Bundesverfassungsgericht lehnt NPD-Verbot ab: In Parlamenten spielt die Partei kaum eine Rolle

"Das Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschaungsverbot", sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Die NPD verfolge zwar nach einstimmiger Auffassung des Senats verfassungsfeindliche Ziele, es fehle aber derzeit an "konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln zum Erfolg führt".
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NPD-FahneFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times17. Januar 2017

Die rechtsextreme NPD wird nicht verboten. Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem am Dienstag in Karlsruhe verkündeten Urteil zwar fest, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Allerdings sahen die Richter keine Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele und lehnten deshalb den vom Bundesrat gestellten Verbotsantrag ab. Ein erster Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 aus formalen Gründen erfolglos geblieben.

„Das Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschaungsverbot“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Die NPD verfolge zwar nach einstimmiger Auffassung des Senats verfassungsfeindliche Ziele, es fehle aber derzeit an „konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln zum Erfolg führt“.

Das Verfassungsgericht verwies zur Begründung unter anderem darauf, dass die NPD in den Parlamenten kaum eine Rolle spielt. Die Partei ist demnach überregional derzeit lediglich mit einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten. Sie verfüge weder über die Aussicht, bei Wahlen eigene Mehrheiten zu gewinnen, noch über die Option, sich über Beteiligung an Koalitionen Gestaltungsspielräume zu verschaffen, sagte Voßkuhle. Auch in den Kommunalparlamenten sei ein bestimmender Einfluss nicht zu erwarten.

Die Richter gingen in ihrem Urteil zudem auf das außerparlamentarische Handeln der Partei ein. Es sei nicht zu verkennen, dass die NPD durch einschüchterndes oder kriminelles Verhalten von Mitgliedern punktuell eine „nachvollziehbare Besorgnis“ um die Freiheit des politischen Prozesses oder Angst vor gewalttätigen Übergriffen auslösen könne, sagte Voßkuhle. Darauf müsse aber mit den Möglichkeiten von Polizei und Strafrecht reagiert werden.

Der Gerichtspräsident räumte ein, dass einige das Urteil als „irritierend“ empfinden dürften. Denn es stehe für den Senat außer Zweifel, dass die NPD die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung anstrebe. „Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an einer ethnisch definierten Volksgemeinschaft ausgerichteten Nationalstaat ersetzen“, sagte Voßkuhle. Die „Wesensverwandschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus“ bestätige die Missachtung der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Doch nach Ansicht des Gerichts reicht dies nicht für ein Parteiverbot aus. Dies komme nur in Betracht, wenn eine Partei über hinreichende Möglichkeiten verfüge, die ein Erreichen der Ziele nicht völlig aussichtslos erscheinen ließen. Dies sei bei der NPD nicht der Fall.

Die Karlsruher Richter entwickelten mit dem Urteil zugleich neue Maßstäbe für künftige Verbotsverfahren. Maßstab ist demnach die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die das Gericht auf ihren „unveräußerlichen Kern“ zurückführte – die Beachtung der Menschenwürde, das Demokratieprinzip, wonach alle Bürger an der demokratischen Willensbildung teilhaben können, und das Rechtsstaatsprinzip, das die Bindung an Recht und Gesetz bestimmt.

Für ein Verbot reicht es demnach aber nicht aus, wenn eine Partei nur darauf ausgerichtet ist, diese freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen. Sie müsse vielmehr auch das „Potenzial“ haben, ihr Ziel zu erreichen, und planmäßig darauf hinarbeiten.

Ein erster Anlauf für ein NPD-Verbot war 2003 noch aus formalen Gründen gescheitert, weil V-Leute des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der Partei tätig waren. Der Bundesrat stellte schließlich 2013 einen neuen Antrag, über den im März 2016 verhandelt wurde.

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