„Null-Euro-Jobs“ drohen Hartz IV-Empfängern in Hamburg und Bremen

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Jetzt kommt die unverhohlene Zwangsarbeit: 500 "Null-Euro-Jobs" blühen Hamburger Hartz IV-Betroffenen im Jahr 2015.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times2. Juli 2014

In Hamburg sollen ab 2015 die „Null-Euro-Jobs“ eingeführt werden. Sie sind für langzeitarbeitslose Hartz-IV-Empfänger gedacht. Im Klartext heißt das verordnete Sklavenarbeit für Langzeitarbeitslose. Der Unterschied zwischen Null-Euro und Ein-Euro-Jobs ist nämlich nicht nur die Streichung der sogenannten „Aufwandsentschädigung“: Durch einen Trick des Gesetzgebers werden die Null-Euro-Jobber noch weniger Rechte haben: Arbeitsschutz und gesetzlicher Urlaubsanspruch fallen weg!

Die SPD-geführte Hamburger Senatsverwaltung will im kommenden Jahr 500 Null-Euro-Jobs einrichten. Dies ist der Plan des Hamburger Sozialsenator Detlef Scheele. Die Null-Euro-Jobs sollen für „marktferne Langzeitleistungsbezieher“ geschaffen werden und tragen laut der Zeitung TAZ den schönen Namen „Maßnahme Aktivcenter". 500 Menschen, die schon lange Hartz IV beziehen, sollen damit über neun Monate „motiviert werden, sich beruflich zu integrieren“. Die Teilnahme wird in einer Eingliederungsvereinbarung festgehalten – auf Verstöße folgen Sanktionen.

Bei den bisherigen Ein-Euro-Jobs, die „Arbeitsgelegenheiten“ (AGH) genannt werden, gibt es pro Stunde 1,70 Euro, ungefähr 200 Euro im Monat. Bei den neuen Maßnahmen gibt es nur Geld für tatsächlich anfallende Kosten wie Verpflegung, Kinderbetreuung oder Fahrten.

Arbeitslosen-Vertreter spricht Klartext

Was die Null-Euro-Jobs außerdem skandalös macht, erklärte Harald Thomé, Vorsitzender des Erwerbslosenvereins Tacheles, in einem Interview mit der Jungen Welt:

Die Null-Euro-Jobs sollen laut Thomé „auf Paragraph 16 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II in Verbindung mit Paragraph 45 SGB III fußen. Auf diesem Weg versucht der Sozialsenat offenbar, die Schutzvorschriften des Paragraphen 16 d SGB II auszuhebeln. Letzterer hat für Ein-Euro-Jobs mit klaren Maßgaben gegolten: Eine Mehraufwandsentschädigung ist demnach zu gewährleisten, ebenso der Arbeitsschutz und die Berücksichtigung des Bundesurlaubsgesetzes. Das Bundessozialgericht hatte geurteilt, ein solcher Job müsse das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllen; reguläre Jobs dürfen nicht durch ihn verdrängt werden. Der Senat versucht nun, sich von all diesen Pflichten zu entbinden.“

Es läuft auf Sklavenarbeit hinaus“

Das hier vom Gesetzgeber ein anderer Paragraph bemüht wird, ist der Trick: Es handelt sich, laut Thomé, um eine Bestimmung, die es erst seit einigen Jahren gibt und die erlaubt, dass auf alle obengenannten Merkmale verzichtet werden kann (!), „wenn eine Verwaltung es für nötig hält, um Erwerbslose in den Arbeitsmarkt einzugliedern“.

„Der SPD-Senat ist einer der ersten, der sie anwenden will. Offenbar soll das Hamburger Modell ein Testballon sein, um zu schauen, wie Gerichte, Betroffene und Sozialverbände darauf reagieren. Nach meiner Einschätzung ist es ein Skandal, daß Hamburg als erste Kommune bundesweit Null-Euro-Jobs einführen will“, so Thomé.

Er befürchtet, dass nach einer erfolgreichen Einführung von Null-Euro-Jobs in Hamburger die Praktik deutschlandweit eingeführt werden könnte: „Auf massive Art überschreitet die Hamburger SPD nach zehn Jahren Hartz IV nun eine Schmerzgrenze“, so Thomé. „Erst hieß es in Hinsicht auf die mies bezahlten Ein-Euro-Jobs: Schaut her, wir tun Gutes für die Langzeitarbeitslosen, wir geben ihnen Beschäftigung. Die nun weiterführende Regelung führt zur Zwangsarbeit.“

Linke kritisieren Null-Euro-Jobs in Bremen

Doch auch andernorts zeichnet sich die Einführung der Null-Euro-Jobs ab: Die Linke, Bremen, kritisierte am 6. Juni 2014 auf ihrer Website „die Umwandlung von Ein-Euro-Jobs in ‚ehrenamtliche‘ Arbeit“. In Zukunft sollen dort 237 Stellen, als ‚freiwilliges ehrenamtliches Engagement‘ deklariert werden: „Die TeilnehmerInnen arbeiten dann möglicherweise vollständig unbezahlt. Bis zum Jahresende erhalten sie noch eine Aufwandsentschädigung aus EU-Mitteln – danach würde auch diese wegfallen“ , so Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bremer LINKEN.

Damit würden die europäischen Mittel, die zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung dienen sollen, „für das vom Senat neu erfundene Instrument des ‚EU-Ein-Euro-Jobs‘ verwendet, der allem Anschein nach ab Jahresende in den Null-Euro-Job übergeht. Die Beteuerungen, wie sehr man künftig auf existenzsichernde Beschäftigung umsteuern will, erweisen sich damit jetzt schon als Farce“, so die LINKEN-Abgeordnete. (rf)



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