Gesundheitsminister Gröhe will klares Gesetz über Suizidhilfe

"Eine staatliche Behörde darf niemals Helfershelfer einer Selbsttötung werden" erklärt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und fordert ein klares Gesetz.
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Hermann GröheFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times15. Januar 2018

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat den Bundestag aufgefordert, mit einem neuen Gesetz Klarheit bei der Hilfe zur Selbsttötung zu schaffen. „Eine staatliche Behörde darf niemals Helfershelfer einer Selbsttötung werden“, sagte Gröhe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Er erinnerte daran, dass der Bundestag im Herbst 2015 die organisierte Sterbehilfe mit großer Mehrheit verboten und zugleich die Versorgung Sterbenskranker verbessert habe.

Hintergrund ist das Gutachten des früheren Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom März vergangenen Jahres, das heute veröffentlicht wurde. Die Richter in Leipzig hatten entschieden, dass Schwerstkranke „in Extremfällen“ ein Recht darauf haben, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ihnen erlaubt, eine tödliche Dosis des Schlafmittels Natrium-Pentobarbital zu beziehen.

Inzwischen sind 83 solcher Anträge eingegangen, die Bonner Behörde wehrt sich jedoch dagegen. In seinem Gutachten äußerte Di Fabio „erhebliche Zweifel“ daran, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts korrekt ist. Aus dem Recht auf Selbsttötung lasse sich, anders als von den Richtern argumentiert, keine Pflicht des Staates ableiten, bei einem Suizid zu helfen.

Rechtsgutachten „Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen“ von Prof. Di Fabio

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat heute das Rechtsgutachten „Erwerbserlaubnis letal wirkender Mittel zur Selbsttötung in existenziellen Notlagen“ von Prof. Udo Di Fabio veröffentlicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 2. März 2017 im Verfahren 3 C 19/15 entschieden, dass das Betäubungsmittelgesetz in extremen Ausnahmesituationen die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zwecke der Selbsttötung nicht ausschließt. Aufgrund der Tragweite des Urteils hatte das BfArM den Verfassungsrechtler und ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Di Fabio um die Erstellung eines Gutachtens gebeten, das insbesondere die verfassungsrechtlichen Auswirkungen des Urteils und die Anforderungen an das künftige Verwaltungshandeln im BfArM beinhalten sollte.

Das Rechtsgutachten wird derzeit mit Blick auf das künftige Verfahren im BfArM geprüft. Im Gutachten kommt Prof. Di Fabio u.a. zu folgenden Schlussfolgerungen (Auszug):

  • „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 erweist sich als verfassungsrechtlich nicht haltbar. Es fehlt bei der verweigerten Befreiung vom gesetzlich angeordneten Erwerbsverbot an einem zurechenbaren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Sterbewilligen. Es besteht darüber hinaus auch keine verfassungsrechtliche Schutzpflicht, dem Sterbewilligen die für den Freitod notwendigen Mittel zu verschaffen oder ihm dem Zugang zu ermöglichen.“
  • „Mit seiner Gesetzesinterpretation des § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Betäubungsmittelgesetz (BtMG) setzt das Bundesverwaltungsgericht an die Stelle des Willens des Gesetzgebers seinen eigenen rechtspolitischen Willen. Darin ist ein Verstoß gegen das in Art.20 Abs. 2 und 3 GG niedergelegte Gewaltenteilungsprinzip und den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes zu sehen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts greift in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers ein.“
  • „Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Mittel zu verweigern, wenn er in einer ‚Assistenz‘ zur Selbsttötung zugleich Gefahren einer künftig entstehenden Routine zur Verabreichung tödlich wirkender Substanzen bis hin zur gesellschaftlichen Erwartung des Suizids erkennt, und damit einer künftigen Würdegefährdung in anderen Kontexten entgegenwirken will.“

Pressemitteilung 1/18 des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 15.01.2018.

(dts/ks)

 



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