NSU-Prozess: Zschäpe kündigt Erklärung an – Angehörige der Opfer skeptisch: „Da wird nicht die Wahrheit gesagt”

Beate Zschäpe kündigt nun eine schriftliche Erklärung an. Die Angehörigen der Opfer zeigen sich nicht zuversichtlich, dass damit die Wahrheit ans Licht kommen wird. Ob der NSU-Fall jemals richtig aufgeklärt werden kann, bleibt fraglich, da auch V-Männer der Regierung verwickelt waren.
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Zweizweieinhalb Jahre hat Beate Zschäpe geschwiegen. Nun soll Anwalt Mathias Grasel will ihre Aussage verlesen. Fragen will sie ebenfalls beantworten - allerdings nur die des Gerichts und nur schriftlich.Foto: Joerg Koch/Getty Images
Epoch Times26. Oktober 2016

Die mutmaßliche Terroristin Beate Zschäpe will ihr mehr als zweieinhalbjähriges Schweigen brechen. Ihr Anwalt Mathias Grasel will ihre Aussage verlesen.

Er hat eine umfassende Erklärung angekündigt: Zschäpes Aussage soll Angaben zu allen Anklagepunkten enthalten, die die Bundesanwaltschaft dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) vorwirft, also auch zu den zehn Morden.

Zschäpe muss sich vor dem Oberlandesgericht als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen verantworten, die dem NSU angelastet werden. Dabei geht es auch um den Fall der getöteten Schülerin Peggy. Denn unlängst wurde von offizieller Seite gemeldet, dass DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der getöteten Peggy gefunden worden seien. Seit Prozessbeginn im Mai 2013 hat Zschäpe geschwiegen.

Grasel hat angekündigt, dass Zschäpe auch Fragen beantworten will – aber nur des Gerichts, und nur schriftlich und erst später. Konkret hat er den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl um einen schriftlichen Fragenkatalog gebeten. Den will er mit Zschäpe durcharbeiten und dann antworten. Ob das Gericht damit einverstanden ist, ist noch offen.

Angehörige von NSU-Mordopfern und deren Anwälte dämpften die Erwartungen. Der Anwalt der Münchner Familie Boulgarides, Yavuz Narin, sagte, das von Zschäpe und ihren Anwälten geplante Prozedere spreche „nicht unbedingt für die Glaubhaftigkeit irgendwelcher Aussagen“. „Wir hätten es besser gefunden, wenn sie auch selber redet und dazu beiträgt, dass die ganze Wahrheit über den NSU herauskommt.“

Vater Theodoros Boulgarides war 2005 in München erschossen worden, mutmaßlich von Zschäpes Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die beiden sind tot, Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios. Auch Gamze Kubasik, die Tochter des in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik, sagte mit Blick auf Zschäpes Aussage, sie habe keine große Hoffnung – „weil ich einfach glaube, dass da nicht die Wahrheit gesagt wird“. „Natürlich ist mein Wunsch eine hundertprozentige Aufklärung. Aber ich weiß, das wird niemals geschehen“, sagte sie.

Doch eine Aufklärung ist schwierig, da auch V-Männer der Regierung in den NSU-Fall verwickelt waren. Insgesamt ist der Fall sehr undurchsichtig. (Siehe dazu auch: NSU-Skandal: Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss wirft deutschem Staat Beteiligung vor)

Die Erklärung Zschäpes war eigentlich schon vor vier Wochen geplant gewesen. Ein Befangenheitsantrag des Mitangeklagten Ralf Wohlleben machte den Zeitplan aber zunichte, mehrere Prozesstage fielen aus. Anschließend verzögerte sich die Aussage, weil ein Anwalt Zschäpes im Urlaub war: Hermann Borchert, ein Kanzleikollege von Grasel. Ihn hätte Zschäpe nun auch gerne als Pflichtverteidiger an ihrer Seite – bisher ist er Wahlverteidiger. Das hat sie beim Gericht beantragt. (dpa/so)



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