Löw setzt auf Weltmeister: „Gesamte Kampfkraft investieren“

Epoch Times10. Juni 2016
Joachim Löw lässt seine Weltmeister los. Die Helden von Brasilien sollen im kniffligen Auftaktspiel gegen die hart einsteigenden Konterfußballer der Ukraine für einen Traumstart sorgen und beweisen, dass sie wieder hungrig auf einen Siegerpokal sind.

Der Bundestrainer ermahnte seine so erfahrenen Startelf-Kräfte aber vor dem Ernstfall am Sonntag (21.00 Uhr) in Lille, sofort an die Schmerzgrenze zu gehen.

„Dass man gemütlich durch die Vorrunde kommt, ist bei einem Turnier nie der Fall – und jetzt ganz besonders nicht“, erklärte Löw. Die letzte Trainingseinheit im Basisquartier in Évian-les-Bains wurde am Freitag bei strahlendem Sonnenschein hinter dem Sichtschutz des Trainingsplatzes absolviert. „Wir sind bereit, man merkt die Anspannung der Jungs“, berichtete Löws Assistent Thomas Schneider. „Wir sind topvorbereitet“, sagte Edeljoker André Schürrle.

Löw erwartet nach der Ausweitung des Teilnehmerfeldes auf 24 Mannschaften und damit maximal sieben Spielen innerhalb von 29 Tagen einen körperlichen Abnutzungskampf. Nie zuvor hat der 56-Jährige in seiner zehnjährigen Amtszeit als Bundestrainer die typisch deutschen Tugenden wie Siegeswille, Leidenschaft und Kampfkraft so sehr betont wie vor seinem fünften Championat. „Wir dürfen uns nicht allein auf unsere spielerischen Fähigkeiten verlassen gegen solche Mannschaften wie die Ukraine. Das wäre ein großer Fehler“, sagte Löw vor dem ersten Gruppenspiel im Stade Pierre Mauroy.

Der Weltmeisterscoach erwartet beim Start in seine dritte EM ein zähes Anlaufen gegen eine ukrainische Mannschaft, deren erstes Ziel es sein werde, Gegentore zu vermeiden. Geduldig sein, den Gegner müde spielen und dann konsequent zuschlagen, lauten Löws Vorgaben an sein Team. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir in Zweikämpfe verwickelt werden, dass wir unsere gesamte Kampfkraft investieren müssen, dass wir durchsetzungsfähig sein müssen“, glaubt Löw.

Die Auswahl der Ukraine und ihre Spieler sind in Deutschland weitgehend unbekannt. Aber Löw hat mit seinem Trainerstab und der Scoutingabteilung den Gegner bis ins letzte Detail analysiert. „Sie spielen defensiv sehr strukturiert und sehr diszipliniert. Sie kontern schnell, haben schnelle Außenstürmer.“ Die Flügelzange Andrej Jarmolenko/Jewgeni Konopljanka gilt als größte Gefahrenquelle. Dazu kommt Härte. „Sie sind körperlich robust und alles andere als zimperlich“, mahnte Löw. Das Gesamtfazit des Bundestrainers lautet: „Das ist eine gefährliche Mannschaft!“

Im deutschen Team steckt mehr Potenzial. „Wir haben jetzt einen noch breiteren, tieferen Kader“, sagte Angreifer Thomas Müller beim Vergleich des aktuellen 23-Mann-Aufgebotes mit dem vor zwei Jahren beim WM-Triumph: „Auch die Spieler auf der Bank sind individuell top. So gesehen sind wir meiner Meinung nach schon stärker geworden.“

Die vorhandene Klasse gilt es auf den Punkt abzurufen. In den zwei Jahren nach dem WM-Titel hat sich das Nationalteam in viel zu vielen Länderspielen einen Schlendrian erlaubt. Im Turnier soll das auf Knopfdruck wieder anders sein. Löw muss zum Start entstandene Lücken schließen.

Kapitän Bastian Schweinsteiger kann der Mannschaft nach seinem Kurz-Comeback gegen Ungarn im ersten Gruppenspiel höchstens ein paar Minuten als Einwechselspieler helfen. „Basti hat sicherlich noch nicht die Substanz, über einen längeren Zeitraum zu gehen“, äußerte Co-Trainer Schneider deutlich. Wichtig sei er dennoch.

Für den noch nicht fitten Innenverteidiger Mats Hummels muss Löw nach dem Turnier-Aus des Ersatzmannes Antonio Rüdiger (Kreuzbandriss) die C-Lösung ins Abwehrzentrum stellen – aller Voraussicht nach Shkodran Mustafi. Löw setzt – wenn die wenigen gewährten Trainingseinblicke am Genfer See nicht trügen – auf volle Weltmeister-Power.

Bis zu zehn der noch 14 Brasilien-Champions im EM-Kader dürften den Anpfiff am Sonntagabend auf dem Rasen erleben: Manuel Neuer im Tor, Benedikt Höwedes, Jérôme Boateng und Mustafi in der Abwehr, davor im defensiven Mittelfeld Sami Khedira und Toni Kroos sowie in der Offensive Thomas Müller, Mesut Özil, Mario Götze und Julian Draxler.

„Unsere Mannschaft steht“, äußerte Schneider. Am Spieltag könnte Löw trotzdem noch nach einer Bauchentscheidung immer noch eine letzte Position ändern. Mario Gomez hat sich im Angriff angeboten. Einziger Turnierneuling in der deutschen EM-Elf wird Jonas Hector sein, der sich den Platz auf der linken Abwehrseite erarbeitet hat.

„Gott sei Dank kommt unser Spiel jetzt schnell“, äußerte Draxler am Tag der EM-Eröffnung. Alle im riesigen DFB-Tross – von den 23 Spielern bis zum Zeugwart – sind froh, dass es nach drei Wochen Vorbereitung endlich losgeht. „Man freut sich, wenn man zur Sache kommen kann“, sagte Oliver Bierhoff. Am Samstag um 11.45 Uhr hebt der Charterflieger in Annécy Richtung Lille ab. „Innerhalb der Mannschaft herrscht ein guter Geist“, berichtete der Teammanager.

Bierhoff hat Deutschland vor 20 Jahren in England zum dritten und bislang letzten EM-Titel geschossen. Sein Golden Goal zum 2:1 in der Verlängerung des Endspiels gegen Tschechien wird seitdem vor jeder EM-Endrunde wieder in Erinnerung gerufen. „Wir sollten eine neue Geschichte schreiben und auch den vierten Europameisterschaftsstern nach Deutschland holen“, sagte der ehemalige Nationalstürmer darum in Anspielung auf den vierten WM-Titelgewinn vor zwei Jahren.

(dpa)

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