sollen. Die Rede ist von „der Schaffung und Anwendung der nötigen Hebel“ einschließlich Entwicklungshilfe, Handel und Visa-Vergabe. Ausdrücklich bekennt man sich zur Zusammenarbeit mit libyschen Behörden. Langfristig will man die Fluchtursachen in Afrika bekämpfen und dafür Geld einsammeln.

TÜRKEI, NORDKOREA, IRAN

Der Entwurf bekräftigt die Zusammenarbeit mit der Türkei bei Flüchtlingsfragen. Auf Merkels Wunsch hin sollen aber die Beziehungen insgesamt debattiert werden. Der im deutschen Wahlkampf geforderte Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara steht indes nicht an – Beschlüsse soll es nicht geben. In derselben Runde beim Abendessen am Donnerstag erörtern die Staats- und Regierungschefs auch die Nuklearkrise mit Nordkorea und den Streit über das von den USA in Frage gestellte Atomabkommen mit dem Iran. Auch die Handelspolitik steht auf dem Plan.

VERTEIDIGUNG

Die seit Jahren debattierte Verteidigungsunion scheint nun tatsächlich voranzukommen. Der Gipfel soll bestätigen, dass die sogenannte Pesco (Permanent Structured Cooperation oder Ständige Strukturierte Zusammenarbeit) zum Jahresende startet. Ziel ist eine engere Verzahnung von Verteidigungsprojekten. EU-Mitglieder, die sich beteiligen wollen, sollen so schnell wie möglich ihre Anträge offiziell einreichen.

DIGITALES

Estland, das derzeit den Vorsitz der EU-Länder führt, hat die Digitalisierung zum Topthema gemacht. Beim Gipfel gefordert werden sollen digitale Behördendienste, einheitliche Regeln im Binnenmarkt, ein Ausbau des schnellen Internets, gemeinsame Schutzmaßnahmen gegen Cyberangriffe und Fortbildungen, um Arbeitnehmer fit für digitale Jobs zu machen. Streitpunkt dürfte die Initiative Deutschlands und anderer Länder zur Besteuerung der Geschäfte von US-Internetgiganten in Europa sein. Die Interessen der EU-Länder gehen auseinander. Doch heißt es im Entwurf immerhin: „Es ist wichtig sicherzustellen, dass alle Unternehmen ihren fairen Anteil an Steuern zahlen und alle die gleichen Bedingungen haben.“

BREXIT

Der EU-Austritt Großbritanniens ist am Freitag Thema eines getrennten Treffens der 27 bleibenden EU-Staaten. Anders als ursprünglich geplant, werden sie noch nicht die Verhandlungen über das von London gewünschte Handelsabkommen einläuten. Denn die EU ist unzufrieden mit den bisherigen Gesprächen über Trennungsfragen. Doch gibt sie ein Signal: Wenn es bis Dezember ordentlich vorangeht und man auch finanzielle Zusagen bekommt, könnte Phase zwei dann direkt starten. (dpa)



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