Günther Jauch Talk: Der geduldige Marsch in Demokratie und Differenzierung statt „kardiologischer Ferndiagnosen“

Titelbild
Günther Jauch und Kathrin OertelFoto: Screenshot
Von 19. Januar 2015

Der erste Versuch der Kathrin Oertel, als Repräsentantin der PEGIDA Bewegung, von der Öffentlichkeit der „Abendspaziergänge“ in Dresden in die Öffentlichkeit einer Talkshow zu gehen, wurde von einem Paukenschlag begleitet. PEDIGA sagte die Montags-Demo ab, nachdem die sächsische Polizei vom Bundeskriminalamt ernstzunehmende Hinweise erhalten hatte, dass islamistische Gruppierungen vermutlich einen Mord und Anschläge planten. Die Polizei verbot im Laufe der nächsten Stunden dann für Montag sämtliche Veranstaltungen unter freiem Himmel in Dresden.

Vielleicht hatte diese Bedrohung und Aussetzung der demokratischen Grundrechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit die Runde auch etwas milder gestimmt. Jedenfalls gab es außer gelegentlichem Schlagabtausch zwischen dem Bundestagsabgeordneten Jens Spahn, CDU,  und AfD-Vize Alexander Gauland, keine der sonst üblichen Talk-Show-Unkultur, wenn Politiker praktisch einander übertönend gleichzeitig sprechen.

Kathrin Oertel, 36, wurde zunächst von Jauch allein vorgestellt und konnte sich als Selbstständige und Mutter von drei Kindern präsentieren, die hier für die Demonstranten auftrat, bewusst in einer Live-Sendung, bei der es keine nachträglichen Schnitte geben konnte. Natürlich war ihr die Anspannung anzumerken, und natürlich war sie in ihren Formulierungen zunächst vorsichtig, blieb auch später ziemlich vage in einzelnen Aussagen, aber das wurde ihr von den anderen Gästen nicht angelastet und auch kaum nachgefragt.

Geduld und Differenzierung

In manchen Fällen war das bedauerlich, wenn Themen nicht vertieft wurden, wenn etwa Thierse feststellte, dass es nur um mangelnde Kommunikation geht und Spahn die Bürger aufforderte, in die Sprechstunden der Abgeordneten zu gehen oder ihnen zu schreiben. Denn offensichtlich geht es PEGIDA auch und gerade um nicht ausreichendes Handeln in Fragen von Asyl oder Abschiebung, um Zuwanderung und Integration.

Wolfgang Thierse, langjähriger Präsident des Deutschen Bundestages, verwies auf seine 25 Jahre Erfahrung in Demokratie seit dem Zusammenbruch der DDR, und dass er gelernt hätte, die Geduld als wichtigste Tugend dieser Staatsform zu erkennen. Wobei ihm Jens Spahn beipflichtete und immer wieder gegenüber Frau Oertel von Differenzierung sprach und dass man miteinander sprechen müsste. Über Gesetze und Verordnungen, die schon längst angegangen und verschärft worden seien, etwa gegenüber Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien.

Entfernung zwischen Bevölkerung und Politikern

Es ging auch um hetzerische Parolen bei den Demonstrationen, die Gauland und Frank Richter eher nicht gehört hatten, oder wie Gauland einordneten in Stammtischparolen oder Äußerungen auf Wahlkampfveranstaltungen, denen man auch dort begegnen könnte. Also ein allgemeines Unbehagen an der Entfernung zwischen Bevölkerung und Politikern.

Frank Richter, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, bekräftigte auch, dass man das Zuhören lernen müsse, er sieht manches Mal in dem Wiederholen von Parolen eine vergrößerte Ausgabe von Talkshows, in denen Politiker sich überbrüllen, aber nicht einander zuhören. In dem Zusammenhang brachte er auch den traurigen, witzigsten Vergleich vor, indem er die Äußerungen der Bundeskanzlerin in der Neujahrsansprache über den Hass in den Herzen der PEGIDA-Demonstranten als „kardiologische Ferndiagnose“ bezeichnete, die sie besser unterlassen hätte.    

Hier nun also war man bemüht, zunächst einmal Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, um einander kennenzulernen. So forderte Kathrin Oertel mehr direkte Demokratie, was von Wolfgang Thierse aufgegriffen wurde und auch zu seinen favorisierten Wünschen zählt. Vielleicht könnten ja die Demonstranten dann auch für entsprechende Mehrheiten im Bundestag sorgen, sagte er. Das sei ihm bisher nicht gelungen.

Tabuisierung mancher Themen in der Öffentlichkeit

Frau Oertel sprach auch die Tabuisierung mancher Themen in der Öffentlichkeit an, was Spahn konterte mit dem Hinweis auf den Bestseller von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“. Was ja aber nicht bedeutet, dass die Themen auch öffentlich diskutiert werden. Es folgte der Hinweis der Politiker auf die Drohbriefe, die sie erhalten, wenn sie über „Ausländerfragen“ sprächen. Damit war Kathrin Oertel bestätigt.  Sie verwies auf das Buch des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowski und dessen geschilderte Probleme mit jugendlichen nicht integrierten Ausländern.   

Sogar Frank Richter beklagte die Lücke zwischen Politikern, „die uns von oben herab behandeln“, und den Demonstranten bei PEGIDA, die einfach besorgte Bürger seien, was er selbst feststellen konnte, weil er an vielen Demonstrationen teilgenommen hatte. Auf den Veranstaltungen seiner Behörde in Dresden würden jedenfalls in überfüllten Sälen Themen der PEGIDA diskutiert. Er plädierte noch einmal ausdrücklich für Differenzierung, für eine Kultur des Zuhörens. Jens Spahn wollte seine Einladung annehmen.       



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