Mit dem gut 20-prozentigen Wahlergebnis bestimmt die SPD „mehr als 50 Prozent des Koalitionsvertrages“

Mit ihrem gut 20-prozentigen Wahlergebnis habe die SPD "mehr als 50 Prozent des Koalitionsvertrages" bestimmt, sagt Bernhard Daldrup, Finanzpolitiker der SPD. Intern gibt es viel Kritik an Martin Schulz.
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Das Willy-Brandt-Haus in Berlin, die Zentrale der SPD.Foto: iStock
Epoch Times8. Februar 2018

In den nicht öffentlichen Sitzungen von Vorstand und Bundestagsfraktion der SPD ist es am Mittwoch zu deutlicher Kritik an dem geplanten Wechsel von Parteichef Martin Schulz an die Spitze des Auswärtiges Amtes (AA) gekommen.

Während die meisten Redner den Koalitionsvertrag und die Ressortverteilung einhellig gelobt hätten, sei Schulz für seine Ambitionen als Außenminister in beiden Sitzungen mehrfach kritisiert worden, berichtet die „Welt“ unter Berufung auf Teilnehmerkreise. Mehrere Redner äußerten demnach: Es wäre besser, wenn Schulz nicht ins AA wechseln würde.

Sachsens Parteichef Martin Dulig habe im SPD-Vorstand die engere Führung dazu aufgefordert, die Besetzung der Ministerposten in der beabsichtigten Großen Koalition „schnell zu klären“, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Er verwies demnach darauf, dass dies nötig sei, um die Mitglieder für ein Votum zugunsten einer Großen Koalition zu gewinnen.

Direkt gewandt an Schulz habe Dulig appelliert: „Ich bitte dich, Martin, deine Rolle im Kabinett zu überdenken.“

Kritik von vielen Seiten

In der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion kritisierten am Mittwochabend etliche weitere Abgeordnete, der geplante Wechsel von Schulz ins AA sei vor dem Hintergrund seiner apodiktischen Festlegung gegen einen Kabinettsposten unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der SPD-Basis nicht zu vermitteln. Der Wechsel vom Parteivorsitz ins AA sei unglücklich. Außerdem verstärke sie das ohnehin ausgeprägte „starke Misstrauen“ innerhalb der Partei.

Mehrere Parlamentarier klagten, nun werde vor dem Mitgliedervotum der SPD der für sehr gut befundene Koalitionsvertrag von Personaldebatten und den Ärger über Schulz verdrängt. Der noch amtierende Parteichef habe für seine Äußerungen in der Fraktion kaum Beifall erhalten, hieß es in Teilnehmerkreisen.

Kritik an Schulz` Ambitionen hätten dabei nicht die „üblichen Verdächtigen“ unter den Abgeordneten geäußert, sondern eher neue, unbekannte Parlamentarier, so die Zeitung.

Demzufolge handelte es sich um Vertreter unter anderem aus den pragmatischen Gliederungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen-Nord. Demnach meldeten sich etwa der Finanzpolitiker Bernhard Daldrup aus NRW und die Bildungsexpertin Daniela De Ridder aus Niedersachsen zu Wort.

Schulz gebührt Respekt, aber …

Mit ihrem gut 20-prozentigen Wahlergebnis habe die SPD „mehr als 50 Prozent des Koalitionsvertrages“ bestimmt, sagte Daldrup den Informationen der „Welt“ zufolge. Die gute Leistung der sozialdemokratischen Verhandler werde „aber jetzt leider durch die Personalentscheidungen überlagert“. Schulz gebühre für seine Arbeit „unser Respekt, aber dennoch kann ich nicht erklären, dass jetzt ein beliebter Außenminister einfach in die Wüste geschickt werden soll“, sagte Daldrup mit Blick auf Sigmar Gabriel.

„Das ist ein Problem und erschwert die Debatte um den Koalitionsvertrag.“ Ridder sagte demnach, der Koalitionsvertrag und die ausgehandelten Ressorts hätten, sofern es zu einem positiven Mitgliedervotum kommt, „eine große Überzeugungskraft“. Auch sie habe allerdings davor gewarnt, dass die Verhandlungsergebnisse durch die Personaldebatte in den Hintergrund gedrängt werden könnten.

Sie habe großen Respekt vor dem Einsatz von Schulz im Wahlkampf und seinem Verhandlungsgeschick, sagte Ridder den Informationen der „Welt“ zufolge. Sie schätze seine Kompetenzen in der Außen- und Europapolitik. „Gleichwohl nehme ich wahr, dass die Entscheidung, jetzt doch als Außenminister in das Kabinett einzutreten, schwer vermittelbar sein wird“, sagte Ridder. „Hier bedarf es einer großen Überzeugungskraft.“

Der scheidende SPD-Vorsitzende reagierte demnach erkennbar aufgewühlt auf die diversen kritischen Wortmeldungen. Einzelne Abgeordnete hätten den Vorsitzenden deswegen in Schutz genommen. Ein Abgeordneter sagte anschließend der „Welt“: „Man hatte das Gefühl: Beim nächsten kritischen Wortbeitrag schmeißt er hin.“ (dts)

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