Nach historischer Wahlpleite: Die CSU muss „jetzt den Kampfanzug anziehen“

Am Tag nach dem historischen Stimmverlust bei der Bundestagswahl scheint über der CSU-Zentrale die Sonne. Im Parteivorstand kommt das aber nicht an, dort läuft die Suche nach einem neuen Plan.
Titelbild
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann und Ministerpräsident Horst Seehofer nach der CSU-Vorstandssitzung in München.Foto: Sven Hoppe/dpa
Epoch Times26. September 2017

Nach ihrer historischen Pleite bei der Bundestagswahl hat die CSU einen harten Kurs bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen angekündigt.

Parteichef Horst Seehofer übernahm bei einer Sitzung des CSU-Vorstands in München die Verantwortung für das schlechteste Ergebnis seit 1949 – ein Rücktritt ist für ihn aber derzeit kein Thema.

„Wir wollen jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte Seehofer nach der mehr als fünfstündigen Sitzung. CDU und CSU müssten noch vor den ersten Sondierungsgesprächen in Berlin eine Diskussion führen über ihren generellen Standort, „nämlich Mitte-Rechts“. Angesichts des schwachen Abschneidens der Union und der hohen AfD-Ergebnisse sei ein „Weiter so“ nicht mehr möglich.

Die CSU war am Sonntag in Bayern auf nur noch 38,8 Prozent gestürzt – ein Minus von mehr als zehn Prozentpunkten (2013: 49,3 Prozent). Die CSU gewann aber alle 46 Direktmandate im Freistaat.

Seehofer zeigte sich zuversichtlich, dass auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel Interesse an der Kursklärung habe, auch wenn sie sich zufriedener mit dem Ergebnis der Bundestagswahl zeigte. Die AfD sei ein Thema generell für Deutschland.

An einen Rücktritt denkt Seehofer nach eigenen Worten nicht: „Wenn jemand das anders will, dann soll er es sagen“, sagte er schon vor Beginn der Sitzung. Auf Schuldzuweisungen für das Wahldebakel der Union verzichtete Seehofer; Spitzenkandidat Joachim Herrmann betonte aber, dass einige Äußerungen Merkels zur Asylpolitik in der Schlussphase des Wahlkampfs nicht hilfreich gewesen seien.

In rund einem Jahr wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt; die CSU will dann ihre absolute Mehrheit verteidigen. Daher sind die kommenden Wochen für die Partei von besonderer Bedeutung. Ein Wahlerfolg der CSU ohne eine in Berlin durchgesetzte Obergrenze für Flüchtlinge sei kaum vorstellbar, sagte Seehofer.

Trotz der ungeklärten Kursbestimmung der Union will die CSU an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag festhalten. Er halte es nicht für den richtigen Weg, diese aufzukündigen, sagte Seehofer. Der Vorstand habe ihn einstimmig unterstützt. Zudem kündigte Seehofer an, den amtierenden Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt als Nachfolger von Gerda Hasselfeldt an der Spitze der 46-köpfigen CSU-Landesgruppe im Bundestag vorzuschlagen.

Auch der Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld erwartet künftig ein kompromissloseres Auftreten der CSU in Berlin. „Die CSU wird ein ganz schwieriger Partner in der Bundesregierung sein, schwieriger als bisher“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Rückendeckung für einen harten Kurs erhielt Seehofer noch vor der Sitzung von zahlreichen Vorstandsmitgliedern. Ohne Obergrenze für Flüchtlinge müsse die CSU den Gang in die Opposition antreten – auch wenn in der Folge keine Koalitionen mehr möglich sein sollten, forderte JU-Landeschef Hans Reichhart. „Dann muss es eben Neuwahlen geben.“ CSU-Vize Manfred Weber sagte: „Wir müssen jetzt unseren Kampfanzug anziehen.“

Zur Billigung eines möglichen Koalitionsvertrags will Seehofer „mindestens“ einen weiteren Parteitag abhalten, möglicherweise sogar eine CSU-Mitgliederbefragung.

Die von Kanzlerin Merkel vollzogene Positionierung der Union zur politischen Mitte sei gescheitert, sagte CSU-Vize Barbara Stamm. Spitzenkandidat Herrmann sagte aber auch: „Wir müssen die rechte Flanke schließen, das heißt aber nicht, dass wir nach rechts rücken.“ Die CSU müsse weiter eine Partei der Mitte bleiben. Sie habe nicht nur Wähler an die AfD verloren, „sondern genauso viele an die FDP“. Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte eine schonungslose Analyse der Ursachen des Wahldebakels, sprach sich aber gegen „Hau-Ruck- und Schnell-Analysen“ aus. (dpa)



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