Kanzlerin im bayerischen Bierzelt als „Anführerin der freien Welt“ umjubelt – Es gab auch „Hau ab!“ Rufe

Über 2000 Menschen drängen trotz Freibadwetter in das volle Bierzelt: Kanzlerin Merkel wurde im Truderinger Bierzelt mit begeisterten Applaus gefeiert. Zwischendurch gab es auch "Hau ab!" Rufe. Ein AFP-Bericht.
Titelbild
Angela Merkel in München. 27. May 2017.Foto: MATTHIAS BALK/AFP/Getty Images
Epoch Times28. Mai 2017

Einen Moment scheint Angela Merkel zu benötigen, um zu verstehen, was gerade passiert. Eher nebenbei sagt sie, es lohne sich, für Europa zu kämpfen. Da fangen die Menschen im Truderinger Bierzelt an zu klatschen, erst zaghaft, schließlich gibt es begeisterten Applaus. Merkel wirkt einen Moment gerührt. Hier, im schwierigen CSU-Land, scheint sie ihr Wahlkampfthema gefunden zu haben.

„Nach Trump jetzt Trudering“, so begrüßt der stellvertretende CSU-Generalsekretär Markus Blume die Kanzlerin auf dem Volksfest im Münchner Osten. Vom unerfreulichen G7-Gipfel war sie gekommen, von der Weltpolitik direkt ins Bierzelt.

Über 2000 Menschen drängen trotz Freibadwetter in das volle Bierzelt. Der Termin gilt als öffentliches Aufbruchsignal von CDU und CSU nach dem Flüchtlingsstreit, Merkel tritt zusammen mit CSU-Chef Horst Seehofer auf.

Der CSU-Chef gibt sich betont demütig. „Bayern sind prinzipiell ein friedfertiges Volk“, sagt er, Gelächter der zum großen Teil in Dirndl und Lederhose gekommenen Zuschauer auslösend. „Der bayerische Löwe braucht nur eines, er braucht nur viel gutes Futter, dann ist er sehr pflegeleicht“.

Mit der in der kommenden Woche im Bundestag bevorstehenden Neuregelung des Länderfinanzausgleichs gebe es dieses Futter. Mehr als eine Milliarde Euro spart Bayern dadurch.

Dass er nach wie vor erfolglos als „Futter“ eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr fordert, davon spricht Seehofer nicht. Eine seiner engsten Mitarbeiterinnen habe ihm mit auf den Weg gegeben: „Wer sich verteidigt, klagt sich an.“

Auch Merkel denkt ganz offensichtlich nicht daran, sich zu verteidigen. Sie muss es auch nicht – das Publikum ist ihr wohlgesonnen. Es gab aber auch Merkel-Kritiker, die immer wieder mal „Hau ab!“ riefen.

Merkel spricht stattdessen von der Herausforderung durch den Höhepunkt der Flüchtlingskrise – und dankt den Bayern für die gezeigte „unglaubliche Hilfsbereitschaft“. Die CDU-Chefin trifft damit einen wunden Punkt der CSU: Viele Flüchtlingshelfer aus der Anhängerschaft der Christsozialen fühlen sich durch den harten Kurs ihrer Partei alleine gelassen.

Weitgehend klingen die Wahlkampfparolen der Kanzlerin aber floskelhaft. „Wir arbeiten für die Menschen in Deutschland, für die Sicherheit und den Wohlstand,“ sagt sie etwa. Und Merkel zitiert den CSU-Übervater: „Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts“.

Strauß und Merkel, da war mal was: Ebenfalls in der Flüchtlingskrise relativierte die CDU-Chefin das Mantra der CSU-Legende, rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Seehofer zeigte damals „blankes Unverständnis“.

Doch diesmal führt Strauß Merkel in den am stärksten umjubelten Teil ihrer Rede. Über seine Aussage kommt sie zu dem Punkt, dass Frieden in Europa nicht selbstverständlich sei.

Merkel attackiert dabei ganz offen US-Präsident Donald Trump. „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt“, sagt sie nach ihren Erfahrungen mit Trump beim G7-Gipfel. Ihre Antwort darauf: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“

Blume hatte Merkel mit den Worten „Sie sind die Anführerin der freien Welt“ begrüßt. Am Ende drückt er ihr eine große Brezel mit CDU- und CSU-Schriftzug in die Hand. So sehr die CSU lange die Zwietracht mit der CDU beschwor, so sehr scheint ihr nun auch das plakative Kämpfen für Eintracht recht. (afp/so)



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